Nr. 157. Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt, 25. Juli 1914: Difference between revisions

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Nr. 157  
<center>Nr. 157</center>


Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt^
<center><font size=4>'''Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt<sup>1</sup>'''</font></center>


Telegramm 151 London, den 24. JuH 1914^
Telegramm 151&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; London, den 24. Juli 1914<sup>2</sup>


Sir E. Grey heß mich soeben zu sich bitten.  
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Der Minister war sichtlich stark unter Eindruck der  
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österreichischen Note, die seiner Ansicht nach alles  
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überträfe, was er bisher in dieser Art jemals^ ge-  
<br><br><br><br><br><br><br><br><br><br><br>
sehen habe. Er sagte, er habe bisher keine Nach-  
<i>das wäre sehr er-<br>
richt aus Petersburg und wisse daher nicht, wie  
wünscht. Es ist kein<br>
man dort die Sache auffasse. Er bezweifelt aber  
Staat im Europ. <br>
sehr, daß es der russischen Regierung mögUch sein  
Sinne, sondern eine<br>
werde, der serbischen [Regierung] * die bedingungs-  
Räuberbande !<br>
lose Annahme der österreichischen Forderungen  
<br><br><br><br>
anzuempfehlen. Ein Staat, der so etwas annehme,  
richtig<br>
das wäre sehr er- höre doch eigenthch auf, als selbständiger Staat zu  
<br><br><br><br>
wünscht. Es ist kein zählen. Es sei für ihn, Sir E. Grey, auch schwer,  
richtig<br>
Staat im Eiirop. -^^ diesem Augenblick in Petersburg irgendwelche  
sind eben keine !<br>
^'"muberbande'"' Ratschläge zu geben. Er könne nur fw/Jen, daß  
<br>
dort eine milde ^ und ruhige Auffassung der Lage  
richtig<br>
Platz greife. Solange es sich um einen, wie Ew.  
<br><br>
Exz in dem von mir Sir E. Gray gegenüber ver-  
dann sind die<br>
werteten Erlaß 1055* betonen, lokahsierten Streit  
Russen eben auch<br>
zwischen Österreich [und]' Serbien handele, ginge  
nicht besser<br>
richtig ihn, Sir E. Grey, die Sache nichts an, anders würde  
das wird sicher<br>
kommen<br>
<br>
er vergißt Italien<br>
<br><br><br><br><br><br><br><br><br><br><br>
nutzlos<br>
<br><br><br><br><br><br>
<p style="line-height:100%;"><font size=2>ist überflüssig ! Da<br>
Österreich Ruß-<br>
land schon orien-<br>
tiert hat, und Grey<br>
ja nichts anderes<br>
vorschlagen kann.<br>
Ich tue nicht mit,<br>
nur wenn Öster-<br>
reich mich aus-<br>
drücklich darum<br>
bittet, was nicht<br>
wahrscheinlich<sup>13</sup>. In<br>
Ehren- und <u>vitalen</u><br>
Fragen konsultiert<br>
man Andere nicht.<br></font></p>
<br><br>
Unsinn<br>
<br>
er kann England<br>
Persien bringen<br></i>
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&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Sir E. Grey heß mich soeben zu sich bitten. <br>
Der Minister war sichtlich stark unter Eindruck der <br>
österreichischen Note, die seiner Ansicht nach alles <br>
überträfe, was er bisher in dieser Art jemals<sup>3</sup> ge- <br>
sehen habe. Er sagte, er habe bisher keine Nach- <br>
richt aus Petersburg und wisse daher nicht, wie <br>
man dort die Sache auffasse. Er bezweifelt aber <br>
sehr, daß es der russischen Regierung möglich sein <br>
werde, der serbischen [Regierung]<sup>4</sup> die bedingungs- <br>
lose Annahme der österreichischen Forderungen <br>
anzuempfehlen. Ein Staat, der so etwas annehme, <br>
höre doch eigentlich auf, als selbständiger Staat zu <br>
zählen. Es sei für ihn, Sir E. Grey, auch schwer, <br>
in diesem Augenblick in Petersburg irgendwelche <br>
Ratschläge zu geben. Er könne nur fw/Jen, daß <br>
dort eine <i>milde</i><sup>5</sup> und ruhige Auffassung der Lage <br>
Platz greife. Solange es sich um einen, wie Ew. <br>
Exz in dem von mir Sir E. Gray gegenüber ver- <br>
werteten Erlaß 1055<sup>6</sup> betonen, lokalisierten Streit <br>
zwischen Österreich [und]<sup>7</sup> Serbien handele, ginge <br>
ihn, Sir E. Grey, die Sache nichts an, anders würde <br>
die Frage aber, wenn die öffentliche Meinung in <br>
Rußland die Regierung zwinge, gegen Österreich <br>
vorzugehen. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Auf meine Bemerkung, daß man die Balkan- <br>
völker nicht mit demselben Maßstabe messen dürfe <br>
wie europäische Kulturvölker, und daß man daher <br>
ihnen gegenüber, das habe schon die barbarische <br>
Art ihrer Kriegführung gezeigt, eine andere Sprache <br>
führen müsse, wie etwa gegen Briten und Deutsche, <br>
entgegnete der, Minister, daß, wenn auch er diese <br>
Auffassung vielleicht teilen [könne,]<sup>8</sup> er doch nicht <br>
glaube, daß sie in Rußland geteilt werde. Die <br>
Gefahr eines europäischen Krieges sei, falls Österreich <br>
serbischen Boden betrete, in nächste Nähe gerückt. <br>
Die Folgen eines solchen Kriegs zu vier, er betonte <br>
ausdrücklich die Zahl vier, und meinte damit <br>
Rußland, Österreich-Ungarn, Deutschland und <br>
Frankreich, seien vollkommen<sup>9</sup> unabsehbar. Wie <br>
auch immer die Sache verlaufe, eines sei sicher, <br>
daß nämlich eine gänzliche Erschöpfung und Ver- <br>
armung Platz greife, Industrie und Handel ver- <br>
nichtet und die Kapitalkraft zerstört würde. Revo- <br>
lutionäre Bewegungen wie im Jahre 1848 infolge <br>
der damiederliegenden Erwerbstätigkeit würden die <br>
Folge sein<sup>10</sup>. Was Sir E. Grey am meisten beklagt, <br>
neben dem Ton der Note, ist die kurze Befristung, <br>
die den Krieg beinahe unvermeidlich mache. Er <br>
sagte mir, er würde bereit sein, mit uns zusammen<sup>12</sup> <br>
im Sinne einer Fristverlängerung in Wien vorstellig <br>
zu werden, da sich dann vielleicht ein Anstieg<sup>13</sup> <br>
finden lasse. Er bat mich, diesen Vorschlag Ew. <br>
Exz. zu übermitteln. Femer regte er an, daß für <br>
den Fall einer gefährlichen Spannung zwischen Rußland <br>
und Österreich, die vier nicht unmittelbar beteiligten <br>
Staaten England, Deutschland, Frankreich und Italien <br>
zwischen Rußland und Österreich-Ungarn die Ver- <br>
mittlung übernehmen sollen. Auch diesen Vorschlag <br>
bat er mich, Ew. Exz. zu unterbreiten. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Der Minister ist sichtlich bestrebt, alles zu tun, <br>
um einer europäischen Verwicklung vorzubeugen, <br>
und konnte sein lebhaftes Bedauern über den heraus- <br>
fordernden Ton der österreichischen Note und die <br>
Befristung nicht verhehlen. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Von anderer Seite wird mir im Foreign Office <br>
gesagt, daß man Grund zur Annahme habe, daß <br>
Österreich die Widerstandskraft Serbiens sehr unter- <br>
Schatze. Es werde auf jeden Fall ein langwieriger, <br>
erbitterter Kampf werden, der Österreich ungemein <br>
schwächen und an dem es sich verbluten werde. <br>
Auch will man wissen, daß die Haltung Rumäniens <br>
mehr als ungewiß sei, und daß man in Bukarest <br>
erklärt hätte, man würde gegen jeden sein, der <br>
angriffe. <br>


die Frage aber, wenn die öffentUche Meinung in
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;L i c h n o w s k y
Rußland die Regierung zwinge, gegen Österreich
|}
vorzugehen.


Auf meine Bemerkung, daß man die Balkan-
<hr>
 
<sup>1</sup> Nach der Entzifferung. <br>
richiig Völker nicht mit demselben Maßstabe messen dürfe
<sup>2</sup> Autgegeben in London 24. Juli 9<sup>12</sup> nachm., angekommen im Auswärtigen <br>
 
Amt 25. Juli 1<sup>16</sup> vorm., Eingangsvermerk: 25. Juli vorm. Am 25. Juli von <br>
sind eben keine! wie europäische Kulturvölker, und daß man daher
Jagow nach Vornahme kleiner Änderungen und unter Fortlassung der <br>
 
Sätze »wie Ew. Exz . . . . . . . . . . betonen« und »Auch will man <br>
ihnen gegenüber, das habe schon die barbarische
der Angriffe«, telegraphisch dem Kaiser mitgeteilt, zum Haupttelegraphen- <br>
 
amt 25. Juli 2<sup>0</sup> nachm., angekommen im Hoflager 26. Juli 3<sup>45</sup> nachm. Ent- <br>
richtig Art ihrer Kriegführung gezeigt, eine andere Sprache
zifferung des Hof lagers am 26. Juli vom Kaiser zurückgegeben, war am <br>
 
27. Juli im Auswärtigen Amt. Desgleichen am 25. Juli von Jagow unter <br>
führen müsse, wie etwa gegen Briten und Deutsche,
Fortlassung der Sätze »wie Ew. Exz . . . . . . . . . . . betonen« und «Von anderer <br>
 
Seite . . . . . . . . . . der Angriffe« telegraphisch den Botschaftern in Rom, St. <br>
entgegnete der, Minister, daß, wenn auch er diese
Petersburg und Paris mitgeteilt, Telegramme 4<sup>0</sup> nachm. zum Haupttele- <br>
 
graphenamt. Über gleichzeitige Mitteilung an den Botschafter in Wien <br>
dann sind die Auffassung vielleicht teilen [könne,] ^ er doch nicht
siehe [[Nr. 171. Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Botschafter in Wien, 25. Juli 1914|Nr. 171]]. <br>
 
<sup>3</sup> »jemals« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen. <br>
Russeneben auch glaube, daß sie in Rußland geteilt werde. Die
<sup>4</sup> Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt. <br>
 
<sup>5</sup> Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers. <br>
nicht besser Gefahr eines europäischen Krieges sei, falls Österreich
<sup>6</sup> Siehe [[Nr. 100. Der Reichskanzler an die Botschafter in Petersburg, Paris und London, 21. und 22. Juli 1914|Nr. 100]]. <br>
 
<sup>7</sup> Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt. <br>
das wird sicher serbischen Boden betrete, in nächste Nähe gerückt.
<sup>8</sup> Zifferngruppe verstümmelt, von Jagow sinngemäß ergänzt. <br>
 
<sup>9</sup> »vollkommen« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen. <br>
kommen Die Folgen eines solchen Kriegs zu vier, er betonte
<sup>10</sup> Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers. <br>
 
<sup>11</sup> Die Worte »mit uns zusammen« von Jagow im Telegramm an den Kaiser <br>
ausdrücklich die Zahl vier, und meinte damit
fortgelassen. <br>
 
<sup>12</sup> Am Rand Fragezeichen und 2 Ausrufungszeichen des Kaisers. <br>
er vergißt Italien Rußland, Österreich-Ungarn, Deutschland und
<sup>13</sup> Der Satz: »Ich tue nicht mit . . . . . . . . . . . wahrscheinlich« wurde bereits am <br>
 
26. Juli von G. Wedel durch Funkspruch über Norddeich dem Auswärtigen <br>
Frankreich, seien vollkommen* unabsehbar. Wie
Amt mitgeteilt; Telegramm abgelassen von Bord der »Hohenzollern« <br>
 
26. Juli 11<sup>12</sup> nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 27. Juli 12<sup>7</sup> vorm. ; <br>
auch immer die Sache verlaufe, eines sei sicher,
Eingangsvermerk des Amts: 27, Juli vorm.<br>
 
daß nämlich eine gänzliche Erschöpfung und Ver-
 
armmig Platz greife, Industrie und Handel ver-
 
 
nichtet und die Kapitalkraft zerstört würde. Revo-
lutionäre Bewegungen wie im Jahre 1848 infolge
der damiederliegenden Erwerbstätigkeit würden die
Folge sein^°. Was Sir E. Grey am meisten beklagt,
neben dem Ton der Note, ist die kurze Befristung,
die den Krieg beinahe unvermeidlich mache. Er
sagte mir, er würde bereit sein, mit uns zusammen ^^
nutzlos im Sinne einer Fristverlängerung in Wien vorstellig
 
zu werden, da sich dann vielleicht ein Anstieg ^'^
finden lasse. Er bat mich, diesen Vorschlag Ew.
Exz. zu übermitteln. Femer regte er an, daß für
den Fall einer gefährüchen Spannung zwischen Rußland
und Österreich, die vier nicht unmittelbar beteihgten
Staaten England, Deutschland, Frankreich und Italien
ist überflüssig ! Da zwischen Rußland und Ost erreich- Ungarn die Ver-
Österreich Ruß- mittlung übernehmen sollen. Auch diesen Vorschlag
land schon orien- bat er mich, Ew. Exz. zu unterbreiten.
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vorschlagen kann, um einer europäischen Verwicklung vorzubeugen,
Ich tue nicht mit, und konnte sein lebhaftes Bedauern über den heraus-
nur wenn Oster- fordernden Ton der österreichischen Note und die
drücklicT daTum ^^^^^ Befristung nicht verhehlen.
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mati Andere nicht. Schatze. Es werde auf jeden I'all ein langwieriger,
 
erbitterter Kampf werden, der Österreich ungemein
Unsinn schwächen und an dem es sich verbluten werde.
 
Auch will man wissen, daß die Haltung Rumäniens
er kann England mehr als ungewiß sei, und daß man in Bukarest
Persien bringen erklärt hätte, man würde gegen jeden sein, der
 
angriffe.
 
Lichnowsky
 
* Nach der Entzifferung.  
 
* Autgegeben in London 24. Juli 912 nachm., angekommen im Auswärtigen  
Amt 25. Juli i^*'vorm., Eingangsvermerk: 25. Juli vorm. Am 25. Juli von  
Jagow nach Vornahme kleiner Änderungen und unter Fortlassung der  
 
Sätze »wie Ew. Exz betonen« und »Auch will man  
 
der Angriffe«, telegraphisch dem Kaiser mitgeteilt, zum Haupttelegraphen-  
amt 25. Juli nachm., angekommen im Hoflager 26. Juli 3*= nachm. Ent-  
zifferung des Hof lagers am 26. Juli vom Kaiser zurückgegeben, war am  
27. Juli im Auswärtigen Amt. Desgleichen am 25. Juli von Jagow unter  
 
Fortlassung der Sätze »wie Ew. Exz betonen« und «Von anderer  
 
Seite der Angriffe« telegraphisch den Botschaftern in Rom, St.  
 
Petersburg und Paris mitgeteilt, Telegramme 4*^ nachm. zum Haupttele-  
graphenamt. Über gleichzeitige Mitteilung an den Botschafter in Wien  
siehe Nr. 171.  
 
 
^ »jemals« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen.  
 
* Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt.  
 
* Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers.  
^ Siehe Nr. 100.  
 
'' Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt.  
 
* Zifferngruppe verstümmelt, von Jagow sinngemäß ergänzt.  
 
' »vollkommen« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen.  
 
 
 
 
'" Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers.  
 
'• Die Worte »mit uns zusammen 1 von Jagow im Telegramm an den Kaiser  
fortgelassen.  
 
^^ Am Rand Fragezeichen und 2 Ausrufungszeichen des Kaisers.  
 
'' Der Satz: »Ich tue nicht mit wahrscheinlich« wurde bereits am  
 
26. Juli von G. Wedel durch Funkspruch über Norddeich dem Auswärtigen  
Amt mitgeteilt; Telegramm abgelassen von Bord der »Hohenzollern •
26. Juli 1 1'"-* nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 27. Juli 12^ vorm. ;  
Eingangsvermerk des Amts: 27, Juli vorm.

Latest revision as of 12:18, 10 June 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 157.


Nr. 157
Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt1

Telegramm 151                               London, den 24. Juli 19142












das wäre sehr er-
wünscht. Es ist kein
Staat im Europ.
Sinne, sondern eine
Räuberbande !




richtig




richtig
sind eben keine !

richtig


dann sind die
Russen eben auch
nicht besser
das wird sicher
kommen

er vergißt Italien











nutzlos






ist überflüssig ! Da
Österreich Ruß-
land schon orien-
tiert hat, und Grey
ja nichts anderes
vorschlagen kann.
Ich tue nicht mit,
nur wenn Öster-
reich mich aus-
drücklich darum
bittet, was nicht
wahrscheinlich13. In
Ehren- und vitalen
Fragen konsultiert
man Andere nicht.



Unsinn

er kann England
Persien bringen

     Sir E. Grey heß mich soeben zu sich bitten.
Der Minister war sichtlich stark unter Eindruck der
österreichischen Note, die seiner Ansicht nach alles
überträfe, was er bisher in dieser Art jemals3 ge-
sehen habe. Er sagte, er habe bisher keine Nach-
richt aus Petersburg und wisse daher nicht, wie
man dort die Sache auffasse. Er bezweifelt aber
sehr, daß es der russischen Regierung möglich sein
werde, der serbischen [Regierung]4 die bedingungs-
lose Annahme der österreichischen Forderungen
anzuempfehlen. Ein Staat, der so etwas annehme,
höre doch eigentlich auf, als selbständiger Staat zu
zählen. Es sei für ihn, Sir E. Grey, auch schwer,
in diesem Augenblick in Petersburg irgendwelche
Ratschläge zu geben. Er könne nur fw/Jen, daß
dort eine milde5 und ruhige Auffassung der Lage
Platz greife. Solange es sich um einen, wie Ew.
Exz in dem von mir Sir E. Gray gegenüber ver-
werteten Erlaß 10556 betonen, lokalisierten Streit
zwischen Österreich [und]7 Serbien handele, ginge
ihn, Sir E. Grey, die Sache nichts an, anders würde
die Frage aber, wenn die öffentliche Meinung in
Rußland die Regierung zwinge, gegen Österreich
vorzugehen.
     Auf meine Bemerkung, daß man die Balkan-
völker nicht mit demselben Maßstabe messen dürfe
wie europäische Kulturvölker, und daß man daher
ihnen gegenüber, das habe schon die barbarische
Art ihrer Kriegführung gezeigt, eine andere Sprache
führen müsse, wie etwa gegen Briten und Deutsche,
entgegnete der, Minister, daß, wenn auch er diese
Auffassung vielleicht teilen [könne,]8 er doch nicht
glaube, daß sie in Rußland geteilt werde. Die
Gefahr eines europäischen Krieges sei, falls Österreich
serbischen Boden betrete, in nächste Nähe gerückt.
Die Folgen eines solchen Kriegs zu vier, er betonte
ausdrücklich die Zahl vier, und meinte damit
Rußland, Österreich-Ungarn, Deutschland und
Frankreich, seien vollkommen9 unabsehbar. Wie
auch immer die Sache verlaufe, eines sei sicher,
daß nämlich eine gänzliche Erschöpfung und Ver-
armung Platz greife, Industrie und Handel ver-
nichtet und die Kapitalkraft zerstört würde. Revo-
lutionäre Bewegungen wie im Jahre 1848 infolge
der damiederliegenden Erwerbstätigkeit würden die
Folge sein10. Was Sir E. Grey am meisten beklagt,
neben dem Ton der Note, ist die kurze Befristung,
die den Krieg beinahe unvermeidlich mache. Er
sagte mir, er würde bereit sein, mit uns zusammen12
im Sinne einer Fristverlängerung in Wien vorstellig
zu werden, da sich dann vielleicht ein Anstieg13
finden lasse. Er bat mich, diesen Vorschlag Ew.
Exz. zu übermitteln. Femer regte er an, daß für
den Fall einer gefährlichen Spannung zwischen Rußland
und Österreich, die vier nicht unmittelbar beteiligten
Staaten England, Deutschland, Frankreich und Italien
zwischen Rußland und Österreich-Ungarn die Ver-
mittlung übernehmen sollen. Auch diesen Vorschlag
bat er mich, Ew. Exz. zu unterbreiten.
     Der Minister ist sichtlich bestrebt, alles zu tun,
um einer europäischen Verwicklung vorzubeugen,
und konnte sein lebhaftes Bedauern über den heraus-
fordernden Ton der österreichischen Note und die
Befristung nicht verhehlen.
     Von anderer Seite wird mir im Foreign Office
gesagt, daß man Grund zur Annahme habe, daß
Österreich die Widerstandskraft Serbiens sehr unter-
Schatze. Es werde auf jeden Fall ein langwieriger,
erbitterter Kampf werden, der Österreich ungemein
schwächen und an dem es sich verbluten werde.
Auch will man wissen, daß die Haltung Rumäniens
mehr als ungewiß sei, und daß man in Bukarest
erklärt hätte, man würde gegen jeden sein, der
angriffe.

                                                            L i c h n o w s k y


1 Nach der Entzifferung.
2 Autgegeben in London 24. Juli 912 nachm., angekommen im Auswärtigen
Amt 25. Juli 116 vorm., Eingangsvermerk: 25. Juli vorm. Am 25. Juli von
Jagow nach Vornahme kleiner Änderungen und unter Fortlassung der
Sätze »wie Ew. Exz . . . . . . . . . . betonen« und »Auch will man
der Angriffe«, telegraphisch dem Kaiser mitgeteilt, zum Haupttelegraphen-
amt 25. Juli 20 nachm., angekommen im Hoflager 26. Juli 345 nachm. Ent-
zifferung des Hof lagers am 26. Juli vom Kaiser zurückgegeben, war am
27. Juli im Auswärtigen Amt. Desgleichen am 25. Juli von Jagow unter
Fortlassung der Sätze »wie Ew. Exz . . . . . . . . . . . betonen« und «Von anderer
Seite . . . . . . . . . . der Angriffe« telegraphisch den Botschaftern in Rom, St.
Petersburg und Paris mitgeteilt, Telegramme 40 nachm. zum Haupttele-
graphenamt. Über gleichzeitige Mitteilung an den Botschafter in Wien
siehe Nr. 171.
3 »jemals« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen.
4 Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt.
5 Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers.
6 Siehe Nr. 100.
7 Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt.
8 Zifferngruppe verstümmelt, von Jagow sinngemäß ergänzt.
9 »vollkommen« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen.
10 Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers.
11 Die Worte »mit uns zusammen« von Jagow im Telegramm an den Kaiser
fortgelassen.
12 Am Rand Fragezeichen und 2 Ausrufungszeichen des Kaisers.
13 Der Satz: »Ich tue nicht mit . . . . . . . . . . . wahrscheinlich« wurde bereits am
26. Juli von G. Wedel durch Funkspruch über Norddeich dem Auswärtigen
Amt mitgeteilt; Telegramm abgelassen von Bord der »Hohenzollern« 
26. Juli 1112 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 27. Juli 127 vorm. ;
Eingangsvermerk des Amts: 27, Juli vorm.