Nr. 209. Der Staatsekretär des Auswärtigen an die Botschafter in Wien und Rom, 26. Juli 1914

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Nr. 209
Der Staatssekretär des Auswärtigen an die Botschafter in Wien und Rom1

Geheim !                                    Berlin, den 26. Juli 19142 3

     Der rumänische Gesandte, der soeben aus Heimaturlaub zu-
rückgekehrt ist und vor wenig Tagen König Carol gesehen hatte,
sagte mir im Auftrage des letzteren, er werde seine Politik dem
Dreibund gegenüber nicht ändern. Allerdings hatte Herr Beldiman
seinen Souverän noch vor der österreichischen Demarche in Bel-
grad gesprochen, und König Carol hatte ihm gesagt, er bäte, vor
Eintritt einer kritischen Lage rechtzeitig informiert zu werden,
damit Er Sich darauf einrichten könne. Herr Beldiman ist aber
der Ansicht, daß Rumänien, im Falle einer Konflagration, zweifel-
los seinen Vertragsverpflichtungen nachkommen würde.
     Trotz der starken, in Rumänien bestehenden Verstimmung
gegen Österreich-Ungarn wäre das Mißtrauen gegen Rußland doch
noch stärker, viele einflußreiche Landsleute hätten sich zu ihm in
dem Sinne geäußert. Das russische Heiratsprojekt sei zunächst
vertagt, da Prinz Carol dem Gedanken, jetzt schon eine Ehe
einzugehen, sehr abgeneigt sei.
     Was das Verhältnis zu Bulgarien anlangt, sagte der Gesandte,
der Haß gegen Rumänien sei in Bulgarien, namentlich in Armee-
kreisen, zu stark, um jetzt schon eine Besserung der Beziehungen
bzw. einen Anschluß zu ermöglichen. Die militärischen Grenz-
konflikte seien wesentlich auf die rumänenfeindliche Stimmung
des bulgarischen Offizierkorps zurückzuführen.
                                                                 J a g o w


1 Nach dem Konzept von Jagows Hand.
2 Abgegangen am 26. Juli.
3 Siehe Nr. 193, 208, 210.