Nr. 138. Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler, 24. Juli 1914: Difference between revisions

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<center><font size=4>'''Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler<sup>1</sup>'''</font></center>
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Geheim ! &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Wien, den 22. Juli 1914<sup>2</sup>  
Geheim ! &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Wien, den 22. Juli 1914<sup>2</sup> <br>


&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Baron Macchio bittet mich, nachstehendes Ew. Exz. zu  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Baron Macchio bittet mich, nachstehendes Ew. Exz. zu  
unterbreiten:  
unterbreiten: <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Nach den Haager Beschlüssen würde die Monarchie gehalten  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Nach den Haager Beschlüssen würde die Monarchie gehalten <br>
sein, evtl. an Serbien eine förmliche Kriegserklärung zu richten.  
sein, evtl. an Serbien eine förmliche Kriegserklärung zu richten. <br>
Diese Kriegserklärung würde nach vollendeter Mobilmachung, un-  
Diese Kriegserklärung würde nach vollendeter Mobilmachung, un- <br>
mittelbar vor dem Beginn der militärischen Operationen, zu  
mittelbar vor dem Beginn der militärischen Operationen, zu <br>
erfolgen haben. Nachdem der k. u. k. Vertreter in Serbien Be-  
erfolgen haben. Nachdem der k. u. k. Vertreter in Serbien Be- <br>
fehl erhalten hat, bei ungenügender Beantwortung der Note mit  
fehl erhalten hat, bei ungenügender Beantwortung der Note mit <br>
dem gesamten Personal sofort Belgrad zu verlassen, würde die  
dem gesamten Personal sofort Belgrad zu verlassen, würde die <br>
Monarchie später, zur Zeit der Kriegserklärung, kein offizielles  
Monarchie später, zur Zeit der Kriegserklärung, kein offizielles <br>
Organ haben, um diese in einwandfreier und sicherer Weise zur  
Organ haben, um diese in einwandfreier und sicherer Weise zur <br>
Kenntnis der sei bischen Regierung zu bringen. Man müßte auch  
Kenntnis der sei bischen Regierung zu bringen. Man müßte auch <br>
damit rechnen, daß zu dieser Zeit die telegraphische Verbindung  
damit rechnen, daß zu dieser Zeit die telegraphische Verbindung <br>
zwischen Österreich-Ungarn und Serbien unterbrochen sein  
zwischen Österreich-Ungarn und Serbien unterbrochen sein <br>
könnte; auch eine Beförderung durch die Post sei unsicher, und  
könnte; auch eine Beförderung durch die Post sei unsicher, und <br>
der richtige Empfang der Kriegserklärung könnte serbischerseits  
der richtige Empfang der Kriegserklärung könnte serbischerseits <br>
bestritten werden. Desgleichen würde sich die Übergabe der  
bestritten werden. Desgleichen würde sich die Übergabe der <br>
Kriegserklärung in Belgrad durch einen besonders zu entsendenden  
Kriegserklärung in Belgrad durch einen besonders zu entsendenden <br>
Beamten kaum ermöglichen lassen, da die Serben einen solchen  
Beamten kaum ermöglichen lassen, da die Serben einen solchen <br>
kaum über die Grenze lassen würden und die Sendung eines »Par-  
kaum über die Grenze lassen würden und die Sendung eines »Par- <br>
lamentärs« vor der eigentlichen Kriegserklärung völkerrechtlich  
lamentärs« vor der eigentlichen Kriegserklärung völkerrechtlich <br>
nicht statthaft ist.  
nicht statthaft ist. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Die k. u. k. Regierung fragt deshalb bei Ew. Exz. an, ob die  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Die k. u. k. Regierung fragt deshalb bei Ew. Exz. an, ob die <br>
k. Regierung es eventuell übernehmen würde, die von Graf Berch-  
k. Regierung es eventuell übernehmen würde, die von Graf Berch- <br>
told unterfertigte Kriegserklärung von Berlin aus durch den deut-  
told unterfertigte Kriegserklärung von Berlin aus durch den deut- <br>
schen Gesandten der serbischen Regierung zu übermitteln. Sollte  
schen Gesandten der serbischen Regierung zu übermitteln. Sollte <br>
die k. Regierung jedoch Bedenken tragen, diese Übermittelung zu  
die k. Regierung jedoch Bedenken tragen, diese Übermittelung zu <br>
übernehmen, so müßte irgendein anderer sicherer Weg ausfindig ge-  
übernehmen, so müßte irgendein anderer sicherer Weg ausfindig ge- <br>
macht werden<sup>3</sup>.  
macht werden<sup>3</sup>. <br>


v o n &nbsp; T s c h i r s c h k y  
v o n &nbsp; T s c h i r s c h k y <br>


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<sup>1</sup> Nach der Ausfertigung.  
<sup>1</sup> Nach der Ausfertigung. <br>
<sup>2</sup> Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 24. Juli vorm.  
<sup>2</sup> Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 24. Juli vorm. <br>
<sup>3</sup> Siehe Nr. 142.
<sup>3</sup> Siehe Nr. 142.

Revision as of 11:02, 26 May 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 138.


Nr. 138
Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler1


Geheim !                               Wien, den 22. Juli 19142

     Baron Macchio bittet mich, nachstehendes Ew. Exz. zu unterbreiten:
     Nach den Haager Beschlüssen würde die Monarchie gehalten
sein, evtl. an Serbien eine förmliche Kriegserklärung zu richten.
Diese Kriegserklärung würde nach vollendeter Mobilmachung, un-
mittelbar vor dem Beginn der militärischen Operationen, zu
erfolgen haben. Nachdem der k. u. k. Vertreter in Serbien Be-
fehl erhalten hat, bei ungenügender Beantwortung der Note mit
dem gesamten Personal sofort Belgrad zu verlassen, würde die
Monarchie später, zur Zeit der Kriegserklärung, kein offizielles
Organ haben, um diese in einwandfreier und sicherer Weise zur
Kenntnis der sei bischen Regierung zu bringen. Man müßte auch
damit rechnen, daß zu dieser Zeit die telegraphische Verbindung
zwischen Österreich-Ungarn und Serbien unterbrochen sein
könnte; auch eine Beförderung durch die Post sei unsicher, und
der richtige Empfang der Kriegserklärung könnte serbischerseits
bestritten werden. Desgleichen würde sich die Übergabe der
Kriegserklärung in Belgrad durch einen besonders zu entsendenden
Beamten kaum ermöglichen lassen, da die Serben einen solchen
kaum über die Grenze lassen würden und die Sendung eines »Par-
lamentärs« vor der eigentlichen Kriegserklärung völkerrechtlich
nicht statthaft ist.
     Die k. u. k. Regierung fragt deshalb bei Ew. Exz. an, ob die
k. Regierung es eventuell übernehmen würde, die von Graf Berch-
told unterfertigte Kriegserklärung von Berlin aus durch den deut-
schen Gesandten der serbischen Regierung zu übermitteln. Sollte
die k. Regierung jedoch Bedenken tragen, diese Übermittelung zu
übernehmen, so müßte irgendein anderer sicherer Weg ausfindig ge-
macht werden3.

v o n   T s c h i r s c h k y


1 Nach der Ausfertigung.
2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 24. Juli vorm.
3 Siehe Nr. 142.