Nr. 117. Der Botschafter in Konstantinopel an das Auswärtige Amt, 23. Juli 1914: Difference between revisions
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wesir auseinandergesetzt<sup>4</sup>, daß die Türkei bis zur <br> | wesir auseinandergesetzt<sup>4</sup>, daß die Türkei bis zur <br> | ||
Vollendung ihrer militärischen und administrativen <br> | Vollendung ihrer militärischen und administrativen <br> | ||
Reorganisation sich auf keinerlei Bündnis einlassen <br> | Reorganisation <i>sich auf keinerlei Bündnis einlassen <br> | ||
dürfe. Theoretisch sei meine Auffassung durchaus <br> | dürfe.</i> Theoretisch sei meine Auffassung durchaus <br> | ||
richtig. In der Praxis ergebe sich aber für die <br> | richtig. In der Praxis ergebe sich aber für die <br> | ||
Türkei die Schwierigkeit, daß sie nur dann in Ruhe <br> | Türkei die Schwierigkeit, daß sie nur dann in Ruhe <br> | ||
und Gründlichkeit im Innern reformieren könne, <br> | und Gründlichkeit im Innern reformieren könne, <br> | ||
wenn sie gegen Angriffe von außen geschützt sei. <br> | wenn sie gegen Angriffe von außen geschützt sei. <br> | ||
Dazu bedürfe sie des Rückhalts an einer der Groß- <br> | Dazu <i>bedürfe sie des Rückhalts</i> an einer der Groß- <br> | ||
mächtegruppen. Eine kleine Minorität im Komitee <br> | mächtegruppen. Eine kleine Minorität im Komitee <br> | ||
sei für ein Bündnis mit Rußland und Frankreich, <br> | sei für ein Bündnis mit Rußland und Frankreich, <br> | ||
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des Komitees, an der Spitze der Großwesir mit <br> | des Komitees, an der Spitze der Großwesir mit <br> | ||
Talaat Beï, Halil und ihm selbst, wünschten da- <br> | Talaat Beï, Halil und ihm selbst, wünschten da- <br> | ||
gegen nicht Vasallen Rußlands zu werden und seien <br> | gegen <i>nicht Vasallen Rußlands</i> zu werden und seien <br> | ||
überzeugt, daß der Dreibund militärisch stärker sei <br> | überzeugt, daß der Dreibund militärisch stärker sei <br> | ||
als die Entente und bei einem Weltkriege obsiegen <br> | als die Entente und bei einem Weltkriege obsiegen <br> | ||
werde. Er könne mithin erklären, daß die jetzige <br> | werde. Er könne mithin erklären, daß die jetzige <br> | ||
türkische Regierung den Anschluß an den Dreibund <br> | türkische Regierung den Anschluß an den <i>Dreibund <br> | ||
dringend wünsche und nur, wenn sie von uns zu- <br> | dringend wünsche</i> und nur, wenn sie von uns zu- <br> | ||
rückgewiesen werde, schweren Herzens sich zu einem <br> | rückgewiesen werde, schweren Herzens sich zu einem <br> | ||
Pakt mit der Tripie-Entente entschließen werde. <br> | Pakt mit der Tripie-Entente entschließen werde. <br> | ||
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bund führe. Das Kabinett sei daher geneigt, mit <br> | bund führe. Das Kabinett sei daher geneigt, mit <br> | ||
Bulgarien unter der Bedingung abzuschließen, daß <br> | Bulgarien unter der Bedingung abzuschließen, daß <br> | ||
das Bündnis vom Dreibund, mindestens aber von einer <br> | das <i>Bündnis vom Dreibund, mindestens aber von einer <br> | ||
Dreibundmacht, patronisiert werde. Mit Bulgarien sei <br> | Dreibundmacht, patronisiert</i> werde. Mit Bulgarien sei <br> | ||
ein Bündnisvertrag mit allen Details bereits früher <br> | ein Bündnisvertrag mit allen Details <i>bereits früher <br> | ||
vereinbart und nur deshalb nicht unterzeichnet <br> | vereinbart</i> und nur deshalb nicht unterzeichnet <br> | ||
worden, weil Bulgarien ohne Patronanz des Drei, <br> | worden, weil Bulgarien ohne <i>Patronanz des Drei, <br> | ||
bunds sich nicht dazu habe entschließen können- <br> | bunds sich nicht</i> dazu <i>habe</i> entschließen können- <br> | ||
Nunmehr sei infolge der österreichisch-serbischen <br> | Nunmehr sei infolge der österreichisch-serbischen <br> | ||
Spannung die Lage kritisch geworden. Der Groß- <br> | Spannung die Lage kritisch geworden. Der Groß- <br> | ||
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[wie]<sup>5</sup> früher Rumänien zu Österreich. Auf den Aus- <br> | [wie]<sup>5</sup> früher Rumänien zu Österreich. Auf den Aus- <br> | ||
bruch eines Krieges am Balkan könne die Pforte <br> | bruch eines Krieges am Balkan könne die Pforte <br> | ||
nicht erst warten. Die gemeinsamen militärischen <br> | nicht erst warten. Die <i>gemeinsamen militärischen <br> | ||
Vorbereitungen müßten sofort getrogen werden. <br> | Vorbereitungen müßten sofort getrogen werden.</i> <br> | ||
Ich erwiderte Enver, daß er mich von der <br> | Ich erwiderte Enver, daß er mich von der <br> | ||
Notwendigkeit von Bündnissen für die Türkei nicht <br> | Notwendigkeit von Bündnissen für die Türkei nicht <br> | ||
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bundregierungen würden voraussichtlich zögern, sich <br> | bundregierungen würden voraussichtlich zögern, sich <br> | ||
pflichten zu belasten, für welche die Türkei <br> | pflichten zu belasten, für welche die Türkei <br> | ||
noch keine entsprechenden Gegenleistungen <br> | <i>heute noch keine entsprechenden Gegenleistungen <br> | ||
anzubieten habe. Auch die Türkei und Bulgarien <br> | anzubieten</i> habe. Auch die Türkei und Bulgarien <br> | ||
als Block seien dem Dreibund gegenüber kaum <br> | als Block seien dem Dreibund gegenüber kaum <br> | ||
bündnisfähig. Etwas anderes wäre es, wenn dem <br> | bündnisfähig. Etwas anderes wäre es, wenn dem <br> |
Revision as of 12:48, 19 May 2015
WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 117.
Telegramm 362 Konstantinopel, den 22. Juli 19142 3
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Enver Pascha sagte mir, ich hätte dem Groß- W a n g e n h e i m |
Einverstanden. Wenn es nicht anders geht, und Stambul
absolut Bündnis schließen will »unter Patronanz des
Dreibundes oder einer Macht desselben«, so soll es doch ruhig
versuchen, Rumänien und Bulgarien zusammemzukriegen
und sich Österreich zur Verfügung stellen. Ich habe nichts
dagegen. Das ist immer noch besser, als aus theoreth.
Bedenken die Türkei jur sple Entente drängen.
1 Nach der Entzifferung.
2 Aufgegeben in Konstantinopel 22. Juli 555 nachm., angekommen im Aus-
wärtigen Amt 23. Juli 125 vorm.; Eingangsvermerk: 23. Juli vorm. Am 23. Juli
nachm. von Jagow nach Vornahme einiger Änderungen und mit Auslassung
der Sätze »als die Staaten schwächeren seien« und »Der Groß-
wesir werde mit Veniselos Rumänien zu Österreich« telegra-
phisch ins kaiserliche Hoflager mitgeteilt, dortselbst angekommen 110
nachm., Entzifferung des Hoflagers mit den Randbemerkungen des Kaisers
am 27. Juli in Berlin eingetroffen.
3 Siehe Nr. 71.
4 »ich auseinandergesetzt« von Jagow im Telegramm an den
Kaiser geändert in: »der Groswesir neige der Ansicht zu.«
5 Hinter »treten« ist in der Entzifferung das Wort »wie« ausgeblieben.
6 Wegen Zusammenkunft des Großwesirs mit Veniselos in Brüssel siehe
Wangenheims Telegramm 352 vom 19. Juli, Nr. 81.
7 Siehe Nr. 141 und 144.