Difference between revisions of "I, 7. Graf Szögyény an Grafen Berchtold, 6. Juli 1914"
From World War I Document Archive
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+ | <p align="center"><strong>Graf Szögyény an Grafen Berchtold</strong> | ||
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+ | <p align="left">Telegramm Nr. 239 | ||
+ | <p align="right">B e r l i n , den 6. Juli 1914 | ||
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+ | <p align="center">C h i f f r e - S t r e n g g e h e i m | ||
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+ | <br><br> <dd>Zu meinem Telegramm Nr. 237 von gestern<a href="#N_1_"><sup>1</sup></a>. | ||
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+ | <dd>Hatte soeben in Begleitung des Grafen Hoyos mit Reichskanzler und Unterstaatssekretär | ||
+ | eine lange Unterredung, die Herr von Bethmann Hollweg mit den Worten einleitete, Kaiser | ||
+ | Wilhelm habe ihn beauftragt, vorerst mündlich seinen höchsten Dank für allerhöchstes | ||
+ | Handschreiben auszusprechen und werde letzteres in einigen Tagen persönlich beantworten. | ||
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+ | <dd> Auch sei er (Reichskanzler) von Seinem kaiserlichen Herrn ermächtigt worden, mir | ||
+ | Stellungnahme deutscher Regierung zu dem Handschreiben und der Denkschrift wie folgt zu | ||
+ | präzisieren: | ||
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+ | <dd> Deutsche Regierung erkenne die Gefahren, welche sich für Österreich-Ungarn und somit | ||
+ | auch für den Dreibund einerseits aus den Balkanbundplänen Rußlands ergeben; sie sehe auch ein, | ||
+ | daß wir bei dieser Sachlage den formellen Anschluß Bulgariens an den Dreibund herbeiführen | ||
+ | wollen, lege aber Wert darauf, daß dies - wie ja beabsichtigt - in einer Form geschehe, welche | ||
+ | unsere Verpflichtungen gegenüber Rumänien nicht tangiere. Deutscher Gesandte in Sofia wurde | ||
+ | daher sofort ermächtigt, falls er von seinem Österreichischungarischen Kollegen dazu aufgefordert | ||
+ | werde, mit der bulgarischen Regierung in diesem Sinne zu verhandeln. Gleichzeitig beabsichtigt er | ||
+ | (Reichskanzler), Gesandten in Bukarest anzuweisen, ganz offen mit dem König von Rumänien zu | ||
+ | reden, ihn von den Verhandlungen in Sofia in Kenntnis zu setzen und ihn zugleich darauf | ||
+ | aufmerksam zu machen, daß Höchst er eine Fortdauer der gegen uns gerichteten Agitation in | ||
+ | Rumänien unterdrücken sollte. Auch werde Herr von Bethmann Hollweg dem Könige sagen | ||
+ | lassen, daß er (Kanzler) uns bisher stets den Rat erteilt hätte, uns mit Serbien zu vertragen, daß er | ||
+ | aber nach den jüngsten Ereignissen einsehe, daß dies nunmehr nahezu ausgeschlossen sei; dieser | ||
+ | Tatsache sollte auch Rumänien Rechnung tragen. | ||
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+ | <dd> Unser Verhältnis zu Serbien betreffend stehe deutsche Regierung auf dem Standpunkt, | ||
+ | daß wir beurteilen müßten, was zu geschehen hätte, um dieses Verhältnis zu klären; wir könnten | ||
+ | hiebei - wie auch immer unsere Entscheidung ausfallen möge - mit Sicherheit darauf rechnen, daß | ||
+ | Deutschland als Bundesgenosse und Freund der Monarchie hinter ihr stehe. | ||
+ | |||
+ | <dd> Im weiteren Verlaufe der Konversation habe ich festgestellt, daß auch Reichskanzler | ||
+ | ebenso wie sein kaiserlicher Herr ein sofortiges Einschreiten unsererseits gegen Serbien als | ||
+ | radikalste und beste Lösung unserer Schwierigkeiten am Balkan ansieht. Vom internationalen | ||
+ | Standpunkt hält er den jetzigen Augenblick für günstiger als einen späteren; er ist ganz damit | ||
+ | einverstanden, daß wir weder Italien noch Rumänien vorher von einer eventuellen Aktion gegen | ||
+ | Serbien verständigen. Dagegen soll Italien durch die deutsche und durch unsere Regierung schon | ||
+ | jetzt von der Ansicht in Kenntnis gesetzt werden, den Anschluß Bulgariens an den Dreibund | ||
+ | herbeizuführen. | ||
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+ | <dd> Bezüglich dieser Verhandlungen meinten Reichskanzler sowie Unterstaatssekretär, es | ||
+ | wäre vorteilhafter, vorderhand nur mit Bulgarien zu verhandeln und abzuschließen und es der | ||
+ | Zukunft zu überlassen, ob sich dann die Türkei und eventuell auch Griechenland mit Bulgarien | ||
+ | verbinden. Reichskanzler bemerkte hiebei, daß angesichts der großen Interessen Deutschlands in | ||
+ | der Türkei der Anschluß von diesem Lande besonders erwünscht wäre. | ||
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+ | <dd> Bezüglich der obenerwähnten Demarche des deutschen Vertreters bei König Carl würde | ||
+ | es Herr von Bethmann Hollweg für nützlich finden, wenn Graf Czernin einige Tage nach | ||
+ | derselben und nach Eintreffen der diesbezüglichen Antwort des Königs in Berlin in ähnlichem | ||
+ | Sinne mit Höchstdemselben sprechen würde. | ||
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+ | <dd> Am Schlusse der Unterredung erkundigte sich der Kanzler nach dem gegenwärtigen Stand | ||
+ | der Dinge in Albanien und warnte eindringlichst vor irgendwelchen Plänen, durch welche unser | ||
+ | Verhältnis zu Italien und der Bestand des Dreibundes gefährdet werden könnte. | ||
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+ | <dd> Herr von Tschirschky wird streng geheim von unserer Unterredung in Kenntnis gesetzt. | ||
+ | <br><br> | ||
+ | <hr align="left" size="1" width="33%"> | ||
+ | <br><br><a name="N_1_">1. </a>Siehe <a href="1006.html">Nr. 6.</a> | ||
Revision as of 08:59, 7 February 2009
WWI Archive > Dokumente zum Kriegsausbruch > I, 7. Graf Szögyény an Grafen Berchtold, 6. Juli 1914
Graf Szögyény an Grafen Berchtold
<p align="left">Telegramm Nr. 239
<p align="right">B e r l i n , den 6. Juli 1914
<p align="center">C h i f f r e - S t r e n g g e h e i m
<a name="N_1_">1. </a>Siehe <a href="1006.html">Nr. 6.</a>
WWI Archive > Dokumente zum Kriegsausbruch > I, 7. Graf Szögyény an Grafen Berchtold, 6. Juli 1914