Nr. 328 Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt, 29. Juli 1914: Difference between revisions

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<center><font size=4>'''Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt<sup>1</sup>'''</font></center>
<center><font size=4>'''Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt<sup>1</sup>'''</font></center><br>


Telegramm 122 Wien, den 28. Juli 1914<sup>2</sup>
Telegramm 122 Wien, den 28. Juli 1914<sup>2</sup><br>
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Habe Allerhöchsten Auftrag<sup>1</sup> sofort zur Kenntnis  
Habe Allerhöchsten Auftrag<sup>1</sup> sofort zur Kenntnis <br>
des Grafen Berchtold gebracht.  
des Grafen Berchtold gebracht. <br>
 
Infolge meiner noch gestern in anderthalb- <br>
Infolge meiner noch gestern in anderthalb-  
stündiger sehr ernster Unterredung mit Graf Berchtold <br>
stündiger sehr ernster Unterredung mit Graf Berchtold  
und Graf Forgäch gemachten dringenden Vor- <br>
und Graf Forgäch gemachten dringenden Vor-  
stellungen sind beide zu der Überzeugung ge- <br>
stellungen sind beide zu der Überzeugung ge-  
kommen, daß diesen Rechnung getragen werden <br>
kommen, daß diesen Rechnung getragen werden  
müsse. Graf von Szögyeny erhält heute ausführ- <br>
müsse. Graf von Szögyeny erhält heute ausführ-  
lichen Erlaß, in welchem nachstehender Auftrag an <br>
lichen Erlaß, in welchem nachstehender Auftrag an  
Baron von Merey zur Kenntnis Ew. Exz. mitge- <br>
Baron von Merey zur Kenntnis Ew. Exz. mitge-  
teilt wird: <br>
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sollen sie doch gleich  
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sollen sie doch gleich <br>
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&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;»Wie bereits Herzog von Avarna gegen-  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;»Wie bereits Herzog von Avarna gegen- <br>
über erklärt, liegen territoriale Erwer-  
über erklärt, liegen territoriale Erwer- <br>
bungen durchaus nicht in unserer Absicht.  
bungen durchaus nicht in unserer Absicht. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Sollten wir uns aber dennoch wider  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Sollten wir uns aber dennoch wider <br>
Erwarten gezwungen sehen, zu einer nicht  
Erwarten gezwungen sehen, zu einer nicht <br>
als nur vorübergend anzusehenden Okku-  
als nur vorübergend anzusehenden Okku- <br>
pation serbischen Gebiets zu schreiten, so  
pation serbischen Gebiets zu schreiten, so <br>
sind wir bereit, für diesen Fall mit Italien  
sind wir bereit, für diesen Fall mit Italien <br>
in einen Meinungsaustausch zu treten.  
in einen Meinungsaustausch zu treten. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Auf der anderen Seite erwarten wir  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Auf der anderen Seite erwarten wir <br>
von Italien, daß das Königreich den Ver-  
von Italien, daß das Königreich den Ver- <br>
bündeten in den zur Erreichung seiner  
bündeten in den zur Erreichung seiner <br>
Ziele nötigen Aktionen nicht hindert, viel-  
Ziele nötigen Aktionen nicht hindert, viel- <br>
mehr uns gegenüber die in Aussicht ge-  
mehr uns gegenüber die in Aussicht ge- <br>
stellte bundesfreundüche Haltung unent-  
stellte bundesfreundüche Haltung unent- <br>
wegt beibehalten werde.«  
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&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Graf Forgäch las mir den ganzen Erlaß vor,  
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Graf Forgäch las mir den ganzen Erlaß vor, <br>
den Graf von Szögyény Ew. Exz. gleichfalls in extenso  
den Graf von Szögyény Ew. Exz. gleichfalls in extenso <br>
zur Kenntnis bringen soll.  
zur Kenntnis bringen soll. <br>
 
T s c h i r s c h k y


Admiral Haus — Österr. Ob. Comd. der Flotte — hat meinem
T s c h i r s c h k y <br>
Marine Attache als gan^ geheim mitgetheüt, daß ihm von
Wien aus eröffnet worden sei, man habe mit Italien sich
dahin verständigt, daß es Österreich jreie Hand in Serbien
lassen solle
und Italien dafür in Albanien freie Hand erhalte.


W.  
<i>Admiral Haus — Österr. Ob. Comd. der Flotte — hat meinem <br>
Marine Attache als gan^ geheim mitgetheüt, daß ihm von <br>
Wien aus eröffnet worden sei, man habe mit Italien sich <br>
dahin verständigt, daß es Österreich jreie Hand in Serbien <br>
lassen solle <br>
und Italien dafür in Albanien freie Hand erhalte.</i><br>
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<sup>1</sup> Nach der Entzifferung.  
<sup>1</sup> Nach der Entzifferung. <br>
<sup>2</sup> Aufgegeben in Wien 28. Juli 9'" nachm., angekommen im Auswärtigen  
<sup>2</sup> Aufgegeben in Wien 28. Juli 9<sup>10</sup> nachm., angekommen im Auswärtigen <br>
Amt 29. Juli i.i'-* vorm. Eingangsvermerk: 29. Juli vorm. Ent-  
Amt 29. Juli 12<sup>2</sup> vorm. Eingangsvermerk: 29. Juli vorm. Ent- <br>
zifferung lag noch am 29. Juli dem Kaiser vor, gelangte am gleichen  
zifferung lag noch am 29. Juli dem Kaiser vor, gelangte am gleichen <br>
Tage von ihm ins Amt zurück. Vermerk des Reichskanzlers vom 30. Juli  
Tage von ihm ins Amt zurück. Vermerk des Reichskanzlers vom 30. Juli <br>
nach Kenntnisnahme der Randbemerkungen des Kaisers: »sehr merk-  
nach Kenntnisnahme der Randbemerkungen des Kaisers: »sehr merk- <br>
würdiger Inhalt des Randvermerks S. M. v. B. H.« — Abschnitt »Infolge  
würdiger Inhalt des Randvermerks S. M. v. B. H.« — Abschnitt »Infolge <br>
meiner beibehalten m erde« von Tschirschkys Telegramm wurde  
meiner . . . . . . . . . . beibehalten werde« von Tschirschkys Telegramm wurde <br>
nach Vornahme kleiner Änderungen am 29. Juli von Jagow telegraphisch  
nach Vornahme kleiner Änderungen am 29. Juli von Jagow telegraphisch <br>
dem Botschafter in Rom mitgeteilt, 1 1" vorm. zum Haupttelegraphenanit
dem Botschafter in Rom mitgeteilt, 11<sup>0</sup> vorm. zum Haupttelegraphenamt <br>
gegeben.  
gegeben. <br>
<sup>3</sup> Siehe Nr. 267.
<sup>3</sup> Siehe Nr. 267.<br>

Revision as of 14:57, 16 June 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 328.


Nr. 328
Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt1


Telegramm 122 Wien, den 28. Juli 19142

Habe Allerhöchsten Auftrag1 sofort zur Kenntnis
des Grafen Berchtold gebracht.
Infolge meiner noch gestern in anderthalb-
stündiger sehr ernster Unterredung mit Graf Berchtold
und Graf Forgäch gemachten dringenden Vor-
stellungen sind beide zu der Überzeugung ge-
kommen, daß diesen Rechnung getragen werden
müsse. Graf von Szögyeny erhält heute ausführ-
lichen Erlaß, in welchem nachstehender Auftrag an
Baron von Merey zur Kenntnis Ew. Exz. mitge-
teilt wird:








sollen sie doch gleich
machen !

     »Wie bereits Herzog von Avarna gegen-
über erklärt, liegen territoriale Erwer-
bungen durchaus nicht in unserer Absicht.
     Sollten wir uns aber dennoch wider
Erwarten gezwungen sehen, zu einer nicht
als nur vorübergend anzusehenden Okku-
pation serbischen Gebiets zu schreiten, so
sind wir bereit, für diesen Fall mit Italien
in einen Meinungsaustausch zu treten.
     Auf der anderen Seite erwarten wir
von Italien, daß das Königreich den Ver-
bündeten in den zur Erreichung seiner
Ziele nötigen Aktionen nicht hindert, viel-
mehr uns gegenüber die in Aussicht ge-
stellte bundesfreundüche Haltung unent-
wegt beibehalten werde.« 

     Graf Forgäch las mir den ganzen Erlaß vor,
den Graf von Szögyény Ew. Exz. gleichfalls in extenso
zur Kenntnis bringen soll.

T s c h i r s c h k y

Admiral Haus — Österr. Ob. Comd. der Flotte — hat meinem
Marine Attache als gan^ geheim mitgetheüt, daß ihm von
Wien aus eröffnet worden sei, man habe mit Italien sich
dahin verständigt, daß es Österreich jreie Hand in Serbien
lassen solle
und Italien dafür in Albanien freie Hand erhalte.

                                                  W.


1 Nach der Entzifferung.
2 Aufgegeben in Wien 28. Juli 910 nachm., angekommen im Auswärtigen
Amt 29. Juli 122 vorm. Eingangsvermerk: 29. Juli vorm. Ent-
zifferung lag noch am 29. Juli dem Kaiser vor, gelangte am gleichen
Tage von ihm ins Amt zurück. Vermerk des Reichskanzlers vom 30. Juli
nach Kenntnisnahme der Randbemerkungen des Kaisers: »sehr merk-
würdiger Inhalt des Randvermerks S. M. v. B. H.« — Abschnitt »Infolge
meiner . . . . . . . . . . beibehalten werde« von Tschirschkys Telegramm wurde
nach Vornahme kleiner Änderungen am 29. Juli von Jagow telegraphisch
dem Botschafter in Rom mitgeteilt, 110 vorm. zum Haupttelegraphenamt
gegeben.
3 Siehe Nr. 267.