Nr. 157. Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt, 25. Juli 1914

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Nr. 157
Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt1

Telegramm 151 London, den 24. Juli 19142

das wäre sehr er- wünscht. Es ist kein Staat im Europ. Sinne, sondern eine Räuberbande !

richtig

richtig sind eben keine !

richtig


dann sind die Russen eben auch nicht besser das wird sicher kommen

er vergißt Italien

nutzlos

ist überflüssig ! Da Österreich Ruß- land schon orien- tiert hat, und Grey ja nichts anderes vorschlagen kann. Ich tue nicht mit, nur wenn Öster- drücklich darum bittet, was nicht wahrscheinlich13. In Ehren- und vitalen Fragen konsultiert man Andere nicht.



Unsinn

er kann England Persien bringen

Sir E. Grey heß mich soeben zu sich bitten. Der Minister war sichtlich stark unter Eindruck der österreichischen Note, die seiner Ansicht nach alles überträfe, was er bisher in dieser Art jemals^ ge- sehen habe. Er sagte, er habe bisher keine Nach- richt aus Petersburg und wisse daher nicht, wie man dort die Sache auffasse. Er bezweifelt aber sehr, daß es der russischen Regierung mögUch sein werde, der serbischen [Regierung] * die bedingungs- lose Annahme der österreichischen Forderungen anzuempfehlen. Ein Staat, der so etwas annehme, höre doch eigenthch auf, als selbständiger Staat zu zählen. Es sei für ihn, Sir E. Grey, auch schwer, in diesem Augenblick in Petersburg irgendwelche Ratschläge zu geben. Er könne nur fw/Jen, daß dort eine milde ^ und ruhige Auffassung der Lage Platz greife. Solange es sich um einen, wie Ew. Exz in dem von mir Sir E. Gray gegenüber ver- werteten Erlaß 1055* betonen, lokahsierten Streit zwischen Österreich [und]' Serbien handele, ginge ihn, Sir E. Grey, die Sache nichts an, anders würde die Frage aber, wenn die öffentUche Meinung in Rußland die Regierung zwinge, gegen Österreich vorzugehen.

Auf meine Bemerkung, daß man die Balkan- Völker nicht mit demselben Maßstabe messen dürfe wie europäische Kulturvölker, und daß man daher ihnen gegenüber, das habe schon die barbarische Art ihrer Kriegführung gezeigt, eine andere Sprache führen müsse, wie etwa gegen Briten und Deutsche, entgegnete der, Minister, daß, wenn auch er diese Auffassung vielleicht teilen [könne,] ^ er doch nicht glaube, daß sie in Rußland geteilt werde. Die Gefahr eines europäischen Krieges sei, falls Österreich serbischen Boden betrete, in nächste Nähe gerückt. Die Folgen eines solchen Kriegs zu vier, er betonte ausdrücklich die Zahl vier, und meinte damit Rußland, Österreich-Ungarn, Deutschland und Frankreich, seien vollkommen* unabsehbar. Wie auch immer die Sache verlaufe, eines sei sicher, daß nämlich eine gänzliche Erschöpfung und Ver- armmig Platz greife, Industrie und Handel ver- nichtet und die Kapitalkraft zerstört würde. Revo- lutionäre Bewegungen wie im Jahre 1848 infolge der damiederliegenden Erwerbstätigkeit würden die Folge sein^°. Was Sir E. Grey am meisten beklagt, neben dem Ton der Note, ist die kurze Befristung, die den Krieg beinahe unvermeidlich mache. Er sagte mir, er würde bereit sein, mit uns zusammen ^^

#im Sinne einer Fristverlängerung in Wien vorstellig 

zu werden, da sich dann vielleicht ein Anstieg ^'^ finden lasse. Er bat mich, diesen Vorschlag Ew. Exz. zu übermitteln. Femer regte er an, daß für den Fall einer gefährüchen Spannung zwischen Rußland und Österreich, die vier nicht unmittelbar beteihgten Staaten England, Deutschland, Frankreich und Italien zwischen Rußland und Ost erreich- Ungarn die Ver-

mittlung übernehmen sollen. Auch diesen Vorschlag 
bat er mich, Ew. Exz. zu unterbreiten. 


Minister ist sichtlich bestrebt, alles zu tun,

um einer europäischen Verwicklung vorzubeugen, und konnte sein lebhaftes Bedauern über den heraus- fordernden Ton der österreichischen Note und die Befristung nicht verhehlen. Von anderer Seite wird mir im Foreign Office gesagt, daß man Grund zur Annahme habe, daß Österreich die Widerstandskraft Serbiens sehr unter- Schatze. Es werde auf jeden I'all ein langwieriger, erbitterter Kampf werden, der Österreich ungemein schwächen und an dem es sich verbluten werde. Auch will man wissen, daß die Haltung Rumäniens mehr als ungewiß sei, und daß man in Bukarest erklärt hätte, man würde gegen jeden sein, der angriffe.

Lichnowsky

1 Nach der Entzifferung.

2 Autgegeben in London 24. Juli 912 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 25. Juli i^*'vorm., Eingangsvermerk: 25. Juli vorm. Am 25. Juli von Jagow nach Vornahme kleiner Änderungen und unter Fortlassung der Sätze »wie Ew. Exz betonen« und »Auch will man der Angriffe«, telegraphisch dem Kaiser mitgeteilt, zum Haupttelegraphen- amt 25. Juli 2° nachm., angekommen im Hoflager 26. Juli 3*= nachm. Ent- zifferung des Hof lagers am 26. Juli vom Kaiser zurückgegeben, war am 27. Juli im Auswärtigen Amt. Desgleichen am 25. Juli von Jagow unter Fortlassung der Sätze »wie Ew. Exz betonen« und «Von anderer Seite der Angriffe« telegraphisch den Botschaftern in Rom, St. Petersburg und Paris mitgeteilt, Telegramme 4*^ nachm. zum Haupttele- graphenamt. Über gleichzeitige Mitteilung an den Botschafter in Wien siehe Nr. 171. 3 »jemals« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen. 4 Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt. 5 Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers. 6 Siehe Nr. 100. 7 Zifferngruppe fehlt, von Jagow sinngemäß ergänzt. 8 Zifferngruppe verstümmelt, von Jagow sinngemäß ergänzt. 9 »vollkommen« von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen. 10 Am Rand Ausrufungszeichen des Kaisers. 11 Die Worte »mit uns zusammen 1 von Jagow im Telegramm an den Kaiser fortgelassen. 12 Am Rand Fragezeichen und 2 Ausrufungszeichen des Kaisers. 13 Der Satz: »Ich tue nicht mit wahrscheinlich« wurde bereits am 26. Juli von G. Wedel durch Funkspruch über Norddeich dem Auswärtigen Amt mitgeteilt; Telegramm abgelassen von Bord der »Hohenzollern • 26. Juli 1 1'"-* nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 27. Juli 12^ vorm. ; Eingangsvermerk des Amts: 27, Juli vorm.