Nr. 12. Der Gesandte in Belgrad an den Reichskanzler, 5. Juli 1914: Difference between revisions

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Belgrad, den 2. Juli 1914<sup>2</sup><br><br>
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Wie mir der österreichisch-ungarische Geschäftsträger mitteilt, <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Wie mir der österreichisch-ungarische Geschäftsträger mitteilt, <br>
hat er gestern von sich aus an den Generalsekretär im hiesigen <br>
hat er gestern von sich aus an den Generalsekretär im hiesigen <br>
Auswärtigen Ministerium die Frage gerichtet, was die serbische <br>
Auswärtigen Ministerium die Frage gerichtet, was die serbische <br>
Regierung angesichts der selbst nach den slawischen Blättern auf <br>
Regierung angesichts der <i>selbst nach den slawischen Blättern auf <br>
Serbien und Belgrad weisenden Zusammenhänge mit dem Attentat zu<br>  
Serbien und Belgrad weisenden Zusammenhänge mit dem Attentat zu<br>  
deren Ermittelung angeordnet habe. Herr Gruitsch erklärte ihm <br>
deren Ermittelung angeordnet habe.</i> Herr Gruitsch erklärte ihm <br>
darauf, daß bis jet:{t nichts geschehen sei und die Sache die serbische<br>  
darauf, daß bis <i>jetzt nichts geschehen</i> sei und die Sache die <i>serbische<br>  
Regierung auch nichts anginge<sup>3</sup>, und fragte seinerseits, ob der<br>  
Regierung auch nichts anginge<sup>3</sup>,</i> und fragte seinerseits, ob der<br>  
Geschäftsträger im Namen seiner Regierung spreche. Herr von Storck <br>
Geschäftsträger im Namen seiner Regierung spreche. Herr von Storck <br>
ist ihm dann sehr deutlich geworden und hat ihm sein tiefstes Be- <br>
ist ihm dann sehr deutlich geworden und hat ihm sein tiefstes Be- <br>
fremden darüber ausgedrückt, daß eine Regierung, die fortwährend <br>
fremden darüber ausgedrückt, daß eine Regierung, die fortwährend <br>
versichere, mit ihren Nachbarn in korrekten Beziehungen leben zu <br>
versichere, mit ihren Nachbarn in korrekten Beziehungen leben zu <br>
wollen, eine derartige Gleichgültigkeit an den Tag lege. Die Unter- <br>
wollen, eine <i>derartige Gleichgültigkeit</i> an den Tag lege. Die Unter- <br>
redung scheint beiderseits ungemein erregt geführt worden zu sein <br>
redung scheint <i>beiderseits ungemein erregt geführt worden zu sein</i> <br>
und hat damit geendet, daß der Generalsekretär sofort mit dem <br>
und hat damit geendet, daß der Generalsekretär sofort mit dem <br>
Minister des Innern sich ins Benehmen setzte. Es verlautet nun- <br>
Minister des Innern sich ins Benehmen setzte. Es verlautet nun- <br>
mehr, daß am gestrigen Abend einige Verhaftungen und Haussuchungen<br>  
mehr, daß am <i>gestrigen Abend einige Verhaftungen und Haussuchungen</i><br>  
in den von den Attentätern seinerzeit bewohnten Quartieren vorge- <br>
in den von <i>den Attentätern seinerzeit bewohnten Quartieren vorge- <br>
nommen wurden. Auch sollen nähere Ermittlungen darüber im Gange <br>
nommen</i> wurden. Auch sollen nähere Ermittlungen darüber im Gange <br>
sein, welchen Gesellschaften und nationalistischen Vereinen die Atten- <br>
sein, welchen Gesellschaften und nationalistischen Vereinen die Atten- <br>
täter angehört haben, wie sie in den Besit{ der Bomben gelangt <br>
täter angehört haben, wie sie in den <i>Besitz der Bomben gelangt <br>
sind und woher die angeblich bei ihnen vorgefundenen Gelder stammen.<br> <br>
sind und woher die</i> angeblich bei ihnen <i>vorgefundenen Gelder</i> stammen.<br> <br>
v. Griesinger <br><br>
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<i>sehr bezeichnend</i>
<i>sehr bezeichnend</i>



Revision as of 15:58, 1 May 2015

Nr. 12
Der Gesandte in Belgrad an den Reichskanzler1


                    Belgrad, den 2. Juli 19142

     Wie mir der österreichisch-ungarische Geschäftsträger mitteilt,
hat er gestern von sich aus an den Generalsekretär im hiesigen
Auswärtigen Ministerium die Frage gerichtet, was die serbische
Regierung angesichts der selbst nach den slawischen Blättern auf
Serbien und Belgrad weisenden Zusammenhänge mit dem Attentat zu
deren Ermittelung angeordnet habe.
Herr Gruitsch erklärte ihm
darauf, daß bis jetzt nichts geschehen sei und die Sache die serbische
Regierung auch nichts anginge3,
und fragte seinerseits, ob der
Geschäftsträger im Namen seiner Regierung spreche. Herr von Storck
ist ihm dann sehr deutlich geworden und hat ihm sein tiefstes Be-
fremden darüber ausgedrückt, daß eine Regierung, die fortwährend
versichere, mit ihren Nachbarn in korrekten Beziehungen leben zu
wollen, eine derartige Gleichgültigkeit an den Tag lege. Die Unter-
redung scheint beiderseits ungemein erregt geführt worden zu sein
und hat damit geendet, daß der Generalsekretär sofort mit dem
Minister des Innern sich ins Benehmen setzte. Es verlautet nun-
mehr, daß am gestrigen Abend einige Verhaftungen und Haussuchungen
in den von den Attentätern seinerzeit bewohnten Quartieren vorge-
nommen
wurden. Auch sollen nähere Ermittlungen darüber im Gange
sein, welchen Gesellschaften und nationalistischen Vereinen die Atten-
täter angehört haben, wie sie in den Besitz der Bomben gelangt
sind und woher die
angeblich bei ihnen vorgefundenen Gelder stammen.

                        v. Griesinger

sehr bezeichnend


1 Nach der Ausfertigung.

2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 5. Juli vorm, Bericht lag dem Kaiser vor, von ihm am 13. Juli zurückgegeben, am 16. Juli wieder im Amt. Gemäß kaiserlicher Randverfügung am 20. Juli der Botschaft in Wien mitgeteilt.

3 Die Worte »jetzt nichts geschehen« und »nichts anginge« vom Kaiser zweimal unterstrichen, am Rand zwei Ausrufungszeichen des Kaisers.