I, 9. Immediatvortrag des Grafen Berchtold, 7. Juli 1914: Difference between revisions

From World War I Document Archive
Jump to navigation Jump to search
No edit summary
mNo edit summary
 
(4 intermediate revisions by the same user not shown)
Line 2: Line 2:
<hr>
<hr>


</head>
<body>
<p align="center"><strong>Immediatvortrag des Grafen Berchtold</strong>


<p align="right">W i e n  , &nbsp;den 7. Juli 1914
<p align="right">W i e n  , &nbsp; den 7. Juli 1914 &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; </p>


 
<blockquote> In der heutigen gemeinsamen Ministerkonferenz wurde die Frage einer eventuellen
<p><blockquote> In der heutigen gemeinsamen Ministerkonferenz wurde die Frage einer eventuellen
kriegerischen Aktion gegen Serbien eingehend er&ouml;rtert.  
kriegerischen Aktion gegen Serbien eingehend er&ouml;rtert.  
</blockquote>


<blockquote> Es wurde hiebei festgestellt, da&szlig; eine vollst&auml;ndige Identit&auml;t der Anschauung nicht erzielt
<blockquote> Es wurde hiebei festgestellt, da&szlig; eine vollst&auml;ndige Identit&auml;t der Anschauung nicht erzielt
werden konnte.  
werden konnte.  
</blockquote>


<blockquote> Graf Tisza vertrat den Standpunkt, da&szlig; eine kriegerische Aktion gegen Serbien nur dann
<blockquote> Graf Tisza vertrat den Standpunkt, da&szlig; eine kriegerische Aktion gegen Serbien nur dann
Line 20: Line 18:
Freunden und Verb&uuml;ndeten Serbiens am Balkan zu tun h&auml;tten, wogegen Bulgarien jetzt noch zu
Freunden und Verb&uuml;ndeten Serbiens am Balkan zu tun h&auml;tten, wogegen Bulgarien jetzt noch zu
schwach sei, um uns wirksam unterst&uuml;tzen zu k&ouml;nnen.  
schwach sei, um uns wirksam unterst&uuml;tzen zu k&ouml;nnen.  
</blockquote>


<blockquote> Wenn der Anschu&szlig; Bulgariens an den Dreibund, welchem die deutsche Regierung
<blockquote> Wenn der Anschu&szlig; Bulgariens an den Dreibund, welchem die deutsche Regierung
nunmehr zugestimmt habe, einmal vollzogen sei, werden wir eine weit bessere Stellung haben.  
nunmehr zugestimmt habe, einmal vollzogen sei, werden wir eine weit bessere Stellung haben.  
</blockquote>


<blockquote> Demgegen&uuml;ber teilten alle &uuml;brigen Teilnehmer an der Konferenz die von mir vertretene
<blockquote> Demgegen&uuml;ber teilten alle &uuml;brigen Teilnehmer an der Konferenz die von mir vertretene
Ansicht, da&szlig; die jetzige Gelegenheit zu einer kriegerischen Aktion gegen Serbien verwendet
Ansicht, da&szlig; die jetzige Gelegenheit zu einer kriegerischen Aktion gegen Serbien verwendet
werden sollte, weil sich unsere Situation durch l&auml;ngeres Zuwarten nur verschlechtere und die noch
werden sollte, weil sich unsere Situation durch l&auml;ngeres Zuwarten nur verschlechtere und die noch nicht in die Wege geleitete bulgarische Orientierung, selbst wenn dieselbe gelingen sollte, keinen
nicht in die Wege geleitete bulgarische Orientierung, selbst wenn dieselbe gelingen sollte, keinen
vollwertigen Ersatz f&uuml;r die mit Bestimmtheit vorauszusehende weitere Deteriorierung unseres
vollwertigen Ersatz f&uuml;r die mit Bestimmtheit vorauszusehende weitere Deteriorierung unseres
Verh&auml;ltnisses gegen&uuml;ber Serbien und Rum&auml;nien, wie auch unserer damit in Konnex stehenden
Verh&auml;ltnisses gegen&uuml;ber Serbien und Rum&auml;nien, wie auch unserer damit in Konnex stehenden
innerpolitischen Verh&auml;ltnisse, zu bieten imstande w&auml;re.  
innerpolitischen Verh&auml;ltnisse, zu bieten imstande w&auml;re.  
</blockquote>


<blockquote> Ich werde mir die ehrerbietige Freiheit nehmen, Euer Majest&auml;t am Donnerstag Vormittag
<blockquote> Ich werde mir die ehrerbietige Freiheit nehmen, Euer Majest&auml;t am Donnerstag Vormittag
m&uuml;ndlich Vortrag zu erstatten, und habe meine Reise nach Ischl aufschieben m&uuml;ssen, weil Graf
m&uuml;ndlich Vortrag zu erstatten, und habe meine Reise nach Ischl aufschieben m&uuml;ssen, weil Graf
Tisza mich ersucht hat, Euer Majest&auml;t eine l&auml;ngere Denkschrift &uuml;ber seine Auffassung zu
Tisza mich ersucht hat, Euer Majest&auml;t eine l&auml;ngere Denkschrift &uuml;ber seine Auffassung zu
unterbreiten, welche erst morgen abends fertiggestellt sein kann<a href="#N_1_"><sup>1</sup></a>.
unterbreiten, welche erst morgen abends fertiggestellt sein kann<ref>Siehe [[I, 12. Vortrag des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza, 8. Juli 1914|Nr. 12.]]</ref>.
</blockquote>


<p align="center">In tiefster Ehrfurcht
<p align="center">In tiefster Ehrfurcht
<p>
</p>
 
 
<hr align="left" size="1" width="33%">
<hr align="left" size="1" width="33%">
<p><a name="N_1_">1. </a>Siehe <a href="1012.html">Nr. 12.</a>
<p>




<references />





Latest revision as of 13:50, 10 February 2009

WWI Archive > Dokumente zum Kriegsausbruch > I, 9. Immediatvortrag des Grafen Berchtold, 7. Juli 1914



W i e n ,   den 7. Juli 1914            

In der heutigen gemeinsamen Ministerkonferenz wurde die Frage einer eventuellen

kriegerischen Aktion gegen Serbien eingehend erörtert.

Es wurde hiebei festgestellt, daß eine vollständige Identität der Anschauung nicht erzielt

werden konnte.

Graf Tisza vertrat den Standpunkt, daß eine kriegerische Aktion gegen Serbien nur dann

Platz zu greifen hätte, wenn es nicht vorher gelinge, Serbien auf diplomatischem Wege zu demütigen. Graf Tisza befürchtet, daß wir gegenwärtig in einem Kriegsfalle auch mit den Freunden und Verbündeten Serbiens am Balkan zu tun hätten, wogegen Bulgarien jetzt noch zu schwach sei, um uns wirksam unterstützen zu können.

Wenn der Anschuß Bulgariens an den Dreibund, welchem die deutsche Regierung

nunmehr zugestimmt habe, einmal vollzogen sei, werden wir eine weit bessere Stellung haben.

Demgegenüber teilten alle übrigen Teilnehmer an der Konferenz die von mir vertretene

Ansicht, daß die jetzige Gelegenheit zu einer kriegerischen Aktion gegen Serbien verwendet werden sollte, weil sich unsere Situation durch längeres Zuwarten nur verschlechtere und die noch nicht in die Wege geleitete bulgarische Orientierung, selbst wenn dieselbe gelingen sollte, keinen vollwertigen Ersatz für die mit Bestimmtheit vorauszusehende weitere Deteriorierung unseres Verhältnisses gegenüber Serbien und Rumänien, wie auch unserer damit in Konnex stehenden innerpolitischen Verhältnisse, zu bieten imstande wäre.

Ich werde mir die ehrerbietige Freiheit nehmen, Euer Majestät am Donnerstag Vormittag

mündlich Vortrag zu erstatten, und habe meine Reise nach Ischl aufschieben müssen, weil Graf Tisza mich ersucht hat, Euer Majestät eine längere Denkschrift über seine Auffassung zu unterbreiten, welche erst morgen abends fertiggestellt sein kann[1].

In tiefster Ehrfurcht




  1. Siehe Nr. 12.



WWI Archive > Dokumente zum Kriegsausbruch > I, 9. Immediatvortrag des Grafen Berchtold, 7. Juli 1914