Nr. 346 Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt, 29. Juli 1914

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Nr. 346
Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt1


Telegramm 127                          Wien, den 29. Juli 19142

     Graf Berchtold hatte heute eine längere, sehr freundschaftliche
Unterredung mit Herrn de Bunsen. Letzterer hat betont, daß England
lediglich Interesse an Aufrechterhaltung europäischen Friedens
habe und selbstverständlich alles versucht, um diesen zu erhalten.
An Serbien habe England keinerlei Interesse, auch keine Sympathien
für die Serben.
     Graf Berchtold hat dem britischen Botschafter eingehend aus-
einandergesetzt, daß es gerade Serbien sei, das mit seiner unver-
antwortlichen Politik den dauernden Frieden Europas gefährdet,
und daß es im eigensten Interesse Europas liege, daß der Störenfried
Serbien einmal gründlich zur Ruhe verwiesen werde. Er, der Bot-
schafter, sei zwar noch nicht lange hier, aber er würde doch schon
genügenden Einblick in hiesige Verhältnisse erhalten haben, um
beurteilen zu können, daß sich die Monarchie im Stande der Ver-
teidigung gegen die serbischen Wühlereien befinde, und daß die
treibenden Kräfte für die österreichische Aktion viel tiefer lägen als
in der einen oder anderen Forderung der Note. Er, der Minister,
bitte ihn, dies seiner Regierung möglichst klar darzulegen.
     Irgendwelche bestimmten Vorschläge hat de Bunsen nicht ge-
macht. Die Unterhaltung habe sich ganz allgemein gehalten, und
der Botschafter habe mit sichtlichem Verständnis seine, des
Ministers, Ausführung angehört.

                                                            T s c h i r s c h k y


1 Nach der Entzifferung.
2 Aufgegeben in Wien 120 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt
336 nachm. Eingangsvermerk: 29. Juli nachm.