Nr. 660 Der Geschäftsträger in Athen an den Reichskanzler, 2. August 1914

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Nr. 660
Der Geschäftsträger in Athen an den Reichskanzler1


                                                  Athen, den 27. Juli 19142

     Wie ich Ew. Exz. zu melden die Ehre hatte3, hat die griechische
Regierung die serbische Regierung wissen lassen, daß sie sich an
einem militärischen Konflikt zwischen Österreich und Serbien nicht
beteiligen werde.
     Diese Erklärung mag in Serbien einige Enttäuschung hervor-
gerufen haben, da man sich anscheinend der Hoffnung hingegeben
hatte, daß der in allen Balkanfragen auf Seite Serbiens stehende
Verbündete auch in einem österreichischen Konflikt nicht neutral
bleiben werde. Der hiesige serbische Gesandte hatte wenigstens,
wie ich ganz vertraulich erfahre, der bestimmten Erwartung Aus-
druck gegeben, daß Griechenland offen auf die Seite Serbiens
treten werde, und er scheint daher über die — natürlich in freund-
schaftlichster Form — erfolgte Ablehnung überrascht und ent-
täuscht gewesen zu sein.
     Mit Rücksicht auf die hiesige den Serben sehr freundlich ge-
sinnte Stimmung hat die Regierung ihre Stellungnahme einstweilen
nur vertraulich den Vertretern einiger Mächte zu erkennen gegeben,
irgendeine diesbezügliche offizielle Auslassung ist noch nicht erfolgt.
     Die allzu serbenfreundlichen Presseäußerungen, über die ich
mir an anderer Stelle zu berichten gehorsamst vorbehalte, scheinen
der Regierung nicht gelegen zu kommen,
     Herr Streit sucht wenigstens ihre Verbreitung zu verhindern
und hat einem hiesigen deutschen Korrespondenten gegenüber be-
tont, daß sie nicht die Auffassung der Regierung wiedergeben.
     Die griechische Regierung scheint demnach anscheinend eifrig
bemüht, eine Trübung der neuangebahnten guten Beziehungen zu
Österreich zu verhindern.
                                                                 R.   B a s s e w i t z


1 Nach der Ausfertigung.
2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 2. August nachm. Bericht lag
dem Kaiser vor. Ins Amt zurückgelangt am 4. August.
3 Siehe Nr. 189.