Nr. 488 Der Reichskanzler an den Botschafter in London, 31. Juli 1914
Telegramm 196 Berlin, den 31. Juli 19142
Zur Mitteilung
Trotz der noch schwebenden und scheinbar nicht aussichtslosen
Vermittlung, und obgleich wir selbst keinerlei Mobilmachungsmaß -
regeln getroffen hatten3, hat Rußland heute4 Mobilmachung seiner
ganzen Armee und Flotte, also auch gegen uns5, verfügt. Wir
haben drohende Kriegsgefahr aussprechen müssen, welcher Mobil-
machung folgen muß6, falls nicht Rußland binnen 12 Stunden alle
Kriegsmaßnahmen gegen uns und Österreich einstellt.
Ich halte es nicht für unmöglich, daß die russische Mobil-
machung darauf zurückzuführen ist, daß gestern hier kursierende
absolut falsche und sofort amtlich dementierte Gerüchte über hier
erfolgte Mobilmachung als Tatsache nach Petersburg gemeldet
worden sind.
B e t h m a n n H o l l w e g
1 Nach dem Konzept. Entwurf von Jagows Hand mit Änderungen und
Ergänzungen von der Hand des Reichskanzlers. Siehe auch Nr. 490, 491, 492.
2 310 nachm. zum Haupttelegraphenamt.
3 »und obgleich getroffen hatten« vom Kanzler im Jagowschen
Entwurf beigefügt.
4 »heute« vom Kanzler beigefügt.
5 »also auch gegen uns« vom Kanzler beigefügt.
6 Hinter »muß« zunächst folgendes: »Krieg mit Rußland erscheint kaum
mehr zu vermeiden« Jagows vom Kanzler gestrichen, der datür die Sätze
»falls nicht Rußland Petersburg gemeldet worden sind« (siehe
oben Text) beifügte.