III, 65. Graf Berchtold an die k. u. k. Botschafter in London, Berlin und Petersburg, 31. Juli 1914: Difference between revisions

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1. Graf   M e n s d o r f f   in London, Nr. 194,<br>
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2. Graf   S z ö g y é n y   in Berlin, Nr. 308,<br>
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     Ich ersuche Euer Exzellenz, dem Herrn Staatssekretär für die uns durch Herrn von Tschirschky gemachten Mitteilungen verbindlichst zu danken und ihm zu erklären, daß wir trotz der Änderung, die in der Situation seither durch die Mobilisierung Rußlands eingetreten sei, in voller Würdigung der Bemühungen Englands um die Erhaltung des Weltfriedens gerne bereit seien, dem Vorschlag Sir E. Greys,   z w i s c h e n   u n s   u n d   S er b i e n   zu vermitteln, näherzutreten.
     Ich ersuche Euer Exzellenz, dem Herrn Staatssekretär für die uns durch Herrn von Tschirschky gemachten Mitteilungen verbindlichst zu danken und ihm zu erklären, daß wir trotz der Änderung, die in der Situation seither durch die Mobilisierung Rußlands eingetreten sei, in voller Würdigung der Bemühungen Englands um die Erhaltung des Weltfriedens gerne bereit seien, dem Vorschlag Sir E. Greys, &nbsp;  z w i s c h e n &nbsp;  u n s &nbsp;  u n d &nbsp; S er b i e n &nbsp; zu vermitteln, näherzutreten.
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Revision as of 17:11, 15 May 2009

WWI Archive > Dokumente zum Kriegsausbruch > III, 65. Graf Berchtold an die k. u. k. Botschafter in London, Berlin und Petersburg, 31. Juli 1914



Graf Berchtold an die k. u. k. Botschafter

in London, Berlin und Petersburg[1]


W i e n , den 31. Juli 1914
Chiffr. 3 Uhr 45 M. a. m. 1./8.


Adresse:
1. Graf   M e n s d o r f f   in London, Nr. 194,
2. Graf   S z ö g y é n y   in Berlin, Nr. 308,

3. Graf   S z á p á r y   in Petersburg, Nr. 208.


G e h e i m


1—3


Herr von Tschirschky hat gestern hier im Auftrage des Reichskanzlers Mitteilung über eine Unterredung zwischen Sir E. Grey und Fürst Lichnowsky gemacht, in der der englische Staatssekretär dem deutschen Botschafter das Nachfolgende eröffnete:

»Sazonow habe die englische Regierung wissen lassen, daß er nach der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien nicht mehr in der Lage sei, mit Österreich¬Ungarn direkt zu verhandeln und daher die Bitte ausspreche, England möge seine Vermittlung wieder aufnehmen. Als Voraussetzung betrachte die russische Regierung die vorläufige Einstellung der Feindseligkeiten.«

Zu dieser russischen Eröffnung bemerkte Sir E. Grey zu Fürst Lichnowsky, England denke an eine Vermittlung à quatre und halte dieselbe für dringend geboten, wenn nicht ein Weltkrieg entstehen solle.

In privater Weise hat Sir E. Grey dem deutschen Botschafter zu verstehen gegeben, daß England zwar, wenn es sich nur um ein Eingreifen Rußlands handeln würde, neutral bleiben könnte, daß es aber, wenn auch Deutschland und Frankreich in die Aktion treten, nicht untätig bleiben, sondern zu sofortigen Entschlüssen und Handlungen gezwungen wäre. Das englische Kabinett müßte mit der öffentlichen Meinung rechnen, die wegen der österreichischerseits bewiesenen Hartnäckigkeit umzuschlagen beginne.

Dem italienischen Botschafter, den Sir E. Grey kurz nach dem Fürsten Lichnowsky empfing, sagte der englische Staatssekretär, er glaube Österreich¬Ungarn jede mögliche Genugtuung verschaffen zu können. Ein demütiges Zurückweichen Osterreich¬Ungarns käme nicht in Frage, da die Serben auf alle Fälle gezüchtigt und mit Zustimmung Rußlands genötigt würden, sich den österreichisch¬ungarischen Wünschen unterzuordnen. Österreich¬Ungarn könne also, auch ohne einen Weltkrieg zu entfesseln, Bürgschaften für die Zukunft erlangen.

Herr von Tschirschky war beauftragt, an die in vorstehendem wiedergegebenen Äußerungen Sir E. Greys die nachstehenden Konsiderationen des deutschen Reichskanzlers zu knüpfen.

Wenn Österreich¬Ungarn jede Vermittlung ablehne, würden Osterreich¬Ungarn und Deutschland einer Koalition von ganz Europa gegenüberstehen, da auch Italien und Rumänien nicht mit ihnen gingen.

Osterreich¬Ungarns politischem Prestige, der Waffenehre seiner Armee und seinen berechtigten Ansprüchen Serbien gegenüber könnte durch die Besetzung Belgrads und anderer Punkte Genüge getan werden. Auch seine Stellung am Balkan — Rußland gegenüber — würde Österreich¬Ungarn durch die erfolgte Demütigung Serbiens zu einer starken machen. Unter diesen Umständen müsse es das deutsche Kabinett dringendst und nachdrücklichst der Erwägung der k. u. k. Regierung anheimstellen, die Vermittlung Englands unter den angegebenen ehrenvollen Bedingungen anzunehmen. Es wäre für Österreich¬Ungarn und Deutschland ungemein schwer, die Verantwortung für die Folgen einer ablehnenden Haltung zu tragen.


ad 1 und 3


Ich teile Vorstehendes Grafen Szögyény mit und füge bei:


ad 1—3


Ich ersuche Euer Exzellenz, dem Herrn Staatssekretär für die uns durch Herrn von Tschirschky gemachten Mitteilungen verbindlichst zu danken und ihm zu erklären, daß wir trotz der Änderung, die in der Situation seither durch die Mobilisierung Rußlands eingetreten sei, in voller Würdigung der Bemühungen Englands um die Erhaltung des Weltfriedens gerne bereit seien, dem Vorschlag Sir E. Greys,   z w i s c h e n   u n s   u n d   S er b i e n   zu vermitteln, näherzutreten.

Die Voraussetzungen unserer Annahme seien jedoch natürlich, daß unsere militärische Aktion gegen das Königreich einstweilen ihren Fortgang nehme, und daß das englische Kabinett die russische Regierung vermöge, die gegen uns gerichtete Mobilisierung seiner Truppen zum Stillstand zu bringen, in welchem Falle wir selbstverständlich auch die uns durch die russische Mobilisierung aufgezwungenen defensiven militärischen Gegenmaßregeln in Galizien sofort rückgängig machen würden.


ad 1 und 3


Vorstehendes zu Euer Exzellenz persönlicher Information.




  1. Vgl. die Fassung im Österreichisch¬ungarischen Rotbuch, Nr. 51. (Zurück)



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