Nr. 348 Der österreichisch-ungarische Generalkonsul in Warschau an das Wiener Ministerium des Äußeren, 29. Juli 1914

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Nr. 348
Der österreichisch-ungarische Generalkonsul in Warschau an das Wiener Ministerium des Äußern1


Telegramm                               Szczakowa, 27. Juli 19142

     Wegen Unsicherheit des Telegraphen sende hiermit Duplikat
meines vormittägigen Telegramms Nr. 6 durch sichere Person.
     Im Laufe des gestrigen Tages vollzog sich Abbruch der
Manöver und Zusammenziehung sämtlicher Truppen in der Stadt
sowie große militärische Konferenz unter Teilnahme sämtlicher
Generale. Abends wurde größeres Artilleriekontingent, wie es
heißt eine Brigade, auf dem Wiener Bahnhof einwaggoniert. Vom glei-
chen Bahnhof gingen nachts sieben Züge hauptsächlich mit Sappeuren
zur Bewachung der Brücken usw. ab. Bisher hat, wie ich aus
Stichproben konstatiere, Einberufung von hiesigen Reservisten
noch nicht stattgefunden, was allerdings auch im russisch-
japanischen Krieg erst später geschehen ist.
     Diese Nacht erfolgte Explosion von einem oder mehreren
Pulvermagazinen auf der Zitadelle. Brand währte über fünf
Stunden, mehrere Menschenopfer. Schaden sehr bedeutend, je-
doch nach Umfang der Verwüstungen in Umgebung zuerst gemeldete
Explosion sämtlicher Pulverkammern unwahrscheinlich. Offiziell
wird als Ursache Blitzschlag angegeben.
     Soeben erhalte ich Nachricht, daß auf der Hauptpost Bomben-
explosion. Mehrere Verwundete, Urheber unbekannt.
     Soeben erfahre, daß heute morgen litauisches und wol-
hynisches Regiment am Wiener Bahnhof einwaggoniert.

                                                            Baron  A n d r i a n


1Nach der Entzifferung.
2Dem deutschen Botschafter in Wien von der dortigen Regierung zur
Verfügung gestellt und von ihm am 28. Juli mit Depeschenkasten übersandt.
Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 29. Juli nachm. Das Telegramm
ist in Szczakowa am 27. Juli 1050 nachm. abgegangen und in Wien am
28. Juli 90 vorm. eingetroffen.