Nr. 4. Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler, 20. Juni 1914: Difference between revisions

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<center>Nr. 4</center>
<center>Nr. 4</center>


<center><font size =4>Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler<sup>1</sup></font></center>
<center><font size =4>'''Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler<ref>Nach der Ausfertigung.</ref>'''</font></center><br>
 
:Geheim! &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp;  Wien, den 17. Juni 1914<ref>Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 20. Juni vorm. Bericht lag dem <br>
Kaiser vor, von ihm am 21. Juni zurückgegeben, am 22. Juni wieder im Amt</ref> 
 
::Graf Berchtold war nach der Abreise Sr. M. des Kaisers von S. K. u.
:K. Hoheit dem Erzherzog Franz Ferdinand nach Konopischt geladen
:worden. Der Minister erzählte mii heute, S. K. u. K. Hoheit habe sich
:ihm gegenüber im höchsten Maße befriedigt über den Besuch S. M. des
:Kaisers ausgesprochen. Er habe über alle möglichen Fragen ein-
:gehend mit Sr. M. gesprochen imd durchweg völlige Übereinstimmung
:der Ansichten konstatieren können.


Geheim! &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp;  Wien, den 17. Juni 1914<sup>2</sup> 
::Der Erzherzog hat dem Grafen Berchtold auch dasjenige mit-
:geteilt, was er unserem Allergn ädigsten Herrn bezüglich der Politik
:des Grafen Tisza, besonders den nichtmagyarischen Nationalitäten
:gegenüber, gesagt hat. Den Rumänen gegenüber habe, wie S. K. u. K.
:Hoheit bemerkt hätten, Graf Tisza zwar schöne Worte gebraucht,
:seine Taten entsprächen aber diesen Worten nicht. Ein Fehler des
:ungarischen Ministerpräsidenten sei es vor allem gewesen, daß er
:den siebenbürgischen Rumänen nicht einige Abgeordnetenmandate
:mehr gegeben habe.  


Graf Berchtold war nach der Abreise Sr. M. des Kaisers von S. K. u.
::Graf Berchtold meinte mir gegenüber, er habe schon oft und
K. Hoheit dem Erzherzog Franz Ferdinand nach Konopischt geladen
:nachdrückhch auf den Grafen Tisza zugunsten größerer Konzessionen
worden. Der Minister erzählte mii heute, S. K. u. K. Hoheit habe sich
:für die Rumänen einzuwirken versucht. Seine Bemühungen seien
ihm gegenüber im höchsten Maße befriedigt über den Besuch S. M. des
:aber vergeblich gewesen. Graf Tisza behaupte, er sei bereits so
Kaisers ausgesprochen. Er habe über alle möglichen Fragen ein-
:weit als irgend möglich den Rumänen entgegengekommen.  
gehend mit Sr. M. gesprochen imd durchweg völlige Übereinstimmung
der Ansichten konstatieren können.  


Der Erzherzog hat dem Grafen Berchtold auch dasjenige mit-
::Ich werde meinerseits, wie ich dies bisher schon dem Grafen  
geteilt, was er unserem Allergn ädigsten Herrn bezüglich der Politik
:Berchtold gegenüber getan habe, der mir gewordenen hohen Vv^eisung
des Grafen Tisza, besonders den nichtmagyarischen Nationalitäten
:entsprechend jeden Anlaß benutzen, um auch den ungarischen Minister-
gegenüber, gesagt hat. Den Rumänen gegenüber habe, wie S. K. u. K.
:präsidenten auf die Notwendigkeit der Gewinnung der Rumänen  
Hoheit bemerkt hätten, Graf Tisza zwar schöne Worte gebraucht,
:hinzuweisen.  
seine Taten entsprächen aber diesen Worten nicht. Ein Fehler des
::::::::::::::::von Tschirschky
ungarischen Ministerpräsidenten sei es vor allem gewesen, daß er
den siebenbürgischen Rumänen nicht einige Abgeordnetenmandate
mehr gegeben habe.


Graf Berchtold meinte mir gegenüber, er habe schon oft und
:<i>er darf durch <u>seine innere</u> Politik, die
nachdrückhch auf den Grafen Tisza zugunsten größerer Konzessionen
:bei der Rumänenfrage auf die <u>äußere</u>
für die Rumänen einzuwirken versucht. Seine Bemühungen seien
:des <u>Dreibundes</u> Einfluß hat, die letztere
aber vergeblich gewesen. Graf Tisza behaupte, er sei bereits so
:nicht in Frage stellen.</i>
weit als irgend möglich den Rumänen entgegengekommen.  


Ich werde meinerseits, wie ich dies bisher schon dem Grafen
<hr>
Berchtold gegenüber getan habe, der mir gewordenen hohen Vv^eisung
entsprechend jeden Anlaß benutzen, um auch den ungarischen Minister-
präsidenten auf die Notwendigkeit der Gewinnung der Rumänen
hinzuweisen.
::::::::::von Tschirschky


er darf durch seine innere Politik, die
<references />
bei der Rumänenfrage auf die äußere
des Dreibundes Einfluß hat, die letztere
nicht in Frage stellen.


<sup>1</sup>Nach der Ausfertigung.
<p align="center">
[[Nr. 3. Der Reichskanzler an den Botschafter in London, 16. Juni 1914|Nr. 3]] < Previous - Next > [[Nr. 5. Der Botschafter in London an den Reichskanzler, 27. Juni 1914| Nr. 5]]
</p><hr>


<sup>2</sup>Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 20. Juni vorm. Bericht lag dem
[[Category:Documents dated 1914-06-17]]
Kaiser vor, von ihm am 21. Juni zurückgegeben, am 22. Juni wieder im Amt

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Nr. 4
Der Botschafter in Wien an den Reichskanzler[1]


Geheim!                                 Wien, den 17. Juni 1914[2]
Graf Berchtold war nach der Abreise Sr. M. des Kaisers von S. K. u.
K. Hoheit dem Erzherzog Franz Ferdinand nach Konopischt geladen
worden. Der Minister erzählte mii heute, S. K. u. K. Hoheit habe sich
ihm gegenüber im höchsten Maße befriedigt über den Besuch S. M. des
Kaisers ausgesprochen. Er habe über alle möglichen Fragen ein-
gehend mit Sr. M. gesprochen imd durchweg völlige Übereinstimmung
der Ansichten konstatieren können.
Der Erzherzog hat dem Grafen Berchtold auch dasjenige mit-
geteilt, was er unserem Allergn ädigsten Herrn bezüglich der Politik
des Grafen Tisza, besonders den nichtmagyarischen Nationalitäten
gegenüber, gesagt hat. Den Rumänen gegenüber habe, wie S. K. u. K.
Hoheit bemerkt hätten, Graf Tisza zwar schöne Worte gebraucht,
seine Taten entsprächen aber diesen Worten nicht. Ein Fehler des
ungarischen Ministerpräsidenten sei es vor allem gewesen, daß er
den siebenbürgischen Rumänen nicht einige Abgeordnetenmandate
mehr gegeben habe.
Graf Berchtold meinte mir gegenüber, er habe schon oft und
nachdrückhch auf den Grafen Tisza zugunsten größerer Konzessionen
für die Rumänen einzuwirken versucht. Seine Bemühungen seien
aber vergeblich gewesen. Graf Tisza behaupte, er sei bereits so
weit als irgend möglich den Rumänen entgegengekommen.
Ich werde meinerseits, wie ich dies bisher schon dem Grafen
Berchtold gegenüber getan habe, der mir gewordenen hohen Vv^eisung
entsprechend jeden Anlaß benutzen, um auch den ungarischen Minister-
präsidenten auf die Notwendigkeit der Gewinnung der Rumänen
hinzuweisen.
von Tschirschky
er darf durch seine innere Politik, die
bei der Rumänenfrage auf die äußere
des Dreibundes Einfluß hat, die letztere
nicht in Frage stellen.

  1. Nach der Ausfertigung.
  2. Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 20. Juni vorm. Bericht lag dem
    Kaiser vor, von ihm am 21. Juni zurückgegeben, am 22. Juni wieder im Amt

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