View source for Nr. 15. Der Reichskanzler an den Botschafter in Wien, 6. Juli 1914

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<center>Nr. 15</center>

<center><font size=4>'''Der Reichskanzler an den Botschafter in Wien<sup>1</sup>'''</font></center><br>

Telegramm 113&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Berlin, den 6. Juli 1914<sup>2</sup> <br>
Geheim ! <br>

&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Zu Ew. Exz. persönhcher Orientierung. <br>

&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Der österreichisch-ungarische Botschafter hat Sr. M. gestern ein <br>
geheimes Handschreiben des Kaisers Franz Joseph überreicht<sup>3</sup> das die <br>
gegenwärtige Lage vom österreichisch-ungarischen Standpunkt dar- <br>
stellt und die seitens Wien ins Auge gefassten Maßnahmen entwickelt. <br>
Abschrift geht Ew. Exz. gleichzeitig zu. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Ich habe heute Graf Szögyeny im Allerhöchsten Auftrag er- <br>
widert, daß S. M. dem Kaiser Franz Joseph für das Schreiben danken<br> 
lasse und es alsbald persönlich beantworten werde. Unverzüglich <br>
wolle S. M. indes betonen, daß auch Er sich der Gefahr nicht ver- <br>
schließe, die Österreich-Ungarn und damit dem Dreibund aus der <br>
von russischen und serbischen Panslawisten betriebenen Agitation <br>
drohe. Wenngleich S. M. zu Bulgarien und seinem Herrscher bekannt- <br>
lich kein unbedingtes Vertrauen hege und naturgemäß mehr zum <br>
alten Bundesgenossen Rumänien und seinem Hohenzollernfürsten neige,<br> 
so verstehe Er doch, daß Kaiser Franz Joseph mit Rücksicht auf die <br>
Haltung<sup>4</sup> Rumäniens und die Gefahr der Gründung eines neuen<br> 
Balkanbundes mit direkter Spitze gegen die Donaumonarchie einen <br>
Anschluß Bulgariens an den Dreibund herbeizuführen wünsche. S. M. <br>
werde daher Seinen Gesandten in Sofia anweisen, die hierauf gerichteten <br>
Schritte des österreichisch-imgarischen Vertreters auf dessen Wunsch <br>
zu unterstützen. S. M. werde ferner im Sinne der Anregungen des <br>
Kaisers Franz Joseph Seine Bemühungen in Bukarest einsetzen, um <br>
König Carol zur Erfüllung seiner Bündnispflichten, zur Lossagung von <br>
Serbien und zur Unterdrückung der rumänischen Agitation gegen <br>
Österreich-Ungarn zu bewegen. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Was endlich Serbien anlange, so könne S. M. zu den zwischen <br>
Österreich-Ungarn und diesem Lande schwebenden Fragen naturgemäß <br>
keine Stellung nehmen, da sie sich Seiner Kompetenz entzögen. <br>
Kaiser Franz Joseph könne sich aber darauf verlassen, daß S. M. im <br>
Einklang mit seinen Bündnispflichten und seiner alten Freundschaft<sup>5</sup> <br>
treu an Seite Österreich-Ungarns stehen werde. <br>

&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;B e t h m a n n &nbsp; H o l l w e g 

<hr>
<sup>1</sup> Nach dem Konzept. Entwurf von der Hand Zimmermanns, mit einigen <br>
Änderungen des Reichskanzlers. Siehe auch deutsches Weißbuch vom <br>
Juni 1919 Anlage IV. 5. <br>
<sup>2</sup> nachm. zum Haupttelegraphenamt. <br>
<sup>3</sup> Siehe [[Nr. 13. Der Kaiser von Österreich an den Kaiser, 5. Juli 1914|Nr. 13]] und [[Nr. 18. Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt, 7. Juli 1914|18]] Anm. 4. <br>
<sup>4</sup> Im Entwurf ursprünglich: „leider offenbar gewordene Unzuverlässigkeit", <br>
vom Reichskanzler geändert in: Haltung. <br>
<sup>5</sup> Im Entwurf hier folgendes : „unter allen Umständen", vom Reichskanzler <br>
gestrichen. <br>

[[Category:Documents dated 1914-07-06]]