Nr. 277. Der Reichskanzler an den Botschafter in Wien, 27. Juli 1914: Difference between revisions

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<center><font size=4>'''Der Reichskanzler an den Botschafter in Wien<sup>1</sup>'''</font></center><br>


Telegramm 169 Berlin, den 27. Juli 1914<sup>2</sup><br>
Telegramm 169&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Berlin, den 27. Juli 1914<sup>2</sup><br>


Fürst Lichnowsky telegraphiert soeben<sup>3</sup> : <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Fürst Lichnowsky telegraphiert soeben<sup>3</sup> : <br>


Sir E. Grey ließ mich soeben kommen und bat mich, Ew. Exz. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Sir E. Grey ließ mich soeben kommen und bat mich, Ew. Exz. <br>
nachstehendes zu übermitteln. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;nachstehendes zu übermitteln. <br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Der serbische Geschäftsträger habe ihm soeben den Wortlaut <br>
Der serbische Geschäftsträger habe ihm soeben den Wortlaut <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;der serbischen Antwort auf die österreichische Note übermittelt<sup>4</sup>. <br>
der serbischen Antwort auf die österreichische Note übermittelt<sup>4</sup>. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Aus derselben gehe hervor, daß Serbien den österreichischen <br>
Aus derselben gehe hervor, daß Serbien den österreichischen <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Forderungen in einem Umfange entgegengekommen sei, wie er es <br>
Forderungen in einem Umfange entgegengekommen sei, wie er es <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;niemals für möglich gehalten habe; bis auf einen Punkt, der Teil- <br>
niemals für möglich gehalten habe; bis auf einen Punkt, der Teil- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;nahme österreichischer Beamter an den gerichtlichen Unter- <br>
nahme österreichischer Beamter an den gerichtlichen Unter- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;suchungen, habe Serbien tatsächlich in alles eingewilligt, was von <br>
suchungen, habe Serbien tatsächlich in alles eingewilligt, was von <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;ihm verlangt worden sei. Es sei klar, daß diese Nachgiebigkeit <br>
ihm verlangt worden sei. Es sei klar, daß diese Nachgiebigkeit <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Serbiens <i>lediglich auf einen Druck von Petersburg zurück- <br>
Serbiens lediglich auf einen Druck von Petersburg zurück- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;zuführen sei</i><sup>5</sup>. <br>
^uf Uhren sei<sup>5</sup>. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Begnüge sich Österreich nicht mit dieser Antwort, bzw. <br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;werde diese Antwort in Wien nicht als Grundlage für friedliche <br>
Begnüge sich Österreich nicht mit dieser Antwort, bzw. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Unterhandlungen betrachtet, oder gehe Österreich gar zur Besetzung <br>
werde diese Antwort in Wien nicht als Grundlage für friedliche <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;von Belgrad vor, das vollkommen wehrlos daliegt, so sei es voll- <br>
Unterhandlungen betrachtet, oder gehe Österreich gar zur Besetzung <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;kommen klar, daß Österreich nur nach einem Vorwand suche, um <br>
von Belgrad vor, das vollkommen wehrlos daliegt, so sei es voll- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Serbien zu erdrücken. In Serbien solle aber alsdann Rußland <br>
kommen klar, daß Österreich nur nach einem Vorwand suche, um <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;getroffen werden und der russische Einfluß auf dem Balkan. Es <br>
Serbien zu erdrücken. In Serbien solle aber alsdann Rußland <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;sei klar, daß Rußland dem nicht gleichgültig zusehen könne und <br>
getroffen werden und der russische Einfluß auf dem Balkan. Es <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;es als eine direkte Herausforderung auffassen müsse. Daraus <br>
sei klar, daß Rußland dem nicht gleichgültig zusehen könne und <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;würde der fürchterlichste Krieg entstehen, den Europa jemals <br>
es als eine direkte Herausforderung auffassen müsse. Daraus <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;gesehen habe, und niemand wisse, wohin ein solcher Krieg <br>
würde der fürchterlichste Krieg entstehen, den Europa jemals <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;führen könne. <br>
gesehen habe, und niemand wisse, wohin ein solcher Krieg <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Wir hätten uns, so meinte der Minister, wiederholt und so <br>
führen könne. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;noch gestern<sup>6</sup> mit der Bitte an ihn gewandt, in <i>Petersburg in <br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;mäßigendem Sinne vorstellig zu werden. Er habe diesen Bitten <br>
Wir hätten uns, so meinte der Minister, wiederholt und so <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;stets gern entsprochen</i> und sich während der letzten Krise Vor- <br>
noch gestern<sup>6</sup> mit der Bitte an ihn gewandt, in Petersburg in <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;würfe aus Rußland zugezogen, daß er sich zu sehr auf unsere und <br>
mäßigendem Sinne vorstellig ^u werden. Er habe diesen Bitten <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;zu wenig auf ihre Seite stelle. Nun wende er sich mit der Bitte <br>
stets gern entsprochen und sich während der letzten Krise Vor- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;an uns, unseren Einfluß in Wien dahin zur Geltung zu bnngen, <br>
würfe aus Rußland zugezogen, daß er sich zu sehr auf unsere und <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;daß man die Antwort aus Belgrad entweder als genügend betrachte <br>
zu wenig auf ihre Seite stelle. Nun wende er sich mit der Bitte <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;oder aber als Grundlage für Besprechungen. Er sei überzeugt, <br>
an uns, unseren Einfluß in Wien dahin zur Geltung zu bnngen, <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;daß es in unserer Hand liege, durch entsprechende Vorstellungen <br>
daß man die Antwort aus Belgrad entweder als genügend betrachte <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;die Sache zu erledigen, und er betrachte es als eine gute Vor- <br>
oder aber als Grundlage für Besprechungen. Er sei überzeugt, <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;bedeutung für die Zukunft, <i>wenn es uns beiden abermals gelänge, <br>
daß es in unserer Hand liege, durch entsprechende Vorstellungen <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;durch unseren beiderseitigen Einfluß auf unsere Verbündeten den <br>
die Sache zu erledigen, und er betrachte es als eine gute Vor- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Frieden Europas gesichert zu haben</i><sup>7</sup>. <br>
bedeutung für die Zukunft, wenn es uns beiden abermals gelänge, <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Ich fand den Minister zum ersten Male verstimmt. Er sprach <br>
durch unseren beiderseitigen Einfluß auf unsere Verbündeten den <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;mit großem Ernst und schien von uns auf das Bestimmteste zu <br>
Frieden Europas gesichert :^u haben<sup>7</sup>. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;erwarten, daß es unserem Einfluß gelingen möge, die Frage beizu- <br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;legen. Er wird auch heute ein Statement im House of Commons <br>
Ich fand den Minister zum ersten Male verstimmt. Er sprach <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;machen, worin er seinen Standpunkt zum Ausdruck bringt. Auf <br>
mit großem Ernst und schien von uns auf das Bestimmteste zu <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;jeden Fall bin ich der Überzeugung, daß, falls es jetzt doch noch <br>
erwarten, daß es unserem Emfluß gelingen möge, die Frage beizu- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;zum Kriege käme, wir mit den englischen Sympathien und der <br>
legen. Er wird auch heute ein Statement im House of Commons <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;britischen Unterstützung nicht mehr zu rechnen hätten, da man in <br>
machen, worin er seinen Standpunkt zum Ausdruck bringt. Auf <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;dem Vorgehen Österreichs alle Zeichen üblen Willens erblicken würde. <br>
jeden Fall bin ich der Überzeugung, daß, falls es jetzt doch noch <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Nachdem wir bereits einen englischen Konferenzvcrschlag ab- <br>
zum Kriege käme, wir mit den englischen Sympathien und der <br>
britischen Unterstützung nicht mehr zu rechnen hätten, da man in <br>
dem Vorgehen Österreichs alle Zeichen üblen Willens erblicken würde. <br>
Nachdem wir bereits einen englischen Konferenzvcrschlag ab- <br>
gelehnt haben, ist es uns unmöglich, auch diese englische Anregung <br>
gelehnt haben, ist es uns unmöglich, auch diese englische Anregung <br>
a limine abzuweisen. Durch eine Ablehnung jeder Vermittelungs- <br>
a limine abzuweisen. Durch eine Ablehnung jeder Vermittelungs- <br>
aktion würden wir von der ganzen Welt für die Konflagration ver- <br>
aktion würden wir von der ganzen Welt für die Konflagration ver- <br>
antwortlich gemacht und als die eigenthchen Treiber zum Kriege <br>
antwortlich gemacht und als die eigentlichen Treiber zum Kriege <br>
hingestellt werden. Das würde auch imsere eigene Stellimg im <br>
hingestellt werden. Das würde auch imsere eigene Stellung im <br>
Lande immöglich machen, wo wir als die zum Kriege Gezwungenen <br>
Lande unmöglich machen, wo wir als die zum Kriege Gezwungenen <br>
dastehen müssen. Unsere Situation ist um so schwieriger, als Serbien <br>
dastehen müssen. Unsere Situation ist um so schwieriger, als Serbien <br>
scheinbar sehr weit nachgegeben hat. Wir können daher die Rolle <br>
scheinbar sehr weit nachgegeben hat. Wir können daher die Rolle <br>
des Vermittlers nicht abweisen und müssen den englischen Vorschlag <br>
des Vermittlers nicht abweisen und müssen den englischen Vorschlag <br>
dem Wiener Kabinett zur Erwägung unterbreiten, zimial London und <br>
dem Wiener Kabinett zur Erwägung unterbreiten, zumal London und <br>
Paris fortgesetzt auf Petersburg einwirken. Erbitte Graf Berchtolds <br>
Paris fortgesetzt auf Petersburg einwirken. Erbitte Graf Berchtolds <br>
Ansicht über die englische Anregung, ebenso wie über Wunsch Herrn <br>
Ansicht über die englische Anregung, ebenso wie über Wunsch Herrn <br>
Sasonows, mit Wien direkt zu verhandeln<sup>8</sup>. <br>
Sasonows, mit Wien direkt zu verhandeln<sup>8</sup>. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;B e t h m a n n &nbsp; H o l l w e g <br>


B e t h m a n n &nbsp; H o l l w e g <br>
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<sup>1</sup> Nach dem Konzept von der Hand des Reichskanzlers. <br>
<sup>1</sup> Nach dem Konzept von der Hand des Reichskanzlers. <br>
<sup>2</sup> 11<sup>50</sup> nachm. zum Haupttelegraphenamt, dort abgefertigt 28. Juli 12<sup>45</sup> vorm., <br>
<sup>2</sup> 11<sup>50</sup> nachm. zum Haupttelegraphenamt, dort abgefertigt 28. Juli 12<sup>45</sup> vorm., <br>
auf der Botschaft in Wien angekommen 5<sup>30</sup> vorm.<br>  
auf der Botschaft in Wien angekommen 5<sup>30</sup> vorm.<br>  
<sup>3</sup> Siehe Nr. 258 und 258 Anm. 2. <br>
<sup>3</sup> Siehe [[Nr. 258. Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt, 27. Juli 1914|Nr. 258]] und 258 Anm. 2. <br>
<sup>4</sup> Abgedruckt im österreichisch-ungarischen Rotbuch I Nr. 25. Französischen <br>
<sup>4</sup> Abgedruckt im österreichisch-ungarischen Rotbuch I Nr. 25. Französischen <br>
Text siehe auch Nr. 271. <br>
Text siehe auch [[Nr. 271. Antwortnote der serbischen Regierung auf das österreichish-ungarische Ultimatum, 27. Juli 1914|Nr. 271]]. <br>
<sup>5</sup> In der dem Kaiser vorgelegten Abschrift am Rand Fragezeichen des Kaisers. <br>
<sup>5</sup> In der dem Kaiser vorgelegten Abschrift am Rand Fragezeichen des Kaisers. <br>
<sup>6</sup> Siehe Nr. 199 und 218. <br>
<sup>6</sup> Siehe [[Nr. 199. Der Reichskanzler an den Botschafter in London, 26. Juli 1914|Nr. 199]] und [[Nr. 218. Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt, 26. Juli 1914|218]]. <br>
<sup>7</sup> Siehe Nr. 265 und 278. <br>
<sup>7</sup> Siehe [[Nr. 265. Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt, 27. Juli 1914|Nr. 265]] und [[Nr. 278. Der Reichskanzler an den Botschafter in London, 27. Juli 1914|278]]. <br>
<sup>8</sup> Siehe Nr. 400. <br>
<sup>8</sup> Siehe [[Nr. 400 Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt, 30. Juli 1914|Nr. 400]]. <br>

Latest revision as of 10:19, 13 July 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 277.


Nr. 277
Der Reichskanzler an den Botschafter in Wien1


Telegramm 169                                    Berlin, den 27. Juli 19142

     Fürst Lichnowsky telegraphiert soeben3 :

               Sir E. Grey ließ mich soeben kommen und bat mich, Ew. Exz.
          nachstehendes zu übermitteln.
               Der serbische Geschäftsträger habe ihm soeben den Wortlaut
          der serbischen Antwort auf die österreichische Note übermittelt4.
          Aus derselben gehe hervor, daß Serbien den österreichischen
          Forderungen in einem Umfange entgegengekommen sei, wie er es
          niemals für möglich gehalten habe; bis auf einen Punkt, der Teil-
          nahme österreichischer Beamter an den gerichtlichen Unter-
          suchungen, habe Serbien tatsächlich in alles eingewilligt, was von
          ihm verlangt worden sei. Es sei klar, daß diese Nachgiebigkeit
          Serbiens lediglich auf einen Druck von Petersburg zurück-
          zuführen sei
5.
               Begnüge sich Österreich nicht mit dieser Antwort, bzw.
          werde diese Antwort in Wien nicht als Grundlage für friedliche
          Unterhandlungen betrachtet, oder gehe Österreich gar zur Besetzung
          von Belgrad vor, das vollkommen wehrlos daliegt, so sei es voll-
          kommen klar, daß Österreich nur nach einem Vorwand suche, um
          Serbien zu erdrücken. In Serbien solle aber alsdann Rußland
          getroffen werden und der russische Einfluß auf dem Balkan. Es
          sei klar, daß Rußland dem nicht gleichgültig zusehen könne und
          es als eine direkte Herausforderung auffassen müsse. Daraus
          würde der fürchterlichste Krieg entstehen, den Europa jemals
          gesehen habe, und niemand wisse, wohin ein solcher Krieg
          führen könne.
               Wir hätten uns, so meinte der Minister, wiederholt und so
          noch gestern6 mit der Bitte an ihn gewandt, in Petersburg in
          mäßigendem Sinne vorstellig zu werden. Er habe diesen Bitten
          stets gern entsprochen
und sich während der letzten Krise Vor-
          würfe aus Rußland zugezogen, daß er sich zu sehr auf unsere und
          zu wenig auf ihre Seite stelle. Nun wende er sich mit der Bitte
          an uns, unseren Einfluß in Wien dahin zur Geltung zu bnngen,
          daß man die Antwort aus Belgrad entweder als genügend betrachte
          oder aber als Grundlage für Besprechungen. Er sei überzeugt,
          daß es in unserer Hand liege, durch entsprechende Vorstellungen
          die Sache zu erledigen, und er betrachte es als eine gute Vor-
          bedeutung für die Zukunft, wenn es uns beiden abermals gelänge,
          durch unseren beiderseitigen Einfluß auf unsere Verbündeten den
          Frieden Europas gesichert zu haben
7.
               Ich fand den Minister zum ersten Male verstimmt. Er sprach
          mit großem Ernst und schien von uns auf das Bestimmteste zu
          erwarten, daß es unserem Einfluß gelingen möge, die Frage beizu-
          legen. Er wird auch heute ein Statement im House of Commons
          machen, worin er seinen Standpunkt zum Ausdruck bringt. Auf
          jeden Fall bin ich der Überzeugung, daß, falls es jetzt doch noch
          zum Kriege käme, wir mit den englischen Sympathien und der
          britischen Unterstützung nicht mehr zu rechnen hätten, da man in
          dem Vorgehen Österreichs alle Zeichen üblen Willens erblicken würde.
     Nachdem wir bereits einen englischen Konferenzvcrschlag ab-
gelehnt haben, ist es uns unmöglich, auch diese englische Anregung
a limine abzuweisen. Durch eine Ablehnung jeder Vermittelungs-
aktion würden wir von der ganzen Welt für die Konflagration ver-
antwortlich gemacht und als die eigentlichen Treiber zum Kriege
hingestellt werden. Das würde auch imsere eigene Stellung im
Lande unmöglich machen, wo wir als die zum Kriege Gezwungenen
dastehen müssen. Unsere Situation ist um so schwieriger, als Serbien
scheinbar sehr weit nachgegeben hat. Wir können daher die Rolle
des Vermittlers nicht abweisen und müssen den englischen Vorschlag
dem Wiener Kabinett zur Erwägung unterbreiten, zumal London und
Paris fortgesetzt auf Petersburg einwirken. Erbitte Graf Berchtolds
Ansicht über die englische Anregung, ebenso wie über Wunsch Herrn
Sasonows, mit Wien direkt zu verhandeln8.
                                                  B e t h m a n n   H o l l w e g


1 Nach dem Konzept von der Hand des Reichskanzlers.
2 1150 nachm. zum Haupttelegraphenamt, dort abgefertigt 28. Juli 1245 vorm.,
auf der Botschaft in Wien angekommen 530 vorm.
3 Siehe Nr. 258 und 258 Anm. 2.
4 Abgedruckt im österreichisch-ungarischen Rotbuch I Nr. 25. Französischen
Text siehe auch Nr. 271.
5 In der dem Kaiser vorgelegten Abschrift am Rand Fragezeichen des Kaisers.
6 Siehe Nr. 199 und 218.
7 Siehe Nr. 265 und 278.
8 Siehe Nr. 400.