Nr. 332 Der Zar an den Kaiser, 29. Juli 1914: Difference between revisions
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Telegramm (ohne Nummer) Peterhof Palais, den 29. Juli 1914<sup>2</sup> | Telegramm (ohne Nummer) Peterhof Palais, den 29. Juli 1914<sup>2</sup> | ||
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<i>worin besteht<br> | |||
das?</i> <br> | |||
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Sa Majesté l'Empereur <br> | |||
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Neues Palais <br> | |||
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Am glad you are back. In this most <br> | |||
serious moment I appeal to you to help <br> | |||
me. An <i>ignoble</i><sup>3</sup> war has been declared <br> | |||
to a <i>weak</i> country. The <i>indignation</i> in <br> | |||
Russia <i>shared fully by me</i> is <i>enormous</i><sup>4</sup>. <br> | |||
I foresee that very soon I shall be <br> | |||
<i>overwhelmed</i> by the <i>pressure</i> brought <br> | |||
upon me and be <i>forced</i> to take extreme <br> | |||
measures which will <i>lead to war</i>. To try <br> | |||
and avoid such a calamity as a European <br> | |||
war I beg you in the name of our old <br> | |||
friendship to do what you can to <i>stop</i> <br> | |||
your <i>allies</i><sup>5</sup> from <i>going too far</i>. <br> | |||
N i c k y<sup>6</sup><br> | |||
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<i>ally !</i> | |||
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<i>Eingeständnis der Schwäche seiner selbst, und Versuch die Verantwortung mir zu- <br> | |||
zuschieben. <br> | |||
Das Telegramm enthält eine versteckte Drohung ! und einem <br> | |||
Befehl ähnliche Aufforderung dem Allierten in den Arm zu fallen. Falls <br> | |||
Ew. Exz. mein Telegramm gestern Abend <br> | |||
abgesandt haben, muß es sich mit diesem gekreuzt haben. <br> | |||
Wir werden nun sehen, wie das meine wirkt. <br> | |||
Der Ausdruck »ignoble war« läßt nicht auf monarchisches Solidaritätsgefühl <br> | |||
beim Zaren schließen, sondern auf eine <br> | |||
panslawische Auffassung; d. h. die Sorge vor einer cap- <br> | |||
itis diminutio auf dem Balkan im Falle Österr. <br> | |||
Erfolge. Diese könnten ruhig in ihrer Gesamtwirkung erst <br> | |||
abgewartet werden. Es ist später immer noch Zeit <br> | |||
zum Verhandeln und eventl. zum Mobilmachen, wozu <u>jetzt</u><br> | |||
gar kein Grund für Rußland ist. Statt uns die Sommation <br> | |||
zu stellen, den Alliierten zu stoppen, sollte S. M. sich an den <br> | |||
Kaiser Franz Josef wenden und mit ihm verhandeln, <br> | |||
um die Absichten S. M. kennen zu lernen. <br> | |||
Sollten wir nicht Copien der beiden Telegramme an <br> | |||
S. M. den König nach London zur Information gesandt <br> | |||
werden ? Die Sozen machen Antimilit. Umtriebe in den <br> | |||
Straßen, das darf nicht geduldet werden, <u>jetzt</u> auf keinen Fall; im Wieder- <br> | |||
holungsfalle werde ich Belagerungszustand proklamieren und die Führer <br> | |||
samt und sonders tutti quanti einsperren lassen. <br> | |||
Loebell und Jagow dahin instruieren. Wir können jetzt keine Soz. Propa- <br> | |||
ganda mehr dulden ! <br> | |||
Wilhelm.</i> | |||
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<i>worin besteht das ?</i> | |||
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<i>Ü b e r s e t z u n g</i> <br> | |||
Ich bin froh, daß Du zurück bist. In diesem äußerst <br> | |||
ernsten Augenblick wende ich mich an Dich um Hilfe. <br> | |||
Ein <i>unwürdiger</i> Krieg ist an ein <i>schwaches</i> Land erklärt <br> | |||
worden. Die <i>Entrüstung</i> in Rußland, die <i>ich völlig teile</i>, ist<br> | |||
<i>ungeheuer</i>. Ich sehe voraus, daß ich sehr bald dem auf <br> | |||
mich ausgeübten <i>Druck erliegen</i> und <i>gezwungen</i> sein <br> | |||
werde, äußerste Maßnahmen zu ergreifen, die <i>zum Kriege <br> | |||
führen</i> werden. Um ein solches Unheil wie einen euro-<br> | |||
päischen Krieg zu verhüten, bitte ich Dich im Namen <br> | |||
unserer alten Freundschaft, alles Dir Mögliche zu tun, um <br> | |||
Deinen <i>Bundesgenossen</i> davon <i>zurückzuhalten, zu weit zu <br> | |||
gehen</i>. <br> | |||
<i>Bundesgenosse! W.</i><br> | |||
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<sup>1</sup> Nach der Niederschrift des Telegraphenamts. Hat sich gekreuzt mit Nr. 335. <br> | |||
<sup>2</sup> Aufgegeben in Peterhof, Palais 29. Juli 1<sup>0</sup> vorm., aufgenommen im <br> | |||
Telegraphenamt des Neuen Palais 29. Juli 1<sup>10</sup> vorm. Auf dem Telegramm<br> | |||
die Bemerkung des Kaisers: »N. Pal. 29. VII. 1914 7<sup>30</sup> vorm.« <br> | |||
<sup>3</sup> »ignoble« vom Kaiser zweimal unterstrichen, dahinter Ausrufungszeichen <br> | |||
des Kaisers. <br> | |||
<sup>4</sup> »enormous« vom Kaiser zweimal unterstrichen. <br> | |||
<sup>5</sup> »allies« vom Kaiser dreimal unterstrichen. <br> | |||
<sup>6</sup> Vgl. deutsches Weißbuch vom Mai 1915, S. 34, Nr. 22 II. Antwort siehe <br> | |||
[[Nr. 359 Der Kaiser an den Zaren, 29. Juli 1914|Nr. 359]].<br> | |||
Telegraphenamt des Neuen Palais 29. Juli | |||
die Bemerkung des Kaisers: »N. Pal. 29. VII. 1914 7 | |||
des Kaisers. | |||
Nr. 359 | |||
Kaiser | |||
Latest revision as of 21:38, 4 August 2015
WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 2 > Nr. 332.
Telegramm (ohne Nummer) Peterhof Palais, den 29. Juli 19142
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Sa Majesté l'Empereur N i c k y6 |
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Eingeständnis der Schwäche seiner selbst, und Versuch die Verantwortung mir zu-
zuschieben.
Das Telegramm enthält eine versteckte Drohung ! und einem
Befehl ähnliche Aufforderung dem Allierten in den Arm zu fallen. Falls
Ew. Exz. mein Telegramm gestern Abend
abgesandt haben, muß es sich mit diesem gekreuzt haben.
Wir werden nun sehen, wie das meine wirkt.
Der Ausdruck »ignoble war« läßt nicht auf monarchisches Solidaritätsgefühl
beim Zaren schließen, sondern auf eine
panslawische Auffassung; d. h. die Sorge vor einer cap-
itis diminutio auf dem Balkan im Falle Österr.
Erfolge. Diese könnten ruhig in ihrer Gesamtwirkung erst
abgewartet werden. Es ist später immer noch Zeit
zum Verhandeln und eventl. zum Mobilmachen, wozu jetzt
gar kein Grund für Rußland ist. Statt uns die Sommation
zu stellen, den Alliierten zu stoppen, sollte S. M. sich an den
Kaiser Franz Josef wenden und mit ihm verhandeln,
um die Absichten S. M. kennen zu lernen.
Sollten wir nicht Copien der beiden Telegramme an
S. M. den König nach London zur Information gesandt
werden ? Die Sozen machen Antimilit. Umtriebe in den
Straßen, das darf nicht geduldet werden, jetzt auf keinen Fall; im Wieder-
holungsfalle werde ich Belagerungszustand proklamieren und die Führer
samt und sonders tutti quanti einsperren lassen.
Loebell und Jagow dahin instruieren. Wir können jetzt keine Soz. Propa-
ganda mehr dulden !
Wilhelm.
|
Ü b e r s e t z u n g Bundesgenosse! W. |
1 Nach der Niederschrift des Telegraphenamts. Hat sich gekreuzt mit Nr. 335.
2 Aufgegeben in Peterhof, Palais 29. Juli 10 vorm., aufgenommen im
Telegraphenamt des Neuen Palais 29. Juli 110 vorm. Auf dem Telegramm
die Bemerkung des Kaisers: »N. Pal. 29. VII. 1914 730 vorm.«
3 »ignoble« vom Kaiser zweimal unterstrichen, dahinter Ausrufungszeichen
des Kaisers.
4 »enormous« vom Kaiser zweimal unterstrichen.
5 »allies« vom Kaiser dreimal unterstrichen.
6 Vgl. deutsches Weißbuch vom Mai 1915, S. 34, Nr. 22 II. Antwort siehe
Nr. 359.