III, 148. Graf Berchtold an die k. u. k. Botschafter in Berlin und Rom, 5. August 1914: Difference between revisions

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W i e n ,  den 5 August 1914<br>
Chiffr. 2 Uhr 15 M. 6./8.</p>




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        Adresse:<br>
    1. Graf  S z ö g y é n y  in Berlin, Nr 357,<br>
    2. Herr von  M é r e y  in Rom, Nr. 953.</blockquote>
<center>    G e h e i m 
I</center>
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    Herr von Tschirschky hat mir auftragsgemäß von den Telegrammen des deutschen Flügeladjutanten von Kleist aus Rom Mitteilung gemacht.
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    Ich entnehme denselben, daß König Viktor Emanuel uns die Verantwortung an dem derzeitigen Verhalten Italiens zuschreibt, da wir uns bisher nicht bereit fanden,  i r g e n d  e i n e  b e s t i m m t e  Versprechung für die Zukunft zu geben. Welche Versprechung Italien wünscht, ist nicht gesagt.
</blockquote>
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    Weiter erklärt der König, sein Volk würde eine aktive Hilfeleistung als eine Unterstützung unserer Vergrößerungspläne am Balkan auffassen.
</blockquote>
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    Herr von Kleist resümiert seinen Eindruck dahin: »Italien ist von Österreich gereizt und traut ihm Vergrößerungsabsichten auf dem  B a l k a n  zu, denen Österreich­Ungarn bisher  n i c h t  b i n d e n d  entsagte. Wird dies Mißtrauen Italiens durch Ausweichen Österreich [sic] verstärkt oder wird es bestätigt, so faßt Italien dies als Verletzung seiner Interessen auf und bereitet sich vor, dies nicht zu dulden.«
</blockquote>
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    Euer Exzellenz wollen Herrn von Jagow erklären, daß wir die in dieser Richtung der italienischen Regierung abgegebenen unzweideutigen und motivierten Versicherungen als bindend ansehen und es keinem Anstande unterliege, wenn die deutsche Regierung in Rom in unserem Namen die prinzipielle Zusicherung mache, daß Österreich­Ungarn am Balkan keinen Gebietszuwachs anstrebe. Der Zweck unseres Krieges mit Serbien sei dort sattsam bekannt; wir wollen der auf den Zerfall der Monarchie gerichteten serbischen Propaganda ein Ende bereiten und uns  —  ohne eine territoriale Vergrößerung auf Kosten Serbiens  —  die Sicherheit schaffen, daß Serbien in Zukunft seine Angriffe gegen uns werde aufgeben müssen. Die Kriegführung werde uns nötigen, den Kriegsschauplatz auf serbisches Gebiet zu verlegen; doch sind wir heute schon entschlossen, dasselbe nach erreichtem Kriegszwecke wieder zu räumen. Gegen Montenegro aktiv vorzugehen, liege nicht in unserer Absicht und könnten wir nur durch Eingreifen Montenegros in den Krieg gezwungen werden, montenegrinischen Boden zu betreten; doch können wir auch in dieser Hinsicht Italien die bündigsten Versicherungen geben, daß wir auch von einer Gebietserwerbung auf Kosten Montenegros absehen werden.
</blockquote>
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    Vorstehende klare und präzise Versicherungen sollten genügen, Italien, wenn dasselbe de bonne foi ist, über unsere Intentionen zu beruhigen. Zu weiteren Erklärungen könnte ich mich jedenfalls nicht bereit finden, da dies ein Eingehen auf eine systematische Chantage wäre, was schließlich zum Konflikte führen könnte.</blockquote>
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Ich telegraphiere an Graf Szögyény wie folgt:
<center>    (Folgt der Text sub 1)</center>
Vorstehendes zu Euer Exzellenz Kenntnisnahme und Regelung Ihrer Sprache.





Revision as of 22:46, 1 April 2009

WWI Archive > Dokumente zum Kriegsausbruch > III, 148. Graf Berchtold an die k. u. k. Botschafter in Berlin und Rom, 5. August 1914



W i e n , den 5 August 1914
Chiffr. 2 Uhr 15 M. 6./8.


Adresse:
1. Graf S z ö g y é n y in Berlin, Nr 357,

2. Herr von M é r e y in Rom, Nr. 953.


G e h e i m


I


Herr von Tschirschky hat mir auftragsgemäß von den Telegrammen des deutschen Flügeladjutanten von Kleist aus Rom Mitteilung gemacht.

Ich entnehme denselben, daß König Viktor Emanuel uns die Verantwortung an dem derzeitigen Verhalten Italiens zuschreibt, da wir uns bisher nicht bereit fanden, i r g e n d e i n e b e s t i m m t e Versprechung für die Zukunft zu geben. Welche Versprechung Italien wünscht, ist nicht gesagt.

Weiter erklärt der König, sein Volk würde eine aktive Hilfeleistung als eine Unterstützung unserer Vergrößerungspläne am Balkan auffassen.

Herr von Kleist resümiert seinen Eindruck dahin: »Italien ist von Österreich gereizt und traut ihm Vergrößerungsabsichten auf dem B a l k a n zu, denen Österreich­Ungarn bisher n i c h t b i n d e n d entsagte. Wird dies Mißtrauen Italiens durch Ausweichen Österreich [sic] verstärkt oder wird es bestätigt, so faßt Italien dies als Verletzung seiner Interessen auf und bereitet sich vor, dies nicht zu dulden.«

Euer Exzellenz wollen Herrn von Jagow erklären, daß wir die in dieser Richtung der italienischen Regierung abgegebenen unzweideutigen und motivierten Versicherungen als bindend ansehen und es keinem Anstande unterliege, wenn die deutsche Regierung in Rom in unserem Namen die prinzipielle Zusicherung mache, daß Österreich­Ungarn am Balkan keinen Gebietszuwachs anstrebe. Der Zweck unseres Krieges mit Serbien sei dort sattsam bekannt; wir wollen der auf den Zerfall der Monarchie gerichteten serbischen Propaganda ein Ende bereiten und uns — ohne eine territoriale Vergrößerung auf Kosten Serbiens — die Sicherheit schaffen, daß Serbien in Zukunft seine Angriffe gegen uns werde aufgeben müssen. Die Kriegführung werde uns nötigen, den Kriegsschauplatz auf serbisches Gebiet zu verlegen; doch sind wir heute schon entschlossen, dasselbe nach erreichtem Kriegszwecke wieder zu räumen. Gegen Montenegro aktiv vorzugehen, liege nicht in unserer Absicht und könnten wir nur durch Eingreifen Montenegros in den Krieg gezwungen werden, montenegrinischen Boden zu betreten; doch können wir auch in dieser Hinsicht Italien die bündigsten Versicherungen geben, daß wir auch von einer Gebietserwerbung auf Kosten Montenegros absehen werden.

Vorstehende klare und präzise Versicherungen sollten genügen, Italien, wenn dasselbe de bonne foi ist, über unsere Intentionen zu beruhigen. Zu weiteren Erklärungen könnte ich mich jedenfalls nicht bereit finden, da dies ein Eingehen auf eine systematische Chantage wäre, was schließlich zum Konflikte führen könnte.


2


Ich telegraphiere an Graf Szögyény wie folgt:


(Folgt der Text sub 1)


Vorstehendes zu Euer Exzellenz Kenntnisnahme und Regelung Ihrer Sprache.



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