Nr. 41. Der Geschäftsträger in Bukarest an den Reichskanzler, 14. Juli 1914: Difference between revisions

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<center><font size=4>'''Der Geschäftsträger in Bukarest an den Reichskanzler<sup>1</sup>'''</font></center><br>
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Mit Recht  
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doch!  
<i>Mit Recht  
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doch! </i>
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Ganz geheim!&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Bukarest, den 11. Juli 1914<sup>2</sup><br>
Ganz geheim!&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Bukarest, den 11. Juli 1914<sup>2</sup><br><br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;S. M. der König empfing mich gestern um <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;S. M. der König empfing mich gestern um <br>
12^/2 Uhr in Sinai a. Ich hatte die Ehre, hierauf<br>  
12<sup>1</sup>/<sub>2</sub> Uhr in Sinaia. Ich hatte die Ehre, hierauf<br>  
zur Frühstückstatel zugezogen zu werden, nach der<br>  
zur Frühstückstafel zugezogen zu werden, nach der<br>  
sich S. M. noch längere Zeit in Gegenwart des <br>
sich S. M. noch längere Zeit in Gegenwart des <br>
Prinzen von Rumänien mit mir über die in der <br>
Prinzen von Rumänien mit mir über die in der <br>
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gegen Österreich -Ungarn zu gründen, die Rede war, <br>
gegen Österreich -Ungarn zu gründen, die Rede war, <br>
unterbrach mich Höchstderselbe mit der Bemerkung, <br>
unterbrach mich Höchstderselbe mit der Bemerkung, <br>
daß ihm von einer solchen Absicht Rußlands nichts <br>
daß ihm von einer solchen Absicht Rußlands <i>nichts <br>
bekannt sei.<sup>3</sup> <br>
bekannt sei.</i><sup>3</sup> <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Am Schlüsse meiner Ausführungen bemerkte <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Am Schlusse meiner Ausführungen bemerkte <br>
S. M. zunächst, Er glaube nicht, daß die serbische<br>  
S. M. zunächst, Er glaube nicht, daß die serbische<br>  
Regierung mit dem Attentat in Sarajevo in Ver- <br>
Regierung mit dem Attentat in Sarajevo in Ver- <br>
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scheine man den Kopf verloren zu haben. Es wäre <br>
scheine man den Kopf verloren zu haben. Es wäre <br>
gut, von Berlin aus auf den Ballplatz einzuwirken, <br>
gut, von Berlin aus auf den Ballplatz einzuwirken, <br>
um der dort herrschenden kleinmütigen Stimmung<sup>5</sup> <br>
um der dort herrschenden <i>kleinmütigen Stimmung</i><sup>5</sup> <br>
auszuhelfen. Über die politischen Fähigkeiten des <br>
auszuhelfen. Über die politischen Fähigkeiten des <br>
Grafen Berchtold sprach sich S. M. nicht gerade <br>
Grafen Berchtold sprach sich S. M. <i>nicht gerade <br>
schmeichelhaft aus. Der König tadelte die Organi- <br>
schmeichelhaft</i> aus. Der König tadelte die Organi- <br>
sation in Bosnien und meinte, man wisse tatsächlich <br>
sation in Bosnien und meinte, man wisse tatsächlich <br>
heute noch nicht, ob Österreich oder Ungarn dort <br>
heute noch nicht, ob Österreich oder Ungarn dort <br>
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Lande gegen Österreich-Ungarn als eine Welle, die <br>
Lande gegen Österreich-Ungarn als eine Welle, die <br>
wieder vorübergehen werde, bezeichnet hatte, <br>
wieder vorübergehen werde, bezeichnet hatte, <br>
äußerte Er sich gestern dahin, daß die Agitation <br>
äußerte Er sich gestern dahin, daß die <i>Agitation <br>
eine ernste sei. Höchstderselbe stimmte mir bei, <br>
eine ernste</i> sei. Höchstderselbe stimmte mir bei, <br>
als ich die Ansicht aussprach, dieselbe sei deshalb <br>
als ich die Ansicht aussprach, dieselbe sei deshalb <br>
so heftig geworden, weil man hier Österreich für <br>
so heftig geworden, weil man hier <i>Österreich für <br>
schwach halte, und zudem das Selbstbewußtsein in <br>
schwach halte,</i> und zudem das <i>Selbstbewußtsein in <br>
Rumänien so außerordentlich gestiegen wäre. Als <br>
Rumänien so außerordentlich gestiegen</i> wäre. Als <br>
ich erwähnte, daß hier vielfach der Glaube bestehe, <br>
ich erwähnte, daß hier vielfach der Glaube bestehe, <br>
Siebenbürgen werde in nicht zu ferner Zeit Rumänien <br>
Siebenbürgen werde in nicht zu ferner Zeit Rumänien <br>
zufallen, meinte S. M., Er trete dieser Auffassung <br>
zufallen, meinte S. M., Er trete dieser Auffassung <br>
hier scharf entgegen und habe offen ausgesprochen, <br>
hier scharf entgegen und habe offen ausgesprochen, <br>
daß Er sich zu einer Eroberung Siebenbürgens <br>
daß Er sich zu <i>einer Eroberung Siebenbürgens <br>
niemals hergeben werde. Nach der Tafel kam das <br>
niemals hergeben</i> werde. Nach der Tafel kam das <br>
Gespräch nochmals auf diese Frage, wobei der <br>
Gespräch nochmals auf diese Frage, wobei der <br>
König, zum Prinzen Ferdinand gewendet, äußerte: <br>
König, zum Prinzen Ferdinand gewendet, äußerte: <br>
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vielleicht.« <br>
vielleicht.« <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;S. M. sprach sich bezüghch Serbiens dahin aus, <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;S. M. sprach sich bezüghch Serbiens dahin aus, <br>
daß man vor allem den gewissenlosen Preßtreibereien <br>
daß man vor allem den <i>gewissenlosen Preßtreibereien</i> <br>
entgegentreten müsse; diese trügen die Hauptschuld <br>
entgegentreten müsse; diese trügen die Hauptschuld <br>
an allem Unheil und hielten die Gemüter in steter <br>
an allem <i>Unheil und hielten die Gemüter in steter <br>
Erregung. <br>
Erregung.</i> <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Auch in Österreich müsse auf die Presse gewirkt <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Auch in Österreich müsse auf die Presse gewirkt <br>
werden, damit diese nicht allzu sehr gegen Serbien <br>
werden, damit diese nicht allzu sehr gegen Serbien <br>
hetze. Sasonow habe Ihm gesagt, Rußland denke <br>
hetze. Sasonow habe Ihm gesagt, <i>Rußland denke <br>
nicht daran, einen Krieg zu führen, weil es in diesem <br>
nicht daran, einen Krieg zu führen, weil es in diesem <br>
Falle viel zu sehr innere Unruhen befürchten müsse, <br>
Falle viel zu sehr innere Unruhen</i> befürchten müsse, <br>
aber einen Angriff Österreichs auf Serbien könne es <br>
aber einen Angriff Österreichs auf Serbien könne es <br>
nicht dulden. Bei einem solchen, fuhr der König <br>
nicht dulden. Bei einem solchen, fuhr der König <br>
weiter, habe Rumänien keine Verpflichtungen. <br>
weiter, <i>habe Rumänien keine Verpflichtungen.</i> <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Über Bulgarien bemerkte der König, im Laufe <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Über Bulgarien bemerkte der König, im Laufe <br>
des Gesprächs habe sich Sasonow Ihm gegenüber <br>
des Gesprächs habe sich Sasonow Ihm gegenüber <br>
derart despektierlich ausgesprochen, daß Er förmlich <br>
derart despektierlich ausgesprochen, daß Er <i>förmlich <br>
als Verteidiger aufgetreten sei. Der König erörterte <br>
als Verteidiger</i> aufgetreten sei. Der König erörterte <br>
auch die Frage bezüghch der Stellung Griechenlands <br>
auch die Frage bezüghch der Stellung Griechenlands <br>
im Falle eines Bündnisses mit Bulgarien und meinte, <br>
im Falle eines Bündnisses mit Bulgarien und meinte, <br>
eine Verständigung zwischen diesen beiden Staaten <br>
eine Verständigung zwischen diesen beiden Staaten <br>
könne nur erfolgen, wenn Griechenland Kavalla <br>
könne nur erfolgen, wenn <i>Griechenland Kavalla <br>
wieder zurückgäbe. <br>
wieder zurückgäbe.</i> <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Die politische Lage hält der König auch beson- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Die politische Lage hält der König auch beson- <br>
ders mit Rücksicht auf Albanien für sehr bedenklich. <br>
ders mit Rücksicht auf <i>Albanien für sehr bedenklich.</i> <br>
Er zeigt sich sehr unzufrieden über die Haltung <br>
Er zeigt sich sehr <i>unzufrieden über die Haltung <br>
Italiens daselbst. Insbesondere bezeichnete Er es als <br>
Italiens</i> daselbst. Insbesondere bezeichnete Er es als <br>
unglaublich, daß man einen Gesandten wie Aliotti <br>
unglaublich, daß man einen Gesandten wie Aliotti <br>
dahin geschickt habe. Dieser hätte seinerzeit London <br>
dahin geschickt habe. Dieser hätte <i>seinerzeit London <br>
wegen Falschspielens eiligst verlassen müssen. Aliotti <br>
wegen Falschspielens</i> eiligst <i>verlassen müssen.</i> Aliotti <br>
habe dem Fürsten seinerzeit geradezu gedroht, die <br>
habe dem Fürsten seinerzeit <i>geradezu gedroht, die <br>
Truppen zurückziehen zu lassen, wenn der Fürst <br>
Truppen zurückziehen zu lassen,</i> wenn der <i>Fürst <br>
sich nicht auf ein Schiff begebe. <br>
sich nicht auf ein Schiff begebe.</i> <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Um auf die Stimmung in Serbien gegen Öster- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Um auf die Stimmung in Serbien gegen Öster- <br>
reich möghchst wirksamen Einfluß nehmen zu können, <br>
reich möghchst wirksamen Einfluß nehmen zu können, <br>
hält S. M. für unbedingt notwendig, daß Schritte <br>
hält S. M. für unbedingt notwendig, daß Schritte <br>
von Berlin aus in Petersburg<sup>6</sup> in diesem Sinne <br>
von <i>Berlin aus in Petersburg</i><sup>6</sup> in diesem Sinne <br>
gemacht werden. <br>
gemacht werden. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Dort müsse man zu verstehen geben, daß es <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Dort müsse man zu verstehen geben, daß es <br>
sich jetzt nicht mehr lediglich um Rassenstreitig- <br>
sich jetzt nicht mehr <i>lediglich um Rassenstreitig- <br>
keiten, sondern um sehr wichtige dynastische In- <br>
keiten,</i> sondern um sehr wichtige dynastische In- <br>
teressen handele. Was gestern in Sarajevo geschehen <br>
teressen handele. Was gestern in Sarajevo geschehen <br>
sei, könne sich morgen ebenso gut in Petersburg <br>
sei, könne sich morgen <i>ebenso gut in Petersburg</i> <br>
ereignen. Man möge daher von Petersburg aus <br>
ereignen. Man möge daher von Petersburg aus <br>
ernste Schritte in Belgrad unternehmen. Er, der <br>
ernste Schritte in Belgrad unternehmen. Er, der <br>
König, sei bereit, auch seinerseits in diesem Sinne <br>
König, sei bereit, auch seinerseits in diesem Sinne <br>
einen Druck auf Serbien auszuüben. Femer wolle <br>
einen Druck auf Serbien auszuüben. Ferner wolle <br>
Er Seinen Gesandten in Petersburg, der demnächst <br>
Er Seinen Gesandten in Petersburg, der demnächst <br>
mit der Deputation des dem Zaren verliehenen <br>
mit der Deputation des dem Zaren verliehenen <br>
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Gelegenheit benutzte, um Sr. M. auftragsgemäß <br>
Gelegenheit benutzte, um Sr. M. auftragsgemäß <br>
von der tiefen Wirkung Höchstseiner kürzlich ge- <br>
von der tiefen Wirkung Höchstseiner kürzlich ge- <br>
machten Demarche in Athen, die die Erhaltimg des <br>
machten Demarche in Athen, die die Erhaltung des <br>
Friedens bezweckte, zu sprechen, und dabei den <br>
Friedens bezweckte, zu sprechen, und dabei den <br>
Allerhöchsten Randvermerk<sup>7</sup> auf dem Bericht des <br>
Allerhöchsten Randvermerk<sup>7</sup> auf dem Bericht des <br>
Grafen Quadt zur Kenntnis brachte, zeigte sich der <br>
Grafen Quadt zur Kenntnis brachte, zeigte sich der <br>
König sichtlich erfreut, und meinte, nun hätte S. M, <br>
König sichtlich erfreut, und meinte, nun hätte S. M. <br>
der Kaiser durch eine Demarche in Petersburg <br>
der Kaiser durch eine Demarche in Petersburg <br>
Gelegenheit, ebenfalls der Sache des Friedens e^nen <br>
Gelegenheit, ebenfalls der Sache des Friedens einen <br>
großen Dienst zu erweisen. <br>
großen Dienst zu erweisen. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Über weitere Eindrücke, die ich aus meiner Unter- <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Über weitere Eindrücke, die ich aus meiner Unter- <br>
redung mit Sr. M, gewonnen habe, werde ich dem- <br>
redung mit Sr. M. gewonnen habe, werde ich dem- <br>
nächst berichten.<sup>8</sup> <br>
nächst berichten.<sup>8</sup> <br>


Waldburg <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;W a l d b u r g <br>


<sup>1</sup> Nach der Ausfertigung. Siehe Nr. 16 und 28. <br>
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<sup>1</sup> Nach der Ausfertigung. Siehe [[Nr. 16. Der Reichskanzler an den Geschäftsträger in Bukarest, 6. Juli 1914|Nr. 16]] und [[Nr. 28 Der Geschäftsträger in Bukarest an das Auswärtige Amt, 10. Juli 1914|28]]. <br>
<sup>2</sup> Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 14. Juli vorm. Bericht lag dem <br>
<sup>2</sup> Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 14. Juli vorm. Bericht lag dem <br>
Kaiser vor, von ihm am 20. Juli zurückgegeben, am 23. Juli wieder im Amt <br>
Kaiser vor, von ihm am 20. Juli zurückgegeben, am 23. Juli wieder im Amt <br>
Kaiser befahl durch Randverfügung Muteilung an die Botschafter in <br>
Kaiser befahl durch Randverfügung Mitteilung an die Botschafter in <br>
Wien, Rom und Petersburg, die indessen tatsächlich nicht erfolgt ist. <br>
Wien, Rom und Petersburg, die indessen tatsächlich nicht erfolgt ist. <br>
<sup>3</sup> Am Rand Fragezeichen und Ausrufungszeichen des Kaisers. <br>
<sup>3</sup> Am Rand Fragezeichen und Ausrufungszeichen des Kaisers. <br>
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<sup>5</sup> Desgleichen. <br>
<sup>5</sup> Desgleichen. <br>
<sup>6</sup> Am Rand Fragezeichen des Kaisers. <br>
<sup>6</sup> Am Rand Fragezeichen des Kaisers. <br>
<sup>7</sup> Der Randvermerk des Kaisers findet sich auf folgendem Telegramm des <br>
<sup>7</sup> Der Randvermerk des Kaisers findet sich auf folgendem Telegramm des <br>
stellvertretenden Staatssekretärs an den Kaiser vom 19. Juni: <br>
stellvertretenden Staatssekretärs an den Kaiser vom 19. Juni: <br>
 
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Wien, Rom, Bukarest, Ew. M. Gesandter in Athen telegraphiert: <br>
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Stambul, London, Paris, ... ^ 1 • i 1 • r^ • •«»• • <br>
<i>Wien, Rom, Bukarest, <br>
 
Stambul, London, Paris,<br>
Petersburg. »Kumamens Schritt, der hier nur Konig, Minister- <br>
Petersburg. <br>
 
Der König hat uns allen<br>
Der König hat uns allen Präsidenten und Minister der auswärtigen Angelegen- <br>
einen großen Dienst er-<br>
 
wiesen! Wir können<br>
einen großen Dienst er- heiten bekannt ist, hat ungeheure Wirkung gehabt, und <br>
ihm alle sehr dankbar<br>
 
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wiesen! Wir können -^j^ j^^j^^ Frieden, wenn Türkei weiter vorsichtig handelt, <br>
der muß scharf zuge-<br>
 
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sehr erfreulich! <br></i>
 
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sein! VT. *'^'' Ziemlich gesichert. <br>
Ew. M. Gesandter in Athen telegraphiert: <br>
 
»<i>Rumäniens</i> Schritt, der hier nur Konig, Minister- <br>
der muß scharf \uge- riauptgefahr schien mir darin zu liegen, daß grie- <br>
Präsidenten und Minister der auswärtigen Angelegen- <br>
 
heiten bekannt ist, hat ungeheure Wirkung gehabt, und <br>
redet werden! chische Regierung gegenwärtige Streitfrage mit der <br>
ich halte Frieden, <i>wenn Türkei weiter vorsichtig handelt,</i> <br>
sehr erfreulich! Türkei mit Inselfrage verquickt und hierin neue Forde- <br>
für ziemlich <i>gesichert</i>. <br>
Hauptgefahr schien mir darin zu liegen, daß grie- <br>
chische Regierung gegenwärtige Streitfrage mit der <br>
Türkei mit Inselfrage verquickt und hierin neue Forde- <br>
rungen betreffend Anerkennung stellen würde. Diese <br>
rungen betreffend Anerkennung stellen würde. Diese <br>
Absicht hat entschieden einmal bestanden, scheint aber <br>
Absicht hat entschieden einmal bestanden, scheint aber <br>
jetzt, wie Streit mir versichert, aufgegeben.« <br>
jetzt, wie Streit mir versichert, aufgegeben.« <br>
 
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Alleruntertänigst <br>
AUeruntertänigst <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Z i m m e r m a n n <br>
 
|}
Zimmermann <br>
<sup>8</sup> Siehe [[Nr. 66. Der Geschäftsträger in Bukarest an den Reichskanzler, 18. Juli 1914|Nr. 66]] <br>
<sup>8</sup> Siehe Nr. 66 <br>

Latest revision as of 08:12, 10 June 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 41.


Nr. 41
Der Geschäftsträger in Bukarest an den Reichskanzler1






































































































Mit Recht













doch!

Ganz geheim!         Bukarest, den 11. Juli 19142

     S. M. der König empfing mich gestern um
121/2 Uhr in Sinaia. Ich hatte die Ehre, hierauf
zur Frühstückstafel zugezogen zu werden, nach der
sich S. M. noch längere Zeit in Gegenwart des
Prinzen von Rumänien mit mir über die in der
Audienz schon besprochenen Fragen unterhielt.
     S. M. hörte meine im Namen Sr. M. des Kaisers
und Königs gemachten Ausführungen mit lebhaftem
Interesse an. Bei den Stellen, die von dem Freund-
schaftsverhältnis zwischen Rumänien und Serbien,
sowie über die in Rumänien bestehende Agitation
gegen Österreich -Ungarn handelten, machte S. M.
eine zustimmende Kopfbewegung. Auch zu den
Äußerungen, daß Höchstderselbe dem österreichi-
schen Vertreter letzter Zeit zweimal gesagt habe.
Er werde im Falle eines Krieges, mit Rücksicht
auf die österreichfeindliche Stimmung in Rumänien,
Höchstseinen Bundespflicliten nicht nachkommen
können, und als ich davon sprach, daß S. M. der
Kaiser und König in Wien stets für eine Verständi-
gung mit Serbien eingetreten sei, stimmte S. M.
beifällig zu. Als von den Bestrebungen Rußlands,
einen neuen Balkanbund mit einer direkten Spitze
gegen Österreich -Ungarn zu gründen, die Rede war,
unterbrach mich Höchstderselbe mit der Bemerkung,
daß ihm von einer solchen Absicht Rußlands nichts
bekannt sei.
3
     Am Schlusse meiner Ausführungen bemerkte
S. M. zunächst, Er glaube nicht, daß die serbische
Regierung mit dem Attentat in Sarajevo in Ver-
bindung gebracht werden könnte. Er habe dies
auch schon dem Grafen Czernin gesagt und ihn ge-
fragt, ob man denn in Wien sichere Beweise da-
für besitze.4
     Hierauf sprach sich S. M., wie ich schon tele-
graphisch berichtet habe, über die Aussichtslosigkeit
eines Bündnisses mit Bulgarien aus. Als S. M. da-
von sprach, daß Rumänien nicht sofort mit Bulgarian
in ein Bündnisverhältnis treten könne, wies er auf
den letzten Grenzzwischenfall, bei dem ein rumäni-
scher Soldat von einem bulgarischen erschossen
wurde, sowie darauf hin, daß die Stimmung in
Bulgarien gegen Rumänien sehr erregt sei.
     S. M. meinte weiter, die Lage sei zwar augen-
blicklich ernst, doch nicht hoffnungslos. In Wien
scheine man den Kopf verloren zu haben. Es wäre
gut, von Berlin aus auf den Ballplatz einzuwirken,
um der dort herrschenden kleinmütigen Stimmung5
auszuhelfen. Über die politischen Fähigkeiten des
Grafen Berchtold sprach sich S. M. nicht gerade
schmeichelhaft
aus. Der König tadelte die Organi-
sation in Bosnien und meinte, man wisse tatsächlich
heute noch nicht, ob Österreich oder Ungarn dort
regiere.
     Während S. M. früher die Mißstimmung im
Lande gegen Österreich-Ungarn als eine Welle, die
wieder vorübergehen werde, bezeichnet hatte,
äußerte Er sich gestern dahin, daß die Agitation
eine ernste
sei. Höchstderselbe stimmte mir bei,
als ich die Ansicht aussprach, dieselbe sei deshalb
so heftig geworden, weil man hier Österreich für
schwach halte,
und zudem das Selbstbewußtsein in
Rumänien so außerordentlich gestiegen
wäre. Als
ich erwähnte, daß hier vielfach der Glaube bestehe,
Siebenbürgen werde in nicht zu ferner Zeit Rumänien
zufallen, meinte S. M., Er trete dieser Auffassung
hier scharf entgegen und habe offen ausgesprochen,
daß Er sich zu einer Eroberung Siebenbürgens
niemals hergeben
werde. Nach der Tafel kam das
Gespräch nochmals auf diese Frage, wobei der
König, zum Prinzen Ferdinand gewendet, äußerte:
»Wir werden das ja nicht mehr erleben. Dein Sohn
vielleicht.« 
     S. M. sprach sich bezüghch Serbiens dahin aus,
daß man vor allem den gewissenlosen Preßtreibereien
entgegentreten müsse; diese trügen die Hauptschuld
an allem Unheil und hielten die Gemüter in steter
Erregung.

     Auch in Österreich müsse auf die Presse gewirkt
werden, damit diese nicht allzu sehr gegen Serbien
hetze. Sasonow habe Ihm gesagt, Rußland denke
nicht daran, einen Krieg zu führen, weil es in diesem
Falle viel zu sehr innere Unruhen
befürchten müsse,
aber einen Angriff Österreichs auf Serbien könne es
nicht dulden. Bei einem solchen, fuhr der König
weiter, habe Rumänien keine Verpflichtungen.
     Über Bulgarien bemerkte der König, im Laufe
des Gesprächs habe sich Sasonow Ihm gegenüber
derart despektierlich ausgesprochen, daß Er förmlich
als Verteidiger
aufgetreten sei. Der König erörterte
auch die Frage bezüghch der Stellung Griechenlands
im Falle eines Bündnisses mit Bulgarien und meinte,
eine Verständigung zwischen diesen beiden Staaten
könne nur erfolgen, wenn Griechenland Kavalla
wieder zurückgäbe.

     Die politische Lage hält der König auch beson-
ders mit Rücksicht auf Albanien für sehr bedenklich.
Er zeigt sich sehr unzufrieden über die Haltung
Italiens
daselbst. Insbesondere bezeichnete Er es als
unglaublich, daß man einen Gesandten wie Aliotti
dahin geschickt habe. Dieser hätte seinerzeit London
wegen Falschspielens
eiligst verlassen müssen. Aliotti
habe dem Fürsten seinerzeit geradezu gedroht, die
Truppen zurückziehen zu lassen,
wenn der Fürst
sich nicht auf ein Schiff begebe.

     Um auf die Stimmung in Serbien gegen Öster-
reich möghchst wirksamen Einfluß nehmen zu können,
hält S. M. für unbedingt notwendig, daß Schritte
von Berlin aus in Petersburg6 in diesem Sinne
gemacht werden.
     Dort müsse man zu verstehen geben, daß es
sich jetzt nicht mehr lediglich um Rassenstreitig-
keiten,
sondern um sehr wichtige dynastische In-
teressen handele. Was gestern in Sarajevo geschehen
sei, könne sich morgen ebenso gut in Petersburg
ereignen. Man möge daher von Petersburg aus
ernste Schritte in Belgrad unternehmen. Er, der
König, sei bereit, auch seinerseits in diesem Sinne
einen Druck auf Serbien auszuüben. Ferner wolle
Er Seinen Gesandten in Petersburg, der demnächst
mit der Deputation des dem Zaren verliehenen
Regimentes nach Petersburg gehen werde, dies-
bezüghch Instruktionen erteilen. Der König würde
großen Wert darauf legen, daß eine Demarche
Deutschlands in dem gedachten Sinne in Petersburg
erfolge, doch bat er. Ihn nicht als den Urheber der-
selben zu bezeichnen. Höchstderselbe kamt mehrfach
auf die Notwendigkeit eines derartigen Schrittes
zurück und schien sich von einem solchen viel zu
versprechen. Als ich nach der Frühstückstafel die
Gelegenheit benutzte, um Sr. M. auftragsgemäß
von der tiefen Wirkung Höchstseiner kürzlich ge-
machten Demarche in Athen, die die Erhaltung des
Friedens bezweckte, zu sprechen, und dabei den
Allerhöchsten Randvermerk7 auf dem Bericht des
Grafen Quadt zur Kenntnis brachte, zeigte sich der
König sichtlich erfreut, und meinte, nun hätte S. M.
der Kaiser durch eine Demarche in Petersburg
Gelegenheit, ebenfalls der Sache des Friedens einen
großen Dienst zu erweisen.
     Über weitere Eindrücke, die ich aus meiner Unter-
redung mit Sr. M. gewonnen habe, werde ich dem-
nächst berichten.8

                                                       W a l d b u r g


1 Nach der Ausfertigung. Siehe Nr. 16 und 28.
2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 14. Juli vorm. Bericht lag dem
Kaiser vor, von ihm am 20. Juli zurückgegeben, am 23. Juli wieder im Amt
Kaiser befahl durch Randverfügung Mitteilung an die Botschafter in
Wien, Rom und Petersburg, die indessen tatsächlich nicht erfolgt ist.
3 Am Rand Fragezeichen und Ausrufungszeichen des Kaisers.
4 Am Rand Ausrufungszeichen und Fragezeichen des Kaisers.
5 Desgleichen.
6 Am Rand Fragezeichen des Kaisers.
7 Der Randvermerk des Kaisers findet sich auf folgendem Telegramm des
stellvertretenden Staatssekretärs an den Kaiser vom 19. Juni:


Wien, Rom, Bukarest,
Stambul, London, Paris,
Petersburg.
Der König hat uns allen
einen großen Dienst er-
wiesen! Wir können
ihm alle sehr dankbar
sein!         W.
der muß scharf zuge-
redet werden!
sehr erfreulich!

Ew. M. Gesandter in Athen telegraphiert:
»Rumäniens Schritt, der hier nur Konig, Minister-
Präsidenten und Minister der auswärtigen Angelegen-
heiten bekannt ist, hat ungeheure Wirkung gehabt, und
ich halte Frieden, wenn Türkei weiter vorsichtig handelt,
für ziemlich gesichert.
Hauptgefahr schien mir darin zu liegen, daß grie-
chische Regierung gegenwärtige Streitfrage mit der
Türkei mit Inselfrage verquickt und hierin neue Forde-
rungen betreffend Anerkennung stellen würde. Diese
Absicht hat entschieden einmal bestanden, scheint aber
jetzt, wie Streit mir versichert, aufgegeben.« 
                     Alleruntertänigst
                                   Z i m m e r m a n n

8 Siehe Nr. 66