Nr. 365 Der Botschafter in Petersburg an das Auswärtige Amt, 29. Juli 1914

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Nr. 365
Der Botschafter in Petersburg an das Auswärtige Amt1


Telegramm 185                          St. Petersburg, den 29. Juli 19142

     Sasonow, der mich eben zu sich bitten ließ, mitteilte mir, daß
das Wiener Kabinett auf den ihm von hier aus geäußerten Wunsch,
in direkte Besprechungen einzutreten, mit kategorischer Ablehnung
geantwortet habe3. Es bleibe somit jetzt nichts anderes übrig, als
auf Sir E. Greyschen Vorschlag von Konversation zu vieren zu-
rückzukommen. Minister betont von sich aus, daß ihm dabei def
Gedanke, Österreich-Ungarn zuzumuten, sich einer Art von euro-
päischem Schiedsgericht zu unterwerfen, fernliegt, er suche nur
nach Mitteln, um aus gegenwärtiger Schwierigkeit herauszukommen,
und klammere sich dabei an jeden Strohhalm. Ich habe erneut er-
widert, daß mir Stellungnahme meiner Regierung zu Sir E.
Greyschen Vorschlag nicht bekannt sei, daß ich aber nicht umhin
könne, russischen Mobilmachungsbefehl, falls derselbe wirklich un-
mittelbar bevorstehe, für schweren Fehler zu halten, solange hier er-
klärt werde, daß man wirklich den ernstlichen Wunsch habe, fried-
liche Lösung zu finden. Sasonow stellte unmittelbar bevorstehende
Mobilmachung nicht in Abrede, meinte daraufhin, daß Rußland zu
diesem Schritt von Österreich gezwungen sei, daß aber Mobil-
machung noch lange kein[en] Krieg bedeute.

                                                                 P o u r t a l è s


1 Nach der Entzifferung.
2 Aufgegeben in Petersburg 610 nachm., angekommen im Auswärtigen
Amt 829 nachm. Eingangsvermerk: 29. Juli. Betr. Mitteilung von Pour-
talès' Telegramm an den Botschafter in Wien siehe Nr. 396.
3 Siehe Nr. 397.