Nr. 121. Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Kaiser, 23. Juli 1914: Difference between revisions

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<center>Nr. 121</center>
<center>Nr. 121</center>


<center><font size=4>'''Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Kaiser<sup>1</sup>'''</font></center>
<center><font size=4>'''Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Kaiser<sup>1</sup>'''</font></center><br>


Telegramm 132 Berlin, den 23. Juli 1914<sup>2</sup>
Telegramm 132 Berlin, den 23. Juli 1914<sup>2</sup><br>


Ew. M. Botschafter in London telegraphiert :  
Ew. M. Botschafter in London telegraphiert : <br>


»Sir Edward Grey wird, wie ich vertraulich er-  
»Sir Edward Grey wird, wie ich vertraulich er- <br>
fahre, dem Grafen Mensdorff morgen erklären, die  
fahre, dem Grafen Mensdorff morgen erklären, die <br>
britische Regierung werde ihren Einfluß dahin zur  
britische Regierung werde ihren Einfluß dahin zur <br>
Geltung bringen, daß die österreichisch-ungarischen  
Geltung bringen, daß die österreichisch-ungarischen <br>
darüber ^^u befinden Forderungen, falls sie gemäßigt seien und sich mit  
darüber ^^u befinden Forderungen, falls sie gemäßigt seien und sich mit <br>
steht ihm nicht pi, d^y Selbständigkeit des serbischen Staats vereinbaren  
steht ihm nicht pi, d^y Selbständigkeit des serbischen Staats vereinbaren <br>
das ist Sache S. M. Hgßßn, von der serbischen RegieruBg angenommen  
das ist Sache S. M. Hgßßn, von der serbischen RegieruBg angenommen <br>
des Kaisers Frani bürden. In ähnhchem Sinne glaube er auch, daß  
des Kaisers Frani bürden. In ähnhchem Sinne glaube er auch, daß <br>
^* Sasonow seinen Einfluß in Belgrad geltend machen  
^* Sasonow seinen Einfluß in Belgrad geltend machen <br>


werde. Voraussetzung für diese Haltung sei aber,  
werde. Voraussetzung für diese Haltung sei aber, <br>
daß von Wien aus keine unbewiesenen Anklagen  
daß von Wien aus keine unbewiesenen Anklagen <br>
ä la Friedjung vorgebracht würden, und daß die  
ä la Friedjung vorgebracht würden, und daß die <br>
österreichisch -ungarische Regierung in der Lage sei,  
österreichisch -ungarische Regierung in der Lage sei, <br>
den Zusammenhang zwischen dem ]\Iord von Sarajevo  
den Zusammenhang zwischen dem ]\Iord von Sarajevo <br>
ist ihre Sache! mit den politischen Kreisen Belgrads unzweideutig  
ist ihre Sache! mit den politischen Kreisen Belgrads unzweideutig <br>
festzustellen. Alles hängt von der Art ab, wie man  
festzustellen. Alles hängt von der Art ab, wie man <br>
in Wien die Note gestalte und von den Ergebnissen  
in Wien die Note gestalte und von den Ergebnissen <br>
was ist leichtfertig? der bisherigen Untersuchung. Auf Grund leicht-  
was ist leichtfertig? der bisherigen Untersuchung. Auf Grund leicht- <br>
Wie kann Grey so Jertiger Behauptungen sei es jedoch unmöglich, in  
Wie kann Grey so Jertiger Behauptungen sei es jedoch unmöglich, in <br>
ein Wort über den ßgigrad Vorstellungen zu machen. Ich bemühe mich  
ein Wort über den ßgigrad Vorstellungen zu machen. Ich bemühe mich <br>
Herrn ''ZTufhen" ^"t^^^^ssen, hier dahin zu wirken, daß man mit  
Herrn ''ZTufhen" ^"t^^^^ssen, hier dahin zu wirken, daß man mit <br>
g r uc i. ;^^(.]^5j(.J^^ g^^f ^j^g berechtigte Verlangen Österreichs  
g r uc i. ;^^(.]^5j(.J^^ g^^f ^j^g berechtigte Verlangen Österreichs <br>
nach einer Genugtuung und endhchen Einstellung  
nach einer Genugtuung und endhchen Einstellung <br>
der dauernden Beunruhigungen für eine bedingungs-  
der dauernden Beunruhigungen für eine bedingungs- <br>
lose Annahme der österreichischen Forderungen ein-  
lose Annahme der österreichischen Forderungen ein- <br>
gibt es nicht! tritt, selbst wenn sie der nationalen Würde Serbiens  
gibt es nicht! tritt, selbst wenn sie der nationalen Würde Serbiens <br>
nicht vollauf Rechnung tragen sollten. Ich begegne  
nicht vollauf Rechnung tragen sollten. Ich begegne <br>
Wie käme ich da^u! hierbei der Erwartung, daß es unserem Einfluß in  
Wie käme ich da^u! hierbei der Erwartung, daß es unserem Einfluß in <br>
was heißninerfütibar? Wien gelungen ist, unerfüllbare Forderungen zu  
was heißninerfütibar? Wien gelungen ist, unerfüllbare Forderungen zu <br>
üon^it%otd%^&n unterdrücken. Man rechnet mit Bestimmtheit da-  
üon^it%otd%^&n unterdrücken. Man rechnet mit Bestimmtheit da- <br>
und müssen^geduckt mit, daß wir mit Forderungen, die ofienkundig den  
und müssen^geduckt mit, daß wir mit Forderungen, die ofienkundig den <br>
Zweck haben, den Krieg herbeizuführen, uns nicht  
Zweck haben, den Krieg herbeizuführen, uns nicht <br>


^ Nach dem Konzept von Jagows Hand und der Entzifferung des Hof-  
Das ist eine unge- identifizieren würden, und daß wir keine Politik <br>
lagers.  
heuerliche Britische unterstützen, die den Sarajevoer Mord nur als Vor- <br>
Unverschiimiheit. ^^and benutzt für österreichische Balkanwünsche und <br>
Ich bin nicht be- ^^^ ^jg Vernichtung des Friedens von Bukarest. <br>
5"{v? demKcdser ^^ übrigen hat mir Sir Edward Grey auch heute <br>
Vorschriften ^über wieder sagen lassen, daß er in Petersburg bestrebt <br>
die Wahr un^r seiner i^t, im Sinne des österreichischen Standpunkts zu <br>
Ehre zu machen! wrken. Es hat aber hier nicht angenehm berührt, <br>
daß Graf Berchtold es bisher ganz auffallend ver- <br>
mieden hat, mit Sir Maurice de Bunsen über die <br>
serbische Frage zu sprechen.« <br>


* Aufgegeben in Berlin i*° nachm., angekommen im Hoflager 8^° nachm.
Ew. M. Botschafter in London erhält Instruk- <br>
Entzifferung des Hoflagers traf am 27. Juli im Auswärtigen Amt ein.
tion zur Regelung seiner Sprache, daß wir öster- <br>
Gleiches Telegramm ging i*° nachm. nach Wien, Ankunft 4° nachm. (nach
richtig! Das soll reichische Forderungen nicht kannten, sie aber als <br>
Akten der Deutschen Botschaft in Wien).  
Grey aber recht interne Frage Österreich-Ungarns betrachteten^, <br>
ernst und deutlich ^^f ^j-^ ^^^ Einwirkung nicht zustände. * <br>


Das ist eine unge- identifizieren würden, und daß wir keine Politik
gesagt werden ! <br>
heuerliche Britische unterstützen, die den Sarajevoer Mord nur als Vor-
Damit er sieht, daß Alleruntertänigst <br>
Unverschiimiheit. ^^and benutzt für österreichische Balkanwünsche und
Ich bin nicht be- ^^^ ^jg Vernichtung des Friedens von Bukarest.
5"{v? demKcdser ^^ übrigen hat mir Sir Edward Grey auch heute
Vorschriften ^über wieder sagen lassen, daß er in Petersburg bestrebt
die Wahr un^r seiner i^t, im Sinne des österreichischen Standpunkts zu
Ehre zu machen! wrken. Es hat aber hier nicht angenehm berührt,
daß Graf Berchtold es bisher ganz auffallend ver-
mieden hat, mit Sir Maurice de Bunsen über die
serbische Frage zu sprechen.«


Ew. M. Botschafter in London erhält Instruk-
ich keinen Spaß <br>
tion zur Regelung seiner Sprache, daß wir öster-
richtig! Das soll reichische Forderungen nicht kannten, sie aber als
Grey aber recht interne Frage Österreich-Ungarns betrachteten^,
ernst und deutlich ^^f ^j-^ ^^^ Einwirkung nicht zustände. *


gesagt werden !
verstehe. Grey be- J a g o w <br>
Damit er sieht, daß Alleruntertänigst


ich keinen Spaß
geht den Fehler, <br>
daß er Serbien mit <br>


verstehe. Grey be- J a g o w
Österreich und anderen Großmächten auf eine Stuf e stellt! Das ist unerhört! <br>
Serbien ist eine Räuberbande, die für Verbrechen gefaßt werden muß! Ich <br>
werde mich in nichts einmischen, was der Kaiser ^u beurtheilen allein befugt <br>
ist! Ich habe diese Depesche erwartet und sie überrascht mich nicht! Echt <br>
Brit. Denkweise und herablassend befehlende Art, die ich abgewiesen haben will!^ <br>


geht den Fehler,  
Wilhelm, L R. <br>
daß er Serbien mit


Österreich und anderen Großmächten auf eine Stuf e stellt! Das ist unerhört!
^ Nach dem Konzept von Jagows Hand und der Entzifferung des Hof- <br>
Serbien ist eine Räuberbande, die für Verbrechen gefaßt werden muß! Ich
lagers. <br>
werde mich in nichts einmischen, was der Kaiser ^u beurtheilen allein befugt
ist! Ich habe diese Depesche erwartet und sie überrascht mich nicht! Echt
Brit. Denkweise und herablassend befehlende Art, die ich abgewiesen haben will!^


Wilhelm, L R.  
* Aufgegeben in Berlin i*° nachm., angekommen im Hoflager 8^° nachm. <br>
Entzifferung des Hoflagers traf am 27. Juli im Auswärtigen Amt ein. <br>
Gleiches Telegramm ging i*° nachm. nach Wien, Ankunft 4° nachm. (nach <br>
Akten der Deutschen Botschaft in Wien). <br>


^ Entzitlerung des Hoflagers: betrachten.  
^ Entzitlerung des Hoflagers: betrachten. <br>


* Siehe Nr. ii8 und 140.  
* Siehe Nr. ii8 und 140. <br>


* Die Randvermerke des Kaisers »Wie käme ich dazu! Ehre zu  
* Die Randvermerke des Kaisers »Wie käme ich dazu! Ehre zu <br>


machen« und »richtig! Das soll abgewiesen haben will« wurden  
machen« und »richtig! Das soll abgewiesen haben will« wurden <br>


dem Auswärtigen Amt noch unter dem 23. Juli von Wedel telegraphisch  
dem Auswärtigen Amt noch unter dem 23. Juli von Wedel telegraphisch <br>
mitgeteilt, Telegramme aufgegeben in Baiholm 24. Juli 12^ vorm., ange-  
mitgeteilt, Telegramme aufgegeben in Baiholm 24. Juli 12^ vorm., ange- <br>
kommen im Auswärtigen Amt 5^^ vorm. Eingangsvermerk: 24. Juli vorm.
kommen im Auswärtigen Amt 5^^ vorm. Eingangsvermerk: 24. Juli vorm. <br>

Revision as of 09:25, 21 May 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 121.


Nr. 121
Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Kaiser1


Telegramm 132 Berlin, den 23. Juli 19142

Ew. M. Botschafter in London telegraphiert :

»Sir Edward Grey wird, wie ich vertraulich er-
fahre, dem Grafen Mensdorff morgen erklären, die
britische Regierung werde ihren Einfluß dahin zur
Geltung bringen, daß die österreichisch-ungarischen
darüber ^^u befinden Forderungen, falls sie gemäßigt seien und sich mit
steht ihm nicht pi, d^y Selbständigkeit des serbischen Staats vereinbaren
das ist Sache S. M. Hgßßn, von der serbischen RegieruBg angenommen
des Kaisers Frani bürden. In ähnhchem Sinne glaube er auch, daß
^* Sasonow seinen Einfluß in Belgrad geltend machen

werde. Voraussetzung für diese Haltung sei aber,
daß von Wien aus keine unbewiesenen Anklagen
ä la Friedjung vorgebracht würden, und daß die
österreichisch -ungarische Regierung in der Lage sei,
den Zusammenhang zwischen dem ]\Iord von Sarajevo
ist ihre Sache! mit den politischen Kreisen Belgrads unzweideutig
festzustellen. Alles hängt von der Art ab, wie man
in Wien die Note gestalte und von den Ergebnissen
was ist leichtfertig? der bisherigen Untersuchung. Auf Grund leicht-
Wie kann Grey so Jertiger Behauptungen sei es jedoch unmöglich, in
ein Wort über den ßgigrad Vorstellungen zu machen. Ich bemühe mich
Herrn ZTufhen" ^"t^^^^ssen, hier dahin zu wirken, daß man mit
g r uc i. ;^^(.]^5j(.J^^ g^^f ^j^g berechtigte Verlangen Österreichs
nach einer Genugtuung und endhchen Einstellung
der dauernden Beunruhigungen für eine bedingungs-
lose Annahme der österreichischen Forderungen ein-
gibt es nicht! tritt, selbst wenn sie der nationalen Würde Serbiens
nicht vollauf Rechnung tragen sollten. Ich begegne
Wie käme ich da^u! hierbei der Erwartung, daß es unserem Einfluß in
was heißninerfütibar? Wien gelungen ist, unerfüllbare Forderungen zu
üon^it%otd%^&n unterdrücken. Man rechnet mit Bestimmtheit da-
und müssen^geduckt mit, daß wir mit Forderungen, die ofienkundig den
Zweck haben, den Krieg herbeizuführen, uns nicht

Das ist eine unge- identifizieren würden, und daß wir keine Politik
heuerliche Britische unterstützen, die den Sarajevoer Mord nur als Vor-
Unverschiimiheit. ^^and benutzt für österreichische Balkanwünsche und
Ich bin nicht be- ^^^ ^jg Vernichtung des Friedens von Bukarest.
5"{v? demKcdser ^^ übrigen hat mir Sir Edward Grey auch heute
Vorschriften ^über wieder sagen lassen, daß er in Petersburg bestrebt
die Wahr un^r seiner i^t, im Sinne des österreichischen Standpunkts zu
Ehre zu machen! wrken. Es hat aber hier nicht angenehm berührt,
daß Graf Berchtold es bisher ganz auffallend ver-
mieden hat, mit Sir Maurice de Bunsen über die
serbische Frage zu sprechen.« 

Ew. M. Botschafter in London erhält Instruk-
tion zur Regelung seiner Sprache, daß wir öster-
richtig! Das soll reichische Forderungen nicht kannten, sie aber als
Grey aber recht interne Frage Österreich-Ungarns betrachteten^,
ernst und deutlich ^^f ^j-^ ^^^ Einwirkung nicht zustände. *

gesagt werden !
Damit er sieht, daß Alleruntertänigst

ich keinen Spaß

verstehe. Grey be- J a g o w

geht den Fehler,
daß er Serbien mit

Österreich und anderen Großmächten auf eine Stuf e stellt! Das ist unerhört!
Serbien ist eine Räuberbande, die für Verbrechen gefaßt werden muß! Ich
werde mich in nichts einmischen, was der Kaiser ^u beurtheilen allein befugt
ist! Ich habe diese Depesche erwartet und sie überrascht mich nicht! Echt
Brit. Denkweise und herablassend befehlende Art, die ich abgewiesen haben will!^

Wilhelm, L R.

^ Nach dem Konzept von Jagows Hand und der Entzifferung des Hof-
lagers.

  • Aufgegeben in Berlin i*° nachm., angekommen im Hoflager 8^° nachm.

Entzifferung des Hoflagers traf am 27. Juli im Auswärtigen Amt ein.
Gleiches Telegramm ging i*° nachm. nach Wien, Ankunft 4° nachm. (nach
Akten der Deutschen Botschaft in Wien).

^ Entzitlerung des Hoflagers: betrachten.

  • Siehe Nr. ii8 und 140.
  • Die Randvermerke des Kaisers »Wie käme ich dazu! Ehre zu

machen« und »richtig! Das soll abgewiesen haben will« wurden

dem Auswärtigen Amt noch unter dem 23. Juli von Wedel telegraphisch
mitgeteilt, Telegramme aufgegeben in Baiholm 24. Juli 12^ vorm., ange-
kommen im Auswärtigen Amt 5^^ vorm. Eingangsvermerk: 24. Juli vorm.