I, 21. Graf Berchtold an Grafen Szögyény in Berlin, 15. Juli 1914: Difference between revisions

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Telegramm Nr. 234
Telegramm Nr. 234


W i e n ,  [den] 15. Juli 1914


T e l e g r a m m   i n   Z i f f e r n   -   S t r e n g   g e h e i m
<p align="right">W i e n ,  [den] 15. Juli 1914 &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp;</p>
 
 
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T e l e g r a m m &nbsp;  i n &nbsp;  Z i f f e r n &nbsp; - &nbsp;  S t r e n g &nbsp;  g e h e i m
 
 
Vom ersten Beamten der Botschaft zu dechiffrieren</CENTER>
 
 
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Ich habe bereits Herrn von Tschirschky die Gründe mitgeteilt, die die Verzögerung der bevorstehenden Auseinandersetzung mit Serbien verursachen, würde aber Wert darauf legen, daß auch Euer Exzellenz dem Reichskanzler beziehungsweise Staatssekretär in der Sache Nachstehendes streng geheim zur Kenntnis bringen.
</blockquote>
<blockquote>
Wenn auch die bisherige Untersuchung in Sarajevo genügendes Material liefert, so glauben wir doch mit der sehr energisch gedachten Demarche in Belgrad noch so lange zuwarten zu müssen, bis der eben auf der Reise nach Petersburg begriffene Präsident der französischen Republik wieder den russischen Boden verlassen haben wird. Die ins Auge gefaßte Aktion in einem Augenblick zu beginnen, wo der Präsident als Gast des Zaren in Rußland gefeiert wird, könnte begreiflicherweise als ein politischer Affront aufgesetzt werden, was wir vermieden sehen möchten. Andererseits schiene es uns auch unklug, den komminatorischen Schritt in Belgrad gerade zu einer Zeit zu machen, wo der friedliebende, zurückhaltende Kaiser Nikolaus und der immerhin vorsichtige Herr Sazonow dem unmittelbaren Einflusse der beiden Hetzer Iswolsky und Poincare ausgesetzt wären.
</blockquote>
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Vom ersten Beamten der Botschaft zu dechiffrieren
Unter diesen Umständen glauben wir vor Ende nächster Woche nicht an die Ausführungen unseres mit Herrn von Tschirschky bereits besprochenen Planes gehen zu können.
</blockquote>
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Aus dieser auch uns nicht erwünschten Verzögerung läßt sich auch die Haltung unserer offiziösen Presse unschwer erklären.
</blockquote>
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Wir müssen momentan einerseits ein Abflauen der unserer Politik günstigen öffentlichen Meinung der Monarchie verhindern, andererseits nicht durch eine die Situation systematisch zuspitzende Sprache unserer Presse bei anderen Mächten etwa einen Mediationsgedanken aufkommen lassen.
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    Ich habe bereits Herrn von Tschirschky die Gründe mitgeteilt, die die Verzögerung der bevorstehenden Auseinandersetzung mit Serbien verursachen, würde aber Wert darauf legen, daß auch Euer Exzellenz dem Reichskanzler beziehungsweise Staatssekretär in der Sache Nachstehendes streng geheim zur Kenntnis bringen.
    Wenn auch die bisherige Untersuchung in Sarajevo genügendes Material liefert, so glauben wir doch mit der sehr energisch gedachten Demarche in Belgrad noch so lange zuwarten zu müssen, bis der eben auf der Reise nach Petersburg begriffene Präsident der französischen Republik wieder den russischen Boden verlassen haben wird. Die ins Auge gefaßte Aktion in einem Augenblick zu beginnen, wo der Präsident als Gast des Zaren in Rußland gefeiert wird, könnte begreiflicherweise als ein politischer Affront aufgesetzt werden, was wir vermieden sehen möchten. Andererseits schiene es uns auch unklug, den komminatorischen Schritt in Belgrad gerade zu einer Zeit zu machen, wo der friedliebende, zurückhaltende Kaiser Nikolaus und der immerhin vorsichtige Herr Sazonow dem unmittelbaren Einflusse der beiden Hetzer Iswolsky und Poincare ausgesetzt wären.
    Unter diesen Umständen glauben wir vor Ende nächster Woche nicht an die Ausführungen unseres mit Herrn von Tschirschky bereits besprochenen Planes gehen zu können.
    Aus dieser auch uns nicht erwünschten Verzögerung läßt sich auch die Haltung unserer offiziösen Presse unschwer erklären.
    Wir müssen momentan einerseits ein Abflauen der unserer Politik günstigen öffentlichen Meinung der Monarchie verhindern, andererseits nicht durch eine die Situation systematisch zuspitzende Sprache unserer Presse bei anderen Mächten etwa einen Mediationsgedanken aufkommen lassen.


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Telegramm Nr. 234


W i e n , [den] 15. Juli 1914            


T e l e g r a m m   i n   Z i f f e r n   -   S t r e n g   g e h e i m


Vom ersten Beamten der Botschaft zu dechiffrieren


Ich habe bereits Herrn von Tschirschky die Gründe mitgeteilt, die die Verzögerung der bevorstehenden Auseinandersetzung mit Serbien verursachen, würde aber Wert darauf legen, daß auch Euer Exzellenz dem Reichskanzler beziehungsweise Staatssekretär in der Sache Nachstehendes streng geheim zur Kenntnis bringen.

Wenn auch die bisherige Untersuchung in Sarajevo genügendes Material liefert, so glauben wir doch mit der sehr energisch gedachten Demarche in Belgrad noch so lange zuwarten zu müssen, bis der eben auf der Reise nach Petersburg begriffene Präsident der französischen Republik wieder den russischen Boden verlassen haben wird. Die ins Auge gefaßte Aktion in einem Augenblick zu beginnen, wo der Präsident als Gast des Zaren in Rußland gefeiert wird, könnte begreiflicherweise als ein politischer Affront aufgesetzt werden, was wir vermieden sehen möchten. Andererseits schiene es uns auch unklug, den komminatorischen Schritt in Belgrad gerade zu einer Zeit zu machen, wo der friedliebende, zurückhaltende Kaiser Nikolaus und der immerhin vorsichtige Herr Sazonow dem unmittelbaren Einflusse der beiden Hetzer Iswolsky und Poincare ausgesetzt wären.

Unter diesen Umständen glauben wir vor Ende nächster Woche nicht an die Ausführungen unseres mit Herrn von Tschirschky bereits besprochenen Planes gehen zu können.

Aus dieser auch uns nicht erwünschten Verzögerung läßt sich auch die Haltung unserer offiziösen Presse unschwer erklären.

Wir müssen momentan einerseits ein Abflauen der unserer Politik günstigen öffentlichen Meinung der Monarchie verhindern, andererseits nicht durch eine die Situation systematisch zuspitzende Sprache unserer Presse bei anderen Mächten etwa einen Mediationsgedanken aufkommen lassen.



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