Nr. 13. Der Kaiser von Österreich an den Kaiser, 5. Juli 1914: Difference between revisions

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Handschreiben <sup>1</sup>  
Handschreiben <sup>1</sup>  


Ich habe aufrichtig bedauert, daß Du genötigt warst, Deine  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Ich habe aufrichtig bedauert, daß Du genötigt warst, Deine<br>
Absicht, zur Trauerfeier nach Wien zu kommen, aufzugeben. Ich  
Absicht, zur Trauerfeier nach Wien zu kommen, aufzugeben. Ich<br>
hätte Dir sehr gerne persönlich meinen herzhchen Dank für Deine  
hätte Dir sehr gerne persönlich meinen herzhchen Dank für Deine <br>
wohltuende Anteilnahme an meinem schweren Kununer ausgesprochen.  
wohltuende Anteilnahme an meinem schweren Kununer ausgesprochen.<br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Du hast mir durch Dein warmes, mitfühlendes Beileid wieder <br>
Du hast mir durch Dein warmes, mitfühlendes Beileid wieder  
bewiesen, daß ich in Dir einen treuen verläßlichen Freund besitze <br>
bewiesen, daß ich in Dir einen treuen verläßlichen Freund besitze  
und daß ich in jeder ernsten Stunde auf Dich rechnen kann. <br>
und daß ich in jeder ernsten Stunde auf Dich rechnen kann.  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Es wäre mir auch sehr erwünscht gewesen, die politische Lage <br>
 
mit Dir zu besprechen; da dies jetzt nicht möglich gewesen ist, <br>
Es wäre mir auch sehr erwünscht gewesen, die politische Lage  
erlaube ich mir. Dir die anruhende von meinem Minister des Äußern <br>
mit Dir zu besprechen; da dies jetzt nicht möglich gewesen ist,  
ausgearbeitete Denkschrift zu senden, die noch vor der furchtbaren <br>
erlaube ich mir. Dir die anruhende von meinem Minister des Äußern  
Katastrophe in Sarajevo verfaßt wurde und jetzt nach diesem tra- <br>
ausgearbeitete Denkschrift zu senden, die noch vor der furchtbaren  
gischen Ereignisse besonders beachtenswert erscheint. <br>
Katastrophe in Sarajevo verfaßt wurde und jetzt nach diesem tra-  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Das gegen meinen armen Neffen verübte Attentat ist die direkte<br>
gischen Ereignisse besonders beachtenswert erscheint.  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Folge der von den russischen imd serbischen Panslawisten betriebenen <br>
 
Agitation, deren einziges Ziel die Schwächung des Dreibundes und <br>
Das gegen meinen armen Neffen verübte Attentat ist die direkte  
die Zertrümmerung meines Reiches ist. <br>
Folge der von den russischen imd serbischen Panslawisten betriebenen  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Nach allen bisherigen Erhebungen hat es sich in Sarajevo nicht <br>
Agitation, deren einziges Ziel die Schwächung des Dreibundes und  
um die Bluttat eines einzelnen, sondern um ein wohlorganisiertes <br>
die Zertrümmerung meines Reiches ist.  
Komplott gehandelt, dessen Fäden nach Belgrad reichen, und wenn <br>
 
es auch vermutlich immöglich sein wird, die Komplizität der serbi- <br>
Nach allen bisherigen Erhebungen hat es sich in Sarajevo nicht  
schen Regierung nachzuweisen, so kann man wohl nicht im Zweifel <br>
um die Bluttat eines einzelnen, sondern um ein wohlorganisiertes  
darüber sein, daß ihre auf die Vereinigung aller Südslawen unter <br>
Komplott gehandelt, dessen Fäden nach Belgrad reichen, und wenn  
serbischer Flagge gerichtete Politik solche Verbrechen fördert, und <br>
es auch vermutlich immöglich sein wird, die Komplizität der serbi-  
daß die Andauer dieses Zustandes eine dauernde Gefahr für mein <br>
schen Regierung nachzuweisen, so kann man wohl nicht im Zweifel  
Haus und für meine Länder bildet. <br>
darüber sein, daß ihre auf die Vereinigung aller Südslawen unter  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Diese Gefahr wird noch dadurch erhöht, daß auch Rumänien, <br>
serbischer Flagge gerichtete Politik solche Verbrechen fördert, und  
trotz des bestehenden Bündnisses mit uns, sich mit Serbien eng be- <br>
daß die Andauer dieses Zustandes eine dauernde Gefahr für mein  
freimdet hat und auch im eigenen Lande eine ebenso gehässige <br>
Haus und für meine Länder bildet.  
Agitation gegen uns duldet, wie Serbien es tut. <br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Es wird mir schwer, an der Treue und den guten Absichten <br>
Diese Gefahr wird noch dadurch erhöht, daß auch Rumänien,  
eines so alten Freundes, wie Carl von Rumänien es ist, zu zweifeln, <br>
trotz des bestehenden Bündnisses mit uns, sich mit Serbien eng be-  
er selbst hat aber meinem Gesandten im Laufe der letzten Monate <br>
freimdet hat und auch im eigenen Lande eine ebenso gehässige  
zweimal erklärt, daß er angesichts der erregten und uns feindüchen <br>
Agitation gegen uns duldet, wie Serbien es tut.  
Stimmung seines Volkes nicht in der Lage wäre, im Ernstfalle seinen <br>
 
Bundespflichten nachzukommen. <br>
Es wird mir schwer, an der Treue und den guten Absichten  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Dabei fördert die gegenwärtige rumänische Regierung ganz offen <br>
eines so alten Freundes, wie Carl von Rumänien es ist, zu zweifeln,  
die Bestrebungen der Kulturliga, begünstigt die Annäherung an <br>
er selbst hat aber meinem Gesandten im Laufe der letzten Monate  
Serbien und strebt mit russischer Hilfe die Gründung eines neuen <br>
zweimal erklärt, daß er angesichts der erregten und uns feindüchen  
Balkanbundes an, der nur gegen mein Reich gerichtet sein könnte. <br>
Stimmung seines Volkes nicht in der Lage wäre, im Ernstfalle seinen  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Schon am Beginne der Regierungszeit Carls haben ähnliche  
Bundespflichten nachzukommen.  
 
Dabei fördert die gegenwärtige rumänische Regierung ganz offen  
die Bestrebungen der Kulturliga, begünstigt die Annäherung an  
Serbien und strebt mit russischer Hilfe die Gründung eines neuen  
Balkanbundes an, der nur gegen mein Reich gerichtet sein könnte.  
 
Schon am Beginne der Regierungszeit Carls haben ähnliche  
politische Phantasien, wie sie jetzt von der Kulturliga verbreitet  
politische Phantasien, wie sie jetzt von der Kulturliga verbreitet  
werden, den gesunden politischen Sinn der rumänischen Staatsmänner  
werden, den gesunden politischen Sinn der rumänischen Staatsmänner  
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Vorzugsstellung in Europa und zu einer verläßlichen Stütze aller  
Vorzugsstellung in Europa und zu einer verläßlichen Stütze aller  
Ordnung geworden ist.  
Ordnung geworden ist.  
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Jetzt droht dieselbe Gefa'^r dem Königreiche; ich befürchte,  
Jetzt droht dieselbe Gefa'^r dem Königreiche; ich befürchte,  
daß Ratschläge allein nicht mehr helfen werden und daß Rumänien  
daß Ratschläge allein nicht mehr helfen werden und daß Rumänien  
nur dann dem Dreibunde erhalten werden kann, wenn wir einerseits  
nur dann dem Dreibunde erhalten werden kann, wenn wir einerseits  
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Bestand meines Reiches gerichtete Agitation in Rumänien nicht mit  
Bestand meines Reiches gerichtete Agitation in Rumänien nicht mit  
aller Kraft unterdrückt.  
aller Kraft unterdrückt.  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Das Bestreben meiner Regierung muß in Hinkunft auf die <br>
Isolierung und Verkleinerung Serbiens gerichtet sein. Die erste <br>
Etappe auf diesem Wege wäre in einer Stärkung der Stellung der <br>
gegenwärtigen bulgarischen Regierung zu suchen, damit Bulgarien, <br>
dessen reelle Interessen mit den unsrigen übereinstimmen, vor der <br>
Rückkehr zur RussophiUe bewahrt bleibt. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Wenn man in Bukarest erkennt, daß der Dreibund entschlossen <br>
ist, auf einen Anschluß Bulgariens nicht zu verzichten, jedoch bereit <br>
wäre, Bulgarien dazu zu veranlassen, sich mit Rumänien zu ver- <br>
binden und dessen territoriale Integrität zu garantieren, so wird <br>
man dort vielleicht von der gefähi liehen Richtung zurückkommen, <br>
in welche man durch die Freundschaft mit Serbien und die Annähe- <br>
rung an Rußland getrieben worden ist. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Wenn dies gelingt, könnte der weitere Versuch gemacht werden, <br>
Griechenland mit Bulgarien und der Türkei zu versöhnen, es würde <br>
sich dann unter der Patronanz des Dreibundes ein neuer Balkanbund <br>
bilden, dessen Ziel darin bestehen würde, dem Vordringen der pan- <br>
slawistischen Hochflut ein Ziel zu setzen und unseren Ländern den <br>
Frieden zu sichern. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn Serbien, welches<br>
gegenwärtig den Angelpunkt der panslawischen Politik bildet, als <br>
politischer Machtfaktor am Balkan ausge- ehaltet wird. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Auch Du wirst nach dem jüngsten furchtbaren Geschehnisse <br>
in Bosnien die Überzeugung haben, daß an eine Versöhnung des <br>
Gegensatzes, welcher Serbien von uns trennt, nicht mehr zu denken <br>
ist, und daß die erhaltende Friedenspolitik aller europäischen Mo- <br>
narchen bedroht sein wird, solange dieser Herd von verbrecherischer <br>
Agitation in Belgrad ungestraft fortlebt. <br>


Das Bestreben meiner Regierung muß in Hinkunft auf die
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Isolierung und Verkleinerung Serbiens gerichtet sein. Die erste
Etappe auf diesem Wege wäre in einer Stärkung der Stellung der
gegenwärtigen bulgarischen Regierung zu suchen, damit Bulgarien,
dessen reelle Interessen mit den unsrigen übereinstimmen, vor der
Rückkehr zur RussophiUe bewahrt bleibt.
 
Wenn man in Bukarest erkennt, daß der Dreibund entschlossen
ist, auf einen Anschluß Bulgariens nicht zu verzichten, jedoch bereit
wäre, Bulgarien dazu zu veranlassen, sich mit Rumänien zu ver-
binden und dessen territoriale Integrität zu garantieren, so wird
man dort vielleicht von der gefähi liehen Richtung zurückkommen,
in welche man durch die Freundschaft mit Serbien und die Annähe-
rung an Rußland getrieben worden ist.
 
Wenn dies gelingt, könnte der weitere Versuch gemacht werden,
Griechenland mit Bulgarien und der Türkei zu versöhnen, es würde
sich dann unter der Patronanz des Dreibundes ein neuer Balkanbund
bilden, dessen Ziel darin bestehen würde, dem Vordringen der pan-
slawistischen Hochflut ein Ziel zu setzen und unseren Ländern den
Frieden zu sichern.
 
 
Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn Serbien, welches
gegenwärtig den Angelpunkt der panslawischen Politik bildet, als
politischer Machtfaktor am Balkan ausge- ehaltet wird.
 
Auch Du wirst nach dem jüngsten furchtbaren Geschehnisse
in Bosnien die Überzeugung haben, daß an eine Versöhnung des
Gegensatzes, welcher Serbien von uns trennt, nicht mehr zu denken
ist, und daß die erhaltende Friedenspolitik aller europäischen Mo-
narchen bedroht sein wird, solange dieser Herd von verbrecherischer
Agitation in Belgrad ungestraft fortlebt.
 
<sup>1</sup> Nach der bei den Akten befindlichen offiziellen Abschrift der k. u. k.  
<sup>1</sup> Nach der bei den Akten befindlichen offiziellen Abschrift der k. u. k.  
Regierung, die nebst der unten (Nr. 14) abgedruckten Denkschrift am 5. Juli  
Regierung, die nebst der unten (Nr. 14) abgedruckten Denkschrift am 5. Juli  

Revision as of 08:28, 5 May 2015

Nr. 13
Der Kaiser von Österreich an den Kaiser

Handschreiben 1

     Ich habe aufrichtig bedauert, daß Du genötigt warst, Deine
Absicht, zur Trauerfeier nach Wien zu kommen, aufzugeben. Ich
hätte Dir sehr gerne persönlich meinen herzhchen Dank für Deine
wohltuende Anteilnahme an meinem schweren Kununer ausgesprochen.
     Du hast mir durch Dein warmes, mitfühlendes Beileid wieder
bewiesen, daß ich in Dir einen treuen verläßlichen Freund besitze
und daß ich in jeder ernsten Stunde auf Dich rechnen kann.
     Es wäre mir auch sehr erwünscht gewesen, die politische Lage
mit Dir zu besprechen; da dies jetzt nicht möglich gewesen ist,
erlaube ich mir. Dir die anruhende von meinem Minister des Äußern
ausgearbeitete Denkschrift zu senden, die noch vor der furchtbaren
Katastrophe in Sarajevo verfaßt wurde und jetzt nach diesem tra-
gischen Ereignisse besonders beachtenswert erscheint.
     Das gegen meinen armen Neffen verübte Attentat ist die direkte
     Folge der von den russischen imd serbischen Panslawisten betriebenen
Agitation, deren einziges Ziel die Schwächung des Dreibundes und
die Zertrümmerung meines Reiches ist.
     Nach allen bisherigen Erhebungen hat es sich in Sarajevo nicht
um die Bluttat eines einzelnen, sondern um ein wohlorganisiertes
Komplott gehandelt, dessen Fäden nach Belgrad reichen, und wenn
es auch vermutlich immöglich sein wird, die Komplizität der serbi-
schen Regierung nachzuweisen, so kann man wohl nicht im Zweifel
darüber sein, daß ihre auf die Vereinigung aller Südslawen unter
serbischer Flagge gerichtete Politik solche Verbrechen fördert, und
daß die Andauer dieses Zustandes eine dauernde Gefahr für mein
Haus und für meine Länder bildet.
     Diese Gefahr wird noch dadurch erhöht, daß auch Rumänien,
trotz des bestehenden Bündnisses mit uns, sich mit Serbien eng be-
freimdet hat und auch im eigenen Lande eine ebenso gehässige
Agitation gegen uns duldet, wie Serbien es tut.
     Es wird mir schwer, an der Treue und den guten Absichten
eines so alten Freundes, wie Carl von Rumänien es ist, zu zweifeln,
er selbst hat aber meinem Gesandten im Laufe der letzten Monate
zweimal erklärt, daß er angesichts der erregten und uns feindüchen
Stimmung seines Volkes nicht in der Lage wäre, im Ernstfalle seinen
Bundespflichten nachzukommen.
     Dabei fördert die gegenwärtige rumänische Regierung ganz offen
die Bestrebungen der Kulturliga, begünstigt die Annäherung an
Serbien und strebt mit russischer Hilfe die Gründung eines neuen
Balkanbundes an, der nur gegen mein Reich gerichtet sein könnte.
     Schon am Beginne der Regierungszeit Carls haben ähnliche politische Phantasien, wie sie jetzt von der Kulturliga verbreitet werden, den gesunden politischen Sinn der rumänischen Staatsmänner getrübt, und es hat die Gefahr bestanden, daß das Königreich eine Abenteurerpolitik treiben würde. Damals hat Dein seliger Großvater in energischer zielbewußter Weise durch seine Regierung eingegriffen und hat Rumänien so den Weg gewiesen, auf welchem es zu einer Vorzugsstellung in Europa und zu einer verläßlichen Stütze aller Ordnung geworden ist.      Jetzt droht dieselbe Gefa'^r dem Königreiche; ich befürchte, daß Ratschläge allein nicht mehr helfen werden und daß Rumänien nur dann dem Dreibunde erhalten werden kann, wenn wir einerseits das Entstehen eines Balkanbundes unter russischer Patronanz durch den Anschluß Bulgariens an den Dreibund unmöglich machen und andererseits in Bukarest klar und deutlich zu erkennen geben, daß die Freunde Serbiens nicht unsere Freunde sein können, und daß auch Rumänien nicht mehr mit uns als Bundesgenossen wird rechnen können, wenn es sich nicht von Serbien lossagt und die gegen den Bestand meines Reiches gerichtete Agitation in Rumänien nicht mit aller Kraft unterdrückt.      Das Bestreben meiner Regierung muß in Hinkunft auf die
Isolierung und Verkleinerung Serbiens gerichtet sein. Die erste
Etappe auf diesem Wege wäre in einer Stärkung der Stellung der
gegenwärtigen bulgarischen Regierung zu suchen, damit Bulgarien,
dessen reelle Interessen mit den unsrigen übereinstimmen, vor der
Rückkehr zur RussophiUe bewahrt bleibt.
     Wenn man in Bukarest erkennt, daß der Dreibund entschlossen
ist, auf einen Anschluß Bulgariens nicht zu verzichten, jedoch bereit
wäre, Bulgarien dazu zu veranlassen, sich mit Rumänien zu ver-
binden und dessen territoriale Integrität zu garantieren, so wird
man dort vielleicht von der gefähi liehen Richtung zurückkommen,
in welche man durch die Freundschaft mit Serbien und die Annähe-
rung an Rußland getrieben worden ist.
     Wenn dies gelingt, könnte der weitere Versuch gemacht werden,
Griechenland mit Bulgarien und der Türkei zu versöhnen, es würde
sich dann unter der Patronanz des Dreibundes ein neuer Balkanbund
bilden, dessen Ziel darin bestehen würde, dem Vordringen der pan-
slawistischen Hochflut ein Ziel zu setzen und unseren Ländern den
Frieden zu sichern.
     Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn Serbien, welches
gegenwärtig den Angelpunkt der panslawischen Politik bildet, als
politischer Machtfaktor am Balkan ausge- ehaltet wird.
     Auch Du wirst nach dem jüngsten furchtbaren Geschehnisse
in Bosnien die Überzeugung haben, daß an eine Versöhnung des
Gegensatzes, welcher Serbien von uns trennt, nicht mehr zu denken
ist, und daß die erhaltende Friedenspolitik aller europäischen Mo-
narchen bedroht sein wird, solange dieser Herd von verbrecherischer
Agitation in Belgrad ungestraft fortlebt.


1 Nach der bei den Akten befindlichen offiziellen Abschrift der k. u. k. Regierung, die nebst der unten (Nr. 14) abgedruckten Denkschrift am 5. Juli von österreichisch-ungarischer Seite dem Unterstaatssekretär Zimmermann überreicht worden war. Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 5. Juli. Am 6. Juli dem Botschafter in Wien abschriftlich mitgeteilt. Siehe außer- dem die Telegramme vom 6. Juli an die Vertretungen in Wien, Bukarest, Sofia und Rom Nr. 15, 16, 17 und 33. Siehe auch deutsches Weißbuch vom Juni 1919, Anlage V. 3.