Nr. 29. Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt, 10. Juli 1914: Difference between revisions

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Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt '  
Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt '  
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da S. M. pro Memo-
ria etwa 14 Tage
^li ist, so dauert
Das ist doch eigent-
lieh zur Begrün-
düng des Enischlus-
ses selbst eni-
warfen!
aber sehr!
und unzweideutig !
da^u haben sie Zeit
genug gehabt
der !
Hartwig ist todt!
sofort da! den muß
Osterreich unbedingt
sofort wiederhaben, um
das Erreichen des Mee-
res seitens der Serben
lu hindern!
Mördern gegen-
über nach dem, was
vor gefallen ist!
Blödsinn!
kindisch!
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Telegramm 85 Wien, den 10. Juli 1914^  
Telegramm 85 Wien, den 10. Juli 1914^  
Ganz geheim!  
Ganz geheim!  


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unseres Allergnädigsten Herrn und der kaiserlichen  
unseres Allergnädigsten Herrn und der kaiserlichen  
Regierung und geäußert, er sei ganz unserer An-  
Regierung und geäußert, er sei ganz unserer An-  
da S. M. pro Memo- sieht, daß man jet:{t zu einem Entschluß kommen  
sieht, daß man jet:{t zu einem Entschluß kommen  
ria etwa 14 Tage müsse, um den unleidlichen Zuständen Serbien gegen-  
müsse, um den unleidlichen Zuständen Serbien gegen-  
^li ist, so dauert ^^^j. ^^^ ^^^^ ^u machen. Über die Tragweite  
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„ . ."", "^' eines solchen Entschlusses, fü^te Graf Berchtold  
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Das ist doch eigent- , . • , r- ,«• ■■■,,■ 11  
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lieh zur Begrün- ^'^^' ^ei sich S. j\I. volhg klar.  
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düng des Enischlus- ^^^^ Minister hat hierauf dem Kaiser Kenntnis  
^^^^ Minister hat hierauf dem Kaiser Kenntnis  


ses selbst eni- gegeben von den zwei Modahtäten, die in bezug  
gegeben von den zwei Modahtäten, die in bezug  


warfen! auf das nächste Vorgehen gegen Serbien hier in  
auf das nächste Vorgehen gegen Serbien hier in  


Frage stünden. S. M. hätten gemeint, es heße sich  
Frage stünden. S. M. hätten gemeint, es heße sich  
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hätten aber S. M. eher der Ansicht zugeneigt, daß  
hätten aber S. M. eher der Ansicht zugeneigt, daß  


aber sehr! konkrete Forderungen an Serbien zu stellen sein  
konkrete Forderungen an Serbien zu stellen sein  


und unzweideutig ! bürden. Er, der Minister, woUe auch die Vorteile  
bürden. Er, der Minister, woUe auch die Vorteile  
eines solchen Vorgehens nicht verkennen. Es würde  
eines solchen Vorgehens nicht verkennen. Es würde  
damit das Odium einer Überrumpelung Serbiens,  
damit das Odium einer Überrumpelung Serbiens,  
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tern. Die Formulierung geeigneter Forderungen gegen-  
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da^u haben sie Zeit über Serbien bildet gegenwärtig liier die Hauptsorge *,  
über Serbien bildet gegenwärtig liier die Hauptsorge *,  
genug gehabt und Graf Berchtold sagte, er würde gern wissen,  
und Graf Berchtold sagte, er würde gern wissen,  
 
^ Nach der Entzifferung.
 
^ Aufgegeben inWien S^*^ nachm., angekommen imAuswärtigenAmt i o^- nachm. ;
Eingangsvermerk des Amts: 11. Juli vorm. Am 11. Juli 12^^ nachm. von
Jagow nach Vornahme einiger Änderungen und mit Auslassung der
 
Worte: Gral Berchtold »sagte, er würde gern wissen denke <
 
und des vorletzten Absatzes »Der Anregung alarmieren %
 
telegraphisch ins Kaiserliche Hoflager mitgeteilt, dortselbst eingetroffen
10° nachm., Entzifferung vom Kaiser am 12. Juli zurückgegeben, im Aus-
wärtigen Amt am iG. Juli.
 
3 Die VVorte Tschirschkys »bildet die Hauptsorge« von Jagow
 
im Telegramm an den Kaiser in »wird erwogen« geiinoert;
 
»erwogen« vom Kaiser unterstrichen, am Rand seine Bemerkung: »dazu
haben gehabt. «
 
 
 
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wie man in Berlin darüber denke *. Er meinte, man  
wie man in Berlin darüber denke *. Er meinte, man  
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werde, um von dort aus die großserbischen Um-  
werde, um von dort aus die großserbischen Um-  
triebe zu überwachen, eventuell auch die Auflösung  
triebe zu überwachen, eventuell auch die Auflösung  
der ! von Vereinen und Entlassung einiger kompromit-  
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tierter Offi:{iere. Die Frist zur Beantwortung müsse  
tierter Offi:{iere. Die Frist zur Beantwortung müsse  
möghchst kurz bemessen werden, wohl 48 Stunden.  
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Freilich würde auch diese kurze Frist genügen, um  
Freilich würde auch diese kurze Frist genügen, um  
Hartwig ist todt! sich von Belgrad aus in Petersburg Weisungen zu  
sich von Belgrad aus in Petersburg Weisungen zu  
holen. Sollten die Serben alle gestellten Forderun-  
holen. Sollten die Serben alle gestellten Forderun-  
gen annehmen, so wäre das eine Lösung, die ihm  
gen annehmen, so wäre das eine Lösung, die ihm  
»sehr unsympathisch« wäre, und er sinne noch dar-  
»sehr unsympathisch« wäre, und er sinne noch dar-  
'dann^lft^'^der^ttr!±ehi^^^ nach. Welche Forderungen man stellen könne,  
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sofort da! den muß die Serbien eine Annahme völlig unmöglich machen  
die Serbien eine Annahme völlig unmöglich machen  


Osterreich unbedingt ... c c  
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sofort wiederhaben, um WUruen.  
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ind^Mofüafeg%l^'und ^cr Minister klagte schließhch wieder über die  
ind^Mofüafeg%l^'und ^cr Minister klagte schließhch wieder über die  


das Erreichen des Mee- Haltung dcs Grafen Tisza, die ilim ein energisches  
Haltung dcs Grafen Tisza, die ilim ein energisches  


res seitens der Serben -. , oi- ^ r^ t -t^- ^  
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lu hindern! Vorgehen gegen Serbien erschwere. Crrai lisza be-  
Vorgehen gegen Serbien erschwere. Crrai lisza be-  


Mördern gegen- haupte, man müsse •ogentleman like« vorgehen, das  
haupte, man müsse •ogentleman like« vorgehen, das  


über nach dem, was sq{ aber, wenn es sich um so wichtige Staatsinter-  
sq{ aber, wenn es sich um so wichtige Staatsinter-  


vor gefallen ist! essen handele und bssonders einem Gegner ime  
essen handele und bssonders einem Gegner ime  


Blödsinn. Serbien gegenüber schwerlich angebracht.  
Serbien gegenüber schwerlich angebracht.  


Der Anregung der Kaiserlichen Regierung, schon  
Der Anregung der Kaiserlichen Regierung, schon  
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gehen, auch Freiherr Conrad von Hötzendorf Wien  
gehen, auch Freiherr Conrad von Hötzendorf Wien  
zeitweilig verlassen. Es geschieht dies, wie Graf  
zeitweilig verlassen. Es geschieht dies, wie Graf  
kindisch! Berchtold mir sagte, absichtlich*, nm jeder Beun-  
Berchtold mir sagte, absichtlich*, nm jeder Beun-  


ruhigung vorzubeugen.  
ruhigung vorzubeugen.  
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Parthey allemal die Oberhand hat.*  
Parthey allemal die Oberhand hat.*  


Frd. d. Gr.  
Frd. d. Gr. <br>
 
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^ Nach der Entzifferung.
 
^ Aufgegeben inWien S^*^ nachm., angekommen imAuswärtigenAmt i o^- nachm. ;
Eingangsvermerk des Amts: 11. Juli vorm. Am 11. Juli 12^^ nachm. von
Jagow nach Vornahme einiger Änderungen und mit Auslassung der
 
Worte: Gral Berchtold »sagte, er würde gern wissen denke <
 
und des vorletzten Absatzes »Der Anregung alarmieren %
 
telegraphisch ins Kaiserliche Hoflager mitgeteilt, dortselbst eingetroffen
10° nachm., Entzifferung vom Kaiser am 12. Juli zurückgegeben, im Aus-
wärtigen Amt am iG. Juli.
 
3 Die VVorte Tschirschkys »bildet die Hauptsorge« von Jagow
 
im Telegramm an den Kaiser in »wird erwogen« geiinoert;
 
»erwogen« vom Kaiser unterstrichen, am Rand seine Bemerkung: »dazu
haben gehabt. «


* Siehe Nr. 31.  
* Siehe Nr. 31.  

Revision as of 14:07, 7 May 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 29.


Nr. 29

Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt '


da S. M. pro Memo- ria etwa 14 Tage ^li ist, so dauert

Das ist doch eigent- lieh zur Begrün- düng des Enischlus- ses selbst eni- warfen!

aber sehr! und unzweideutig !

da^u haben sie Zeit genug gehabt

der ! Hartwig ist todt!

sofort da! den muß

Osterreich unbedingt

sofort wiederhaben, um

das Erreichen des Mee- res seitens der Serben lu hindern! Mördern gegen- über nach dem, was vor gefallen ist!

Blödsinn!

kindisch!

Telegramm 85 Wien, den 10. Juli 1914^ Ganz geheim!

Über seinen gestrigen Vortrag bei Sr. M. dem Kaiser Franz Joseph in Ischl teilt mir Graf Berchtold nachstehendes mit:

S. M. der Kaiser habe mit großer Ruhe die Sach- lage besprochen. Zunächst habe er seinem lebhaften Dank Ausdruck gegeben für die Stellungnahme unseres Allergnädigsten Herrn und der kaiserlichen Regierung und geäußert, er sei ganz unserer An- sieht, daß man jet:{t zu einem Entschluß kommen müsse, um den unleidlichen Zuständen Serbien gegen-

^^^j. ^^^ ^^^^ ^u machen. Über die Tragweite 

„ . ."", "^' eines solchen Entschlusses, fü^te Graf Berchtold

. • , r- ,«• ■■■,,■ 11 

^'^^' ^ei sich S. j\I. volhg klar.

^^^^ Minister hat hierauf dem Kaiser Kenntnis

gegeben von den zwei Modahtäten, die in bezug 

auf das nächste Vorgehen gegen Serbien hier in

Frage stünden. S. M. hätten gemeint, es heße sich

vielleicht dieser Gegensatz überbrücken. Im ganzen

hätten aber S. M. eher der Ansicht zugeneigt, daß

konkrete Forderungen an Serbien zu stellen sein

bürden. Er, der Minister, woUe auch die Vorteile eines solchen Vorgehens nicht verkennen. Es würde damit das Odium einer Überrumpelung Serbiens, das auf die Monarchie fallen würde, vermieden und Serbien ins Unrecht gesetzt werden. Auch würde dieses Vorgehen sowohl Rumänien als auch England eine wenigstens neutrale Haltung wesentlich erleich- tern. Die Formulierung geeigneter Forderungen gegen-

über Serbien bildet gegenwärtig liier die Hauptsorge *, 

und Graf Berchtold sagte, er würde gern wissen,

wie man in Berlin darüber denke *. Er meinte, man könne u. a. verlangen, daß in Belgrad ein Organ der österreichisch-ungarischen Regierung eingesetzt werde, um von dort aus die großserbischen Um- triebe zu überwachen, eventuell auch die Auflösung von Vereinen und Entlassung einiger kompromit-

tierter Offi:{iere. Die Frist zur Beantwortung müsse möghchst kurz bemessen werden, wohl 48 Stunden. Freilich würde auch diese kurze Frist genügen, um sich von Belgrad aus in Petersburg Weisungen zu holen. Sollten die Serben alle gestellten Forderun- gen annehmen, so wäre das eine Lösung, die ihm »sehr unsympathisch« wäre, und er sinne noch dar- 'dann^lft^'^der^ttr!±ehi^^^ nach. Welche Forderungen man stellen könne,

die Serbien eine Annahme völlig unmöglich machen 
... c c 
WUruen. 

ind^Mofüafeg%l^'und ^cr Minister klagte schließhch wieder über die

Haltung dcs Grafen Tisza, die ilim ein energisches

-. , oi- ^ r^ t -t^- ^ 
Vorgehen gegen Serbien erschwere. Crrai lisza be- 

haupte, man müsse •ogentleman like« vorgehen, das

sq{ aber, wenn es sich um so wichtige Staatsinter- 
essen handele und bssonders einem Gegner ime 
Serbien gegenüber schwerlich angebracht. 

Der Anregung der Kaiserlichen Regierung, schon jetzt die öffentliche Meinung in England im Wege der Presse gegen Serbien zu stimmen — worüber Graf Szögyeny telegraphiert hat — wird der Minister gern folgen. Nur müsse dies, seiner Mei- nung nach, noch vorsichtig gemacht werden, um Serbien nicht vorzeitig zu alarmieren.

Der Kriegsminister wird morgen auf Urlaub gehen, auch Freiherr Conrad von Hötzendorf Wien zeitweilig verlassen. Es geschieht dies, wie Graf Berchtold mir sagte, absichtlich*, nm jeder Beun-

ruhigung vorzubeugen.

Tschirschky

ungefähr wie :^ur Zeit der Schlesischen

Kriege! »Ich bin gegen die Kriegsräthe und Berathimgen, sintemalen die timidere Parthey allemal die Oberhand hat.*

Frd. d. Gr.


^ Nach der Entzifferung.

^ Aufgegeben inWien S^*^ nachm., angekommen imAuswärtigenAmt i o^- nachm. ; Eingangsvermerk des Amts: 11. Juli vorm. Am 11. Juli 12^^ nachm. von Jagow nach Vornahme einiger Änderungen und mit Auslassung der

Worte: Gral Berchtold »sagte, er würde gern wissen denke <

und des vorletzten Absatzes »Der Anregung alarmieren %

telegraphisch ins Kaiserliche Hoflager mitgeteilt, dortselbst eingetroffen 10° nachm., Entzifferung vom Kaiser am 12. Juli zurückgegeben, im Aus- wärtigen Amt am iG. Juli.

3 Die VVorte Tschirschkys »bildet die Hauptsorge« von Jagow

im Telegramm an den Kaiser in »wird erwogen« geiinoert;

»erwogen« vom Kaiser unterstrichen, am Rand seine Bemerkung: »dazu haben gehabt. « 

  • Siehe Nr. 31.

^ Das »absichtlich« Tschirschkys stand in der Entzifferung des Kaiserlichen

Hoflagers verderbt als »von possumus«; am Rand dazu zwei Fragezeichen

des Kaisers.