Nr. 178. Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt, 25. Juli 1914

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Nr. 178
Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt1


Telegramm 102                               Wien, den 25. Juli 19142

     Der russische Geschäftsträger ist heute bei Baron Macchio
erschienen, um ihn im Auftrage seiner Regierung um Verlänge-
rung der Serbien gestellten 48stündigen Frist zu ersuchen. Fürst
Kudaschew hat dieses Ansuchen damit motiviert, daß in der Note
verschiedene Angaben enthalten seien, die einer eingehenden
Prüfung bedürften, und daß insbesondere den Mächten Zeit ge-
lassen werden müsse, das in Aussicht gestellte Dossier zu studieren.
Baron Macchio hat erwidert, er werde dem Grafen Berchtold sofort
von dieser Mitteilung Kenntnis geben. Er könne ihm aber schon
von sich aus sagen, daß eine Fristerstreckung ausgeschlossen sei.
Diese Bestimmung sei nach reiflichster Überlegung und infolge
gründlicher Kenntnis der stets von Serbien beobachteten Ver-
schleppungstaktik getroffen worden. Eine Verschiebung bis nach
Studium des Dossiers würde eine Verschiebung sine die bedeuten.
Außerdem habe es der k. u. k. Regierung fern gelegen, die An-
gelegenheit zwischen der Monarchie und Serbien dem europäischen
Areopag zur Entscheidung vorzulegen. Die Information der
übrigen Mächte sei lediglich als ein Akt der Courtoisie gegenüber
diesen anzusehen.

                                                            T s c h i r s c h k y


1 Nach der Entzifferung.
2 Aufgegeben in Wien 210 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 50
nachm. Eingangsvermerk: 25. Juli nachm. Am 25. Juli von Jagow
telegraphisch dem Kaiser mitgeteilt, 25. Juli 85 nachm. zum Haupttele-
graphenamt, im Hoflager angekommnn 26. Juli 715 nachm. Entzifferung
des Hoflagers wurde vom Kaiser am 26. Juli zurückgegeben.