Nr. 372 Der Große Generalstab an das Auswärtige Amt, 29. Juli 1914: Difference between revisions

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<center><font size=4>'''3. Bericht'''</font></center><br>
<center><font size=4>'''3. Bericht'''</font></center><br>


<center>N a c h r i c h t e n&nbsp; b i s&nbsp; 29.&nbsp; J u l i&nbsp; 4<sup>0</sup> na c h m.</center>
<center>N a c h r i c h t e n&nbsp; b i s&nbsp; 29.&nbsp; J u l i&nbsp; 4<sup>0</sup> n a c h m.</center><br>




Österreich
<center>Ö s t e r r e i c h</center><br>


Den Oberbefehl gegen Serbien hat der Erzherzog Friedrich über-  
Den Oberbefehl gegen Serbien hat der Erzherzog Friedrich über- <br>
nommen. Gegen Serbien werden i. Kav.-Div. (Temesvar) zu 36 Esks.  
nommen. Gegen Serbien werden 1. Kav.-Div. (Temesvar) zu 36 Esks. <br>
imd 10. Kav.-Div. (Budapest) zu 30 Esks. mobil gemacht. Die  
und 10. Kav.-Div. (Budapest) zu 30 Esks. mobil gemacht. Die <br>
gesamte Mobilmachung verläuft fast ohne Störung, nur ein Mangel  
gesamte Mobilmachung verläuft fast ohne Störung, nur ein Mangel <br>
an Landfuhrwerk soll sich bei Aufstellung der Trains im Bezirk des  
an Landfuhrwerk soll sich bei Aufstellung der Trains im Bezirk des <br>
Vn. A.-K. (Temesvar) fühlbar machen. Das III. A.-K. wird mit nur  
VII. A.-K. (Temesvar) fühlbar machen. Das III. A.-K. wird mit nur <br>
39 Batl. aufgestellt, die Gesamtstärke der Armee wird sich nun-  
39 Batl. aufgestellt, die Gesamtstärke der Armee wird sich nun- <br>
mehr auf rund 400000 Mann ermäßigen. Der Mitrowitzer Save-  
mehr auf rund 400 000 Mann ermäßigen. Der Mitrowitzer Save- <br>
übergang soll ohne Kampf in österreichische Hände gefallen sein.  
übergang soll ohne Kampf in österreichische Hände gefallen sein. <br>
Die Donaimionitore stehen versammelt bei Neusatz. Die Flotte liegt  
Die Donaimionitore stehen versammelt bei Neusatz. Die Flotte liegt <br>
bei Sebenico vereinigt. Landsturm ist bei sämtlichen acht Armee-  
bei Sebenico vereinigt. Landsturm ist bei sämtlichen acht Armee- <br>
korps aufgerufen.  
korps aufgerufen. <br>




Serbien und Montenegro  
<center>Serbien und Montenegro</center><br>


Soweit aus der Presse ersichtÜch, Lage wie folgt : Die Truppen  
Soweit aus der Presse ersichtlich, Lage wie folgt : Die Truppen <br>
südhch Semendria gehen morawaaufwärts zurück, an der Donau ver-  
südlich Semendria gehen morawaaufwärts zurück, an der Donau ver- <br>
bleiben nur schwächere Kräfte, darunter Landsturm. An der unteren  
bleiben nur schwächere Kräfte, darunter Landsturm. An der unteren <br>
Drina bei Lesnitza und südhch sind starke Freiwilligenabteilungen  
Drina bei Lesnitza und südlich sind starke Freiwilligenabteilungen <br>
in der Bildung begriffen. Kleinere Feuergefechte entwickelten sich  
in der Bildung begriffen. Kleinere Feuergefechte entwickelten sich <br>
an beiden Flüssen. Die Hauptgruppen der serbischen Westfront bei  
an beiden Flüssen. Die Hauptgruppen der serbischen Westfront bei <br>
Valjevo nnd Uschitze werden verstärkt. Von Novibasar her sollen  
Valjevo und Uschitze werden verstärkt. Von Novibasar her sollen <br>
Teile der neugebildeten Ibar-Division zum Lim marschieren und Teile  
Teile der neugebildeten Ibar-Division zum Lim marschieren und Teile <br>
bis Priboj an die Grenze vorgeschoben haben. Dieser linke serbische  
bis Priboj an die Grenze vorgeschoben haben. Dieser linke serbische <br>
Flügel hat Verbindung mit dem rechten Flügel der Montenegriner,  
Flügel hat Verbindung mit dem rechten Flügel der Montenegriner, <br>
der in Stärke einer Brigade mit Artillerie in Gegend Plevlje gemeldet  
der in Stärke einer Brigade mit Artillerie in Gegend Plevlje gemeldet <br>
wird. Je ein bis zwei weitere Brigaden sollen am Rjegos und bei  
wird. Je ein bis zwei weitere Brigaden sollen am Rjegos und bei <br>
Grahovo versammelt sein. Der Lowtschen wird weiter verstärkt.  
Grahovo versammelt sein. Der Lowtschen wird weiter verstärkt. <br>
Die montenegrinischen Hauptkräfte scheinen um Niksitsch versammelt  
Die montenegrinischen Hauptkräfte scheinen um Niksitsch versammelt <br>
zu werden. König und Regierung begaben sich nach Podgoritza,  
zu werden. König und Regierung begaben sich nach Podgoritza, <br>
wo ein höherer serbischer Offizier eintraf. Das serbische Haupt-  
wo ein höherer serbischer Offizier eintraf. Das serbische Haupt- <br>
quartier scheint zunächst in Nisch zu bleiben. Der serbische General-  
quartier scheint zunächst in Nisch zu bleiben. Der serbische General- <br>
stabschef soll entgegen den Pressemeldungen nicht freigelassen sein.  
stabschef soll entgegen den Pressemeldungen nicht freigelassen sein. <br>
Über Wien werden lunfangreiche Desertionen serbischer Soldaten ge-  
Über Wien werden lunfangreiche Desertionen serbischer Soldaten ge- <br>
meldet, die mit ihren Waffen auf ungarischem Gebiet ankommen und  
meldet, die mit ihren Waffen auf ungarischem Gebiet ankommen und <br>
über mangelhafte Verpflegung klagen sollen. Nach einer Äußerung  
über mangelhafte Verpflegung klagen sollen. Nach einer Äußerung <br>
des bulgarischen Gesandten soll auch in Nisch Mangel an Nahrungs-  
des bulgarischen Gesandten soll auch in Nisch Mangel an Nahrungs- <br>
mitteln herrschen.  
mitteln herrschen. <br>




Griechenland  
<center>Griechenland</center><br>


Es wird bekannt, daß Bündnisvertrag sich nicht auf Unter-  
Es wird bekannt, daß Bündnisvertrag sich nicht auf Unter- <br>
stützung Serbiens gegen Österreich bezieht. Griechenland will neutral  
stützung Serbiens gegen Österreich bezieht. Griechenland will neutral <br>
bleiben. Presse und Bevölkerung gegen Österreich gesinnt.  
bleiben. Presse und Bevölkerung gegen Österreich gesinnt. <br>




Rumänien, Bulgarien  
<center>Rumänien, Bulgarien</center><br>


Nichts Neues.  
Nichts Neues. <br>


Türkei  
<center>Türkei</center> <br>


Türkei will Neutralität zunächst wahren, fürchtet aber Anfang  
Türkei will Neutralität zunächst wahren, fürchtet aber Anfang <br>
August einen griechischen Flottenüberfall (??).  
August einen griechischen Flottenüberfall (??). <br>




Belgien  
<center>Belgien</center><br>


Armee wird durch Einziehung von drei Jahrgängen von 55 000  
Armee wird durch Einziehung von drei Jahrgängen von 55 000 <br>
auf IOC 000 Mann gebracht. Einziehung dieser Reserven ist befohlen.  
auf 100 000 Mann gebracht. Einziehung dieser Reserven ist befohlen. <br>
Grenzdienst soll verschärft werden. Belgien will Einfall der Franzosen  
Grenzdienst soll verschärft werden. Belgien will Einfall der Franzosen <br>
wie Deutschen verhindern ; entsprechende Maßnahmen : Armierung  
wie Deutschen verhindern ; entsprechende Maßnahmen : Armierung <br>
der Werke, Vorbereiten der Kunstbauten zur Sprengung usw.  
der Werke, Vorbereiten der Kunstbauten zur Sprengung usw. <br>




Holland  
<center>Holland</center><br>


Die Mobilmachung wird vorbereitet, die wichtigsten Maas- und  
Die Mobilmachung wird vorbereitet, die wichtigsten Maas- und <br>
Yssel-Übergänge miHtärisch besetzt. Forts werden besetzt und armiert,  
Yssel-Übergänge militärisch besetzt. Forts werden besetzt und armiert, <br>
Verpflegung anscheinend reichhch.  
Verpflegung anscheinend reichlich. <br>




Frankreich  
<center>Frankreich</center><br>


1. Grenzgebiet. Grenzschutzübungen. Erhöhte Tätigkeit.  
1. G r e n z g e b i e t. Grenzschutzübungen. Erhöhte Tätigkeit. <br>
Kraftwagen sollen bei Audun, Longuyon vmd Longwy bereitstehen.  
Kraftwagen sollen bei Audun, Longuyon vmd Longwy bereitstehen. <br>
Mihtärischer Bahnschutz durchgeführt. Arbeit an Rampen. Tele-  
Miltärischer Bahnschutz durchgeführt. Arbeit an Rampen. Tele- <br>
phonverkehr zwischen Paris und Deutschland heute stellenweise unter-  
phonverkehr zwischen Paris und Deutschland heute stellenweise unter- <br>
brochen. Eisenbahnmaterial zurückgeführt. In Toul und Epinal  
brochen. Eisenbahnmaterial zurückgeführt. In Toul und Epinal <br>
keine Waggons für Handel mehr hergegeben. Armierung der Bel-  
keine Waggons für Handel mehr hergegeben. Armierung der Bel- <br>
forter Forts im Gange.  
forter Forts im Gange. <br>


2. Im Innern. An Strecke Paris-Herbesthal Bahnbewachung  
2. I m&nbsp; I n n e r n. An Strecke Paris-Herbesthal Bahnbewachung <br>
imd Abstellung zahlreicher leerer Züge festgestellt. Auf Kasernen -  
und Abstellung zahlreicher leerer Züge festgestellt. Auf Kasernen - <br>
höfen in Paris 28. Juli Feldfahrzeuge bemerkt. Keine allgemeine  
höfen in Paris 28. Juli Feldfahrzeuge bemerkt. Keine allgemeine <br>
Reservisteneinziehung. Höchstens Einziehung jüngsten Jahrgangs  
Reservisteneinziehung. Höchstens Einziehung jüngsten Jahrgangs <br>
möghch. — Oberstl. Dupont, Chef 2. Abt. Genst., sprach Verwun-  
möghch. — Oberstl. Dupont, Chef 2. Abt. Genst., sprach Verwun- <br>
denmg über geringe Schutzmaßregeln Deutschlands aus. Nur bei  
denmg über geringe Schutzmaßregeln Deutschlands aus. Nur bei <br>
Metz seien Vorbereitungen festgestellt, die von denen seitens der  
Metz seien Vorbereitungen festgestellt, die von denen seitens der <br>
Franzosen weit übertroffen würden. — Kriegsbegeisterung im Lande  
Franzosen weit übertroffen würden. — Kriegsbegeisterung im Lande <br>
nicht vorhanden. Flotte bleibt bei Toulon. Französische Presse  
nicht vorhanden. Flotte bleibt bei Toulon. Französische Presse <br>
ergeht sich teilweise in Schmähungen über Deutschland. —  
ergeht sich teilweise in Schmähungen über Deutschland. — <br>
Eine Störung der telephonischen Verbindung mit der Feste Kaiserin  
Eine Störung der telephonischen Verbindung mit der Feste Kaiserin <br>
bei Metz wird auf äußere Einwirkung zurückgeführt.  
bei Metz wird auf äußere Einwirkung zurückgeführt. <br>




<center>England</center><br>


England
Offiziere und Mannschaften vom Urlaub zurückbeordert, eine <br>
Maßregel, die bei geringster politischer Spannung einsetzt. Die <br>
I. Flotte nahm Kriegsmaterial auf bei Portland. Eine U-Boot- <br>
Flottille ist unbekannt ausgelaufen. Die 2. Flotte, in den Heimat- <br>
häfen, füllt ihre Mannschaftsbestände auf. Marineschulen sind ge- <br>
schlossen. Die Probemobilmachung der 2. Division Aldershot war <br>
schon längere Zeit in Aussicht genommen. <br>


Offiziere und Mannschaften vom Urlaub zurückbeordert, eine
Maßregel, die bei geringster politischer Spannung einsetzt. Die
I. Flotte nahm Kriegsmaterial auf bei Portland. Eine U-Boot-
Flottille ist unbekannt ausgelaufen. Die 2. Flotte, in den Heimat-
häfen, füllt ihre Mannschaftsbestände auf. Marineschulen sind ge-
schlossen. Die Probemobilmachung der 2. Division Aldershot war
schon längere Zeit in Aussicht genommen.


<center>Italien</center><br>


Italien
Ist durch Eisenbahnerstreik, die lybischen und albanischen An- <br>
gelegenheiten stark in Anspruch genommen, hofft aber, die Eisen- <br>
bahner befriedigen zu können, sichert Österreich freie Hand in Serbien <br>
zu, verlangt dafür freie Hand in Albanien. Die Haltung der nord- <br>
italienischen Presse war heute etwas serbenfreundlich. <br>


Ist durch Eisenbahnerstreik, die lybischen und albanischen An-
gelegenheiten stark in Anspruch genommen, hofft aber, die Eisen-
bahner befriedigen zu können, sichert Österreich freie Hand in Serbien
zu, verlangt dafür freie Hand in Albanien. Die Haltung der nord-
italienischen Presse war heute etwas serbenfreundlich.


<center>Rußland</center><br>


Zur Verstärkung der überall mobilisierten Grenzwache sind <br>
Truppen verschiedener Waffengattungen herangezogen worden, an <br>
einzelnen Stellen, z. B. Tschenstochau, Alexandrowo, Wirballen, auch <br>
Pioniere, anscheinend Sprengkommandos. Der militärische Grenz- <br>
und Bahnschutz scheint im ganzen Grenzgebiet durchgeführt. Der <br>
Ausspruch der Mobilisierung im Militärbezirk Wilna und Warschau <br>
immer noch nicht bestätigt. Reservisten noch nicht in größerer <br>
Zahl einberufen. Pässe nach einzelnen Meldungen nicht mehr erteilt. <br>
Anweisung an die Reservisten, sich bereitzuhalten, soll ergangen <br>
sein. Pferde aushebungen von einzelnen Stellen an der Grenze ge- <br>
meldet. (Es kann Sicherheitsmaßnahme oder Requisition für die <br>
Mobilisierung der Grenzwache sein.) Rollendes Material wird überall <br>
bereitgestellt. Güter wurden an der ganzen preußisch-russischen <br>
Grenze nicht mehr angenommen. <br>


Rußland
Im besonderen : Infanterie -Regimenter iio und iii mit Artillerie <br>
und einem Dragoner- Regiment stehen bei Wirballen, Grenze von <br>
westlich Suwalki bis Scliirwindt stark besetzt. Truppen gemeldet : in <br>
Ratschki (alle Waffen, ohne Stärkeangabe) ; bei Schtschutschin Kavallerie <br>
und Infanterie ; von Ostrolenka im Marsch zur Grenze (ohne Stärke- <br>
angabe); in Mlawa (Teile des Infanterie-Regiments 8 und 29 aus <br>
Warschau) ; bei Bschetz (südwestlich Wlozlawek) alle Waffen, mehrere <br>
Regimenter (?). <br>


Zur Verstärkung der überall mobilisierten Grenzwache sind
Minensperre Dünamünde wird bestätigt, zweimalige Öffnung <br>
Truppen verschiedener Waffengattungen herangezogen worden, an
täglich, Leuchtfeuer gelöscht. Die Schären, zwischen Helsingfors und <br>
einzelnen Stellen, z. B. Tschenstochau, Alexandrowo, Wirballen, auch
Hangö für Handelsschiffe gesperrt, Leuchtfeuer gelöscht, Bojen ent- <br>
Pioniere, anscheinend Sprengkommandos. Der militärische Grenz-
fernt. Schiffahrt nach Petersburg ungehindert. <br>
und Bahnschutz scheint im ganzen Grenzgebiet durchgeführt. Der
Ausspruch der Mobilisierung im Militärbezirk Wilna und Warschau
immer noch nicht bestätigt. Reservisten noch nicht in größerer
Zahl einberufen. Pässe nach einzelnen Meldungen nicht mehr erteilt.
Anweisung an die Reservisten, sich bereitzuhalten, soll ergangen
sein. Pferde aushebungen von einzelnen Stellen an der Grenze ge-  
meldet. (Es kann Sicherheitsmaßnahme oder Requisition für die
Mobilisierung der Grenzwache sein.) Rollendes Material wird überall
bereitgestellt. Güter wurden an der ganzen preußisch-russischen
Grenze nicht mehr angenommen.  


Im besonderen : Infanterie -Regimenter iio und iii mit Artillerie
Die offiziöse Presse hält serbische Antwort für ausreichend, <br>
und einem Dragoner- Regiment stehen bei Wirballen, Grenze von
glaubt Rumänien auf Seite des Dreibimdes suchen zu müssen. <br>
westlich Suwalki bis Scliirwindt stark besetzt. Truppen gemeldet : in
Ratschki (alle Waffen, ohne Stärkeangabe) ; bei Schtschutschin Kavallerie
und Infanterie ; von Ostrolenka im Marsch zur Grenze (ohne Stärke-
angabe); in Mlawa (Teile des Infanterie-Regiments 8 und 29 aus
Warschau) ; bei Bschetz (südwestlich Wlozlawek) alle Waffen, mehrere
Regimenter (?).  


Minensperre Dünamünde wird bestätigt, zweimalige Öffnung
gez. V. Griesheim <br>
täglich, Leuchtfeuer gelöscht. Die Schären, zwischen Helsingfors und
Für die Richtigkeit: <br>
Hangö für Handelsschiffe gesperrt, Leuchtfeuer gelöscht, Bojen ent-
fernt. Schiffahrt nach Petersburg ungehindert.


Die offiziöse Presse hält serbische Antwort für ausreichend,
V. Bartenwerffer, <br>
glaubt Rumänien auf Seite des Dreibimdes suchen zu müssen.
Major <br>
 
gez. V. Griesheim
Für die Richtigkeit:
 
V. Bartenwerffer,  
Major  


<hr>
<hr>
<sup>1</sup> Nach der vom Generalstab übersandten Vervielfältigung. Der 1. und  
<sup>1</sup> Nach der vom Generalstab übersandten Vervielfältigung. Der 1. und <br>
2. Bericht vom 27. und 28. Juli sind nicht bei den Akten des Auswärtigen  
2. Bericht vom 27. und 28. Juli sind nicht bei den Akten des Auswärtigen <br>
Amts. Siehe Anmerkung 3 zu Nr. 341.  
Amts. Siehe Anmerkung 3 zu Nr. 341. <br>
<sup>2</sup> Eingangsvermerk: 29. Juli nachm. Hat Zimmermann, Jagow und dem  
<sup>2</sup> Eingangsvermerk: 29. Juli nachm. Hat Zimmermann, Jagow und dem <br>
Reichskanzler vorgelegen, vom Reichskanzler am 31. zurück.
Reichskanzler vorgelegen, vom Reichskanzler am 31. zurück.

Revision as of 15:32, 27 June 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 372.


Nr. 372
Der Große Generalstab an das Auswärtige Amt1


Berhn, den 29. Juli 19142

3. Bericht


N a c h r i c h t e n  b i s  29.  J u l i  40 n a c h m.



Ö s t e r r e i c h


Den Oberbefehl gegen Serbien hat der Erzherzog Friedrich über-
nommen. Gegen Serbien werden 1. Kav.-Div. (Temesvar) zu 36 Esks.
und 10. Kav.-Div. (Budapest) zu 30 Esks. mobil gemacht. Die
gesamte Mobilmachung verläuft fast ohne Störung, nur ein Mangel
an Landfuhrwerk soll sich bei Aufstellung der Trains im Bezirk des
VII. A.-K. (Temesvar) fühlbar machen. Das III. A.-K. wird mit nur
39 Batl. aufgestellt, die Gesamtstärke der Armee wird sich nun-
mehr auf rund 400 000 Mann ermäßigen. Der Mitrowitzer Save-
übergang soll ohne Kampf in österreichische Hände gefallen sein.
Die Donaimionitore stehen versammelt bei Neusatz. Die Flotte liegt
bei Sebenico vereinigt. Landsturm ist bei sämtlichen acht Armee-
korps aufgerufen.


Serbien und Montenegro


Soweit aus der Presse ersichtlich, Lage wie folgt : Die Truppen
südlich Semendria gehen morawaaufwärts zurück, an der Donau ver-
bleiben nur schwächere Kräfte, darunter Landsturm. An der unteren
Drina bei Lesnitza und südlich sind starke Freiwilligenabteilungen
in der Bildung begriffen. Kleinere Feuergefechte entwickelten sich
an beiden Flüssen. Die Hauptgruppen der serbischen Westfront bei
Valjevo und Uschitze werden verstärkt. Von Novibasar her sollen
Teile der neugebildeten Ibar-Division zum Lim marschieren und Teile
bis Priboj an die Grenze vorgeschoben haben. Dieser linke serbische
Flügel hat Verbindung mit dem rechten Flügel der Montenegriner,
der in Stärke einer Brigade mit Artillerie in Gegend Plevlje gemeldet
wird. Je ein bis zwei weitere Brigaden sollen am Rjegos und bei
Grahovo versammelt sein. Der Lowtschen wird weiter verstärkt.
Die montenegrinischen Hauptkräfte scheinen um Niksitsch versammelt
zu werden. König und Regierung begaben sich nach Podgoritza,
wo ein höherer serbischer Offizier eintraf. Das serbische Haupt-
quartier scheint zunächst in Nisch zu bleiben. Der serbische General-
stabschef soll entgegen den Pressemeldungen nicht freigelassen sein.
Über Wien werden lunfangreiche Desertionen serbischer Soldaten ge-
meldet, die mit ihren Waffen auf ungarischem Gebiet ankommen und
über mangelhafte Verpflegung klagen sollen. Nach einer Äußerung
des bulgarischen Gesandten soll auch in Nisch Mangel an Nahrungs-
mitteln herrschen.


Griechenland


Es wird bekannt, daß Bündnisvertrag sich nicht auf Unter-
stützung Serbiens gegen Österreich bezieht. Griechenland will neutral
bleiben. Presse und Bevölkerung gegen Österreich gesinnt.


Rumänien, Bulgarien


Nichts Neues.

Türkei


Türkei will Neutralität zunächst wahren, fürchtet aber Anfang
August einen griechischen Flottenüberfall (??).


Belgien


Armee wird durch Einziehung von drei Jahrgängen von 55 000
auf 100 000 Mann gebracht. Einziehung dieser Reserven ist befohlen.
Grenzdienst soll verschärft werden. Belgien will Einfall der Franzosen
wie Deutschen verhindern ; entsprechende Maßnahmen : Armierung
der Werke, Vorbereiten der Kunstbauten zur Sprengung usw.


Holland


Die Mobilmachung wird vorbereitet, die wichtigsten Maas- und
Yssel-Übergänge militärisch besetzt. Forts werden besetzt und armiert,
Verpflegung anscheinend reichlich.


Frankreich


1. G r e n z g e b i e t. Grenzschutzübungen. Erhöhte Tätigkeit.
Kraftwagen sollen bei Audun, Longuyon vmd Longwy bereitstehen.
Miltärischer Bahnschutz durchgeführt. Arbeit an Rampen. Tele-
phonverkehr zwischen Paris und Deutschland heute stellenweise unter-
brochen. Eisenbahnmaterial zurückgeführt. In Toul und Epinal
keine Waggons für Handel mehr hergegeben. Armierung der Bel-
forter Forts im Gange.

2. I m  I n n e r n. An Strecke Paris-Herbesthal Bahnbewachung
und Abstellung zahlreicher leerer Züge festgestellt. Auf Kasernen -
höfen in Paris 28. Juli Feldfahrzeuge bemerkt. Keine allgemeine
Reservisteneinziehung. Höchstens Einziehung jüngsten Jahrgangs
möghch. — Oberstl. Dupont, Chef 2. Abt. Genst., sprach Verwun-
denmg über geringe Schutzmaßregeln Deutschlands aus. Nur bei
Metz seien Vorbereitungen festgestellt, die von denen seitens der
Franzosen weit übertroffen würden. — Kriegsbegeisterung im Lande
nicht vorhanden. Flotte bleibt bei Toulon. Französische Presse
ergeht sich teilweise in Schmähungen über Deutschland. —
Eine Störung der telephonischen Verbindung mit der Feste Kaiserin
bei Metz wird auf äußere Einwirkung zurückgeführt.


England


Offiziere und Mannschaften vom Urlaub zurückbeordert, eine
Maßregel, die bei geringster politischer Spannung einsetzt. Die
I. Flotte nahm Kriegsmaterial auf bei Portland. Eine U-Boot-
Flottille ist unbekannt ausgelaufen. Die 2. Flotte, in den Heimat-
häfen, füllt ihre Mannschaftsbestände auf. Marineschulen sind ge-
schlossen. Die Probemobilmachung der 2. Division Aldershot war
schon längere Zeit in Aussicht genommen.


Italien


Ist durch Eisenbahnerstreik, die lybischen und albanischen An-
gelegenheiten stark in Anspruch genommen, hofft aber, die Eisen-
bahner befriedigen zu können, sichert Österreich freie Hand in Serbien
zu, verlangt dafür freie Hand in Albanien. Die Haltung der nord-
italienischen Presse war heute etwas serbenfreundlich.


Rußland


Zur Verstärkung der überall mobilisierten Grenzwache sind
Truppen verschiedener Waffengattungen herangezogen worden, an
einzelnen Stellen, z. B. Tschenstochau, Alexandrowo, Wirballen, auch
Pioniere, anscheinend Sprengkommandos. Der militärische Grenz-
und Bahnschutz scheint im ganzen Grenzgebiet durchgeführt. Der
Ausspruch der Mobilisierung im Militärbezirk Wilna und Warschau
immer noch nicht bestätigt. Reservisten noch nicht in größerer
Zahl einberufen. Pässe nach einzelnen Meldungen nicht mehr erteilt.
Anweisung an die Reservisten, sich bereitzuhalten, soll ergangen
sein. Pferde aushebungen von einzelnen Stellen an der Grenze ge-
meldet. (Es kann Sicherheitsmaßnahme oder Requisition für die
Mobilisierung der Grenzwache sein.) Rollendes Material wird überall
bereitgestellt. Güter wurden an der ganzen preußisch-russischen
Grenze nicht mehr angenommen.

Im besonderen : Infanterie -Regimenter iio und iii mit Artillerie
und einem Dragoner- Regiment stehen bei Wirballen, Grenze von
westlich Suwalki bis Scliirwindt stark besetzt. Truppen gemeldet : in
Ratschki (alle Waffen, ohne Stärkeangabe) ; bei Schtschutschin Kavallerie
und Infanterie ; von Ostrolenka im Marsch zur Grenze (ohne Stärke-
angabe); in Mlawa (Teile des Infanterie-Regiments 8 und 29 aus
Warschau) ; bei Bschetz (südwestlich Wlozlawek) alle Waffen, mehrere
Regimenter (?).

Minensperre Dünamünde wird bestätigt, zweimalige Öffnung
täglich, Leuchtfeuer gelöscht. Die Schären, zwischen Helsingfors und
Hangö für Handelsschiffe gesperrt, Leuchtfeuer gelöscht, Bojen ent-
fernt. Schiffahrt nach Petersburg ungehindert.

Die offiziöse Presse hält serbische Antwort für ausreichend,
glaubt Rumänien auf Seite des Dreibimdes suchen zu müssen.

gez. V. Griesheim
Für die Richtigkeit:

V. Bartenwerffer,
Major


1 Nach der vom Generalstab übersandten Vervielfältigung. Der 1. und
2. Bericht vom 27. und 28. Juli sind nicht bei den Akten des Auswärtigen
Amts. Siehe Anmerkung 3 zu Nr. 341.
2 Eingangsvermerk: 29. Juli nachm. Hat Zimmermann, Jagow und dem
Reichskanzler vorgelegen, vom Reichskanzler am 31. zurück.