Nr. 876 Der Chef des Generalstabs des Feldheeres an das Auswärtige Amt, 5. August 1914

From World War I Document Archive
Jump to navigation Jump to search

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 4 > Nr. 876.


Nr. 876
Der Chef des Generalstabs des Feldheeres an das Auswärtige Amt1


                                                       Berlin, den 5. August 19142

     Die Kriegserklärung Englands, die nach sicheren Nachrichten
von Beginn des Konfliktes an beabsichtigt war, zwingt uns, alle
Mittel zu erschöpfen, die zum Siege beitragen können. Die ernste
Lage, in der das Vaterland sich befindet, macht die Anwendung jedes
Mittels zur Pflicht, das geeignet ist, den Feind zu schädigen. Die
skrupellose Politik, die unsere Gegner gegen uns führen, berechtigt
zum rücksichtslosen Vorgehen.

     Die Insurrektion Polens ist eingeleitet. Sie wird auf frucht-
baren Boden fallen, denn schon jetzt werden unsere Truppen in
Polen fast als Freunde begrüßt. In Wlozlawek z. B. sind sie mit
Salz und Brot empfangen.

     Die Stimmung Amerikas ist Deutschland freundlich. Die
amerikanische öffentliche Meinung ist empört über die schmachvolle
Art, in der man gegen uns vorgegangen ist. Diese Stimmung gilt es
nach Kräften auszunutzen. Die einflußreichen Persönlichkeiten der
deutschen Kolonie müssen aufgefordert werden, die Presse weiter in
unserem Sinne zu beeinflussen. Vielleicht lassen sich die Vereinigten
Staaten zu einer Flottenaktion gegen England veranlassen, für die
ihnen als Siegespreis Kanada winkt.

     Von höchster Wichtigkeit ist, wie ich schon in meinem Schreiben
vom 2. d. M., Nr. 1 P3 ausführte, die Insurrektion von Indien und
Ägypten, auch im Kaukasus. — Durch den Vertrag mit der Türkei
wird das Auswärtige Amt in der Lage sein, diesen Gedanken zu ver-
wirklichen und den Fanatismus des Islam zu erregen.

                                                                                v.   M o l t k e


1 Nach der Ausfertigung.
2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 5. August nachm.
3 Siehe Nr. 662.