Nr. 12. Der Gesandte in Belgrad an den Reichskanzler, 5. Juli 1914

From World War I Document Archive
Revision as of 03:47, 10 March 2019 by JeKrul (talk | contribs)
(diff) ← Older revision | Latest revision (diff) | Newer revision → (diff)
Jump to navigation Jump to search

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 12.


Nr. 12
Der Gesandte in Belgrad an den Reichskanzler1


                                                       Belgrad, den 2. Juli 19142

     Wie mir der österreichisch-ungarische Geschäftsträger mitteilt,
hat er gestern von sich aus an den Generalsekretär im hiesigen
Auswärtigen Ministerium die Frage gerichtet, was die serbische
Regierung angesichts der selbst nach den slawischen Blättern auf
Serbien und Belgrad weisenden Zusammenhänge mit dem Attentat zu
deren Ermittelung angeordnet habe.
Herr Gruitsch erklärte ihm
darauf, daß bis jetzt nichts geschehen sei und die Sache die serbische
Regierung auch nichts anginge3,
und fragte seinerseits, ob der
Geschäftsträger im Namen seiner Regierung spreche. Herr von Storck
ist ihm dann sehr deutlich geworden und hat ihm sein tiefstes Be-
fremden darüber ausgedrückt, daß eine Regierung, die fortwährend
versichere, mit ihren Nachbarn in korrekten Beziehungen leben zu
wollen, eine derartige Gleichgültigkeit an den Tag lege. Die Unter-
redung scheint beiderseits ungemein erregt geführt worden zu sein
und hat damit geendet, daß der Generalsekretär sofort mit dem
Minister des Innern sich ins Benehmen setzte. Es verlautet nun-
mehr, daß am gestrigen Abend einige Verhaftungen und Haussuchungen
in den von den Attentätern seinerzeit bewohnten Quartieren vorge-
nommen
wurden. Auch sollen nähere Ermittlungen darüber im Gange
sein, welchen Gesellschaften und nationalistischen Vereinen die Atten-
täter angehört haben, wie sie in den Besitz der Bomben gelangt
sind und woher die
angeblich bei ihnen vorgefundenen Gelder stammen.

                                                                 v.   G r i e s i n g e r

sehr bezeichnend


1 Nach der Ausfertigung.
2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 5. Juli vorm, Bericht lag dem
Kaiser vor, von ihm am 13. Juli zurückgegeben, am 16. Juli wieder im Amt.
Gemäß kaiserlicher Randverfügung am 20. Juli der Botschaft in Wien
mitgeteilt.
3 Die Worte »jetzt nichts geschehen« und »nichts anginge« vom Kaiser
zweimal unterstrichen, am Rand zwei Ausrufungszeichen des Kaisers.