View source for Nr. 107. Entwurf eines nicht abgesandten Erlasses des Staatssekretär des Auswärtigen an den Geschäftsträger in Hamburg, 22. Juli 1914

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<center>Nr. 107</center>

<center><font size=4>'''Entwurf eines nicht abgesandten Erlasses des Staatssekretärs des Auswärtigen an den Geschäftsträger in Hamburg<sup>1</sup>'''</font></center><br>

Ganz vertraulich ! &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Berlin, den 22. Juli 1914 <br>

&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Angesichts des Ausbruchs einer österreichisch-serbischen Krisis <br>
ist es dringend erwünscht, daß die deutsche Presse rechtzeitig die <br>
unseren Interessen entsprechende Haltung einnimmt. Das nächste <br>
Ziel der deutschen Politik würde, wie die »Norddeutsche Allgemeine <br>
Zeitung« am Sonntag früh angedeutet hat, die Lokalisierung des <br>
Streites sein. Diese ist zu erwarten, wenn Serbien gegenüber den <br>
zu erwartenden Forderungen Österreich-Ungarns alsbald einlenkt. <br>
Andernfalls ist eine Verschärfung der Krisis in Aussicht. Kommt <br>
es dazu , so müßte unsere Presse zweierlei vermeiden. Es darf <br>
weder der Eindruck entstehen, daß wir zum Kriege treiben, weshalb <br>
auch unfreundliche Artikel gegen die Zweibundstaaten möglichst zu <br>
vermeiden sind, noch daß wir beim Eintritt von Verwicklungen <br>
Österreich-Ungarn im Stich lassen werden. Unsere mit der Er- <br>
haltung des Friedens verknüpften großen wirtschaftlichen Interessen <br>
werden hier nicht außer acht gelassen. Es gibt aber kein besseres <br>
Mittel, den Krieg zu vermeiden, als daß wir von vornherein unseren <br>
Platz ruhig und fest an der Seite Österreich-Ungarns nehmen. Wenn <br>
die öffentliche Meinung in Rußland und in Frankreich sich vor die <br>
Notwendigkeit gestellt sieht, unter den gegenwärtigen, nicht günstigen <br>
Umständen den Kampf gegen das Deutsche Reich aufzunehmen, so <br>
wird es den Regierungen in St. Petersburg und Paris erschwert <br>
werden, sich in einen österreichisch-serbischen Konflikt zum Nach- <br>
teil Österreich-Ungarns und des Dreibundes einzumischen. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Ew. Hochw. ersuche ich ergebenst, am nächsten Freitag <br>
vormittag, unter Hervorhebung dieses Auftrages, die Lage im <br>
vorstehenden Sinne mit den Chefredakteuren der Hamburger Nach- <br>
richten, des Korrespondenten und des Fremdenblatts vertraulich, <br>
aber nachdrücklich zu besprechen. <br>

&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;v. &nbsp; J a g o w <br>

<hr>
<sup>1</sup> Nach dem Konzept. Entwurf von der Hand des ständigen Hilfsarbeiters <br>
im Auswärtigen Amt, Legationsrats Esternaux, datiert vom 20. Juli, <br>
mit Änderungen und Ergänzungen Hammanns und v. Jagows. Bericht <br>
wurde indessen kassiert und ging nicht ab. Konzept trägt die Bemerkung <br>
Langwerths von Simmern vom 22. Juli. »Erl(edigt). Cessat. Wird <br>
weisungsgemäß von mir mündl. erledigt werden.« <br>