Nr. 27. Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler, 10. Juli 1914: Difference between revisions

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&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Die in der gestrigen Abendnummer der »Neuen <br>
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wie ich von dem auf der Botschaft verkehrenden <br>
wie ich von dem auf der Botschaft verkehrenden <br>
Korrespondenten der »Neuen Freien Presse« höre, <br>
Korrespondenten der »Neuen Freien Presse« höre, <br>
von der hiesigen russischen Botschaft inspiiHert. <br>
von der <i>hiesigen russischen Botschaft inspiriert.</i> <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Er sei telephonisch auf die Botschaft zitiert <br>
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worden, wo ihn ein Sekretär im Auftrage des Bot- <br>
worden, wo ihn ein Sekretär im Auftrage des Bot- <br>
schafters empfangen habe. Abgesehen von der vor- <br>
schafters empfangen habe. Abgesehen von der vor- <br>
erwähnten Veröffentlichung sei noch bemerkt worden, <br>
erwähnten Veröffentlichung sei noch bemerkt worden, <br>
daß Rußland äner Beeinträchtigung^ der politischen <br>
daß Rußland einer <i>Beeinträchtigung der politischen <br>
Selbständigkeit Serbiens nicht ruhig werde -{usehen <br>
Selbständigkeit Serbiens nicht ruhig werde zusehen <br>
können. Auf die Frage des Korrespondenten, ob <br>
können.</i> Auf die Frage des Korrespondenten, ob <br>
die »Neue Freie Presse« auch diese Bemerkung <br>
die »Neue Freie Presse« auch diese Bemerkung <br>
bringen solle, sei ihm verneinend geantwortet worden.<br>  
bringen solle, <i>sei ihm verneinend</i> geantwortet worden.<br>  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Wie mir der Korrespondent weiter sagte, habe <br>
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er bei Herrn Benedikt schon seinen Einfluß dahin <br>
er bei Herrn Benedikt schon seinen Einfluß dahin <br>
geltend gemacht, damit die »Neue Freie Presse« nicht<br>  
geltend gemacht, damit die »Neue Freie Presse« nicht<br>  
in das während der Balkankrise beliebte Gejammere <br>
in das während der Balkankrise <i>beliebte Gejammere</i> <br>
über etwaige russische Angriffspläne verfalle. Der <br>
über etwaige <i>russische Angriffspläne</i> verfalle. Der <br>
heutige Morgenartikel des Blattes war gemäßigt ge- <br>
heutige Morgenartikel des Blattes war gemäßigt ge- <br>
halten. <br>
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<sup>1</sup> Nach der Ausfertigung. <br>
<sup>2</sup> Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 10. Juli vorm. Bericht lag dem <br>
Kaiser vor, von ihm am 13. Juli zurückgegeben, am 16. Juli wieder im <br>
Amt. Gemäß kaiserlicher Randverfügung am 21. Juli der Botschaft in <br>
St. Petersburg mitgeteilt. <br>
<sup>3</sup> Der Artikel lautete: »Wie uns von besonderer Seite mitgeteilt wird, sind <br>
in Rußland alle Kreise einig in der Verurteilung des Attentats in Sarajevo. <br>
Die vielfach in der österreichisch-ungarischen Presse veröffentlichte An- <br>
schauung, als ob Rußland dagegen protestieren würde, wenn Österreich- <br>
Ungarn von Serbien eine Untersuchung in Belgrad verlangte, entbehrt <br>
jeglicher Begründung. Das monarchische Prinzip hat im Zarenreiche so <br>
starke Geltung, daß es ganz natürhch erscheint, daß Rußland einen solchen <br>
Schritt Österreich- Ungarns nie mißbilligen würde.« <br>




 
[[Category:Documents dated 1914-07-08]]
<sup>1</sup> Nach der Ausfertigung.
 
<sup>2</sup> Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 10. Juli vorm. Bericht lag dem
Kaiser vor, von ihm am 13. Juli zurückgegeben, am 16. Juli wieder im
Amt. Gemäß kaiserlicher Randverfügung am 21. Juli der Botschaft in
St. Petersburg mitgeteilt.
 
<sup>3</sup> Der Artikel lautete: »Wie uns von besonderer Seite mitgeteilt wird, sind
in Rußland alle Kreise einig in der Verurteilung des Attentats in Sarajevo.
Die vielfach in der österreichisch-ungarischen Presse veröffentlichte An-
schauung, als ob Rußland dagegen protestieren würde, wenn Österreich-  
Ungarn von Serbien eine Untersuchung in Belgrad verlangte, entbehrt
jeglicher Begründung. Das monarchische Prinzip hat im Zarenreiche so
starke Geltung, daß es ganz natürhch erscheint, daß Rußland einen solchen
Schritt Österreich- Ungarns nie mißbilligen würde.«
 
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WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 27.


Nr. 27
Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler1



















aha !

                                             Wien, den 8. Juli 19142

     Die in der gestrigen Abendnummer der »Neuen
Freien Presse« (Nr. 17911) an der Spitze des Blattes
erschienene Mitteilung »von besonderer Seite über
die russische Auffassung von den österreichisch-
ungarischen Schritten anläßlich des Attentats3« ist,
wie ich von dem auf der Botschaft verkehrenden
Korrespondenten der »Neuen Freien Presse« höre,
von der hiesigen russischen Botschaft inspiriert.
     Er sei telephonisch auf die Botschaft zitiert
worden, wo ihn ein Sekretär im Auftrage des Bot-
schafters empfangen habe. Abgesehen von der vor-
erwähnten Veröffentlichung sei noch bemerkt worden,
daß Rußland einer Beeinträchtigung der politischen
Selbständigkeit Serbiens nicht ruhig werde zusehen
können.
Auf die Frage des Korrespondenten, ob
die »Neue Freie Presse« auch diese Bemerkung
bringen solle, sei ihm verneinend geantwortet worden.
     Wie mir der Korrespondent weiter sagte, habe
er bei Herrn Benedikt schon seinen Einfluß dahin
geltend gemacht, damit die »Neue Freie Presse« nicht
in das während der Balkankrise beliebte Gejammere
über etwaige russische Angriffspläne verfalle. Der
heutige Morgenartikel des Blattes war gemäßigt ge-
halten.
     Ich beehre mich, die vorerwähnte Mitteilung der
Vollständigkeit halber im Ausschnitt gehorsamst
beizufügen.

                                        v o n   T s c h i r s c h k y


1 Nach der Ausfertigung.
2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 10. Juli vorm. Bericht lag dem
Kaiser vor, von ihm am 13. Juli zurückgegeben, am 16. Juli wieder im
Amt. Gemäß kaiserlicher Randverfügung am 21. Juli der Botschaft in
St. Petersburg mitgeteilt.
3 Der Artikel lautete: »Wie uns von besonderer Seite mitgeteilt wird, sind
in Rußland alle Kreise einig in der Verurteilung des Attentats in Sarajevo.
Die vielfach in der österreichisch-ungarischen Presse veröffentlichte An-
schauung, als ob Rußland dagegen protestieren würde, wenn Österreich-
Ungarn von Serbien eine Untersuchung in Belgrad verlangte, entbehrt
jeglicher Begründung. Das monarchische Prinzip hat im Zarenreiche so
starke Geltung, daß es ganz natürhch erscheint, daß Rußland einen solchen
Schritt Österreich- Ungarns nie mißbilligen würde.«