Nr. 513 Der Reichskanzler an den Botschafter in London, 31. Juli 1914: Difference between revisions

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<center>Der Reichskanzler an den Botschafter in London<sup>1</sup></center>  
<center><font size=4>'''Der Reichskanzler an den Botschafter in London<sup>1</sup>'''</font></center> <br>


Telegramm 199 Berlin, den 31. Juli 1914<sup>2</sup>  
Telegramm 199 Berlin, den 31. Juli 1914<sup>2</sup> <br>


Am 29. hat der Zar S. M. telegraphisch gebeten, zwischen Ruß-  
Am 29. hat der Zar S. M. telegraphisch gebeten, zwischen Ruß- <br>
land und Österreich zu vermitteln<sup>3</sup> S. M. hat sich dazu sofort  
land und Österreich zu vermitteln<sup>3</sup> S. M. hat sich dazu sofort <br>
bereit erklärt, das telegraphisch dem Zaren mitgeteilt und sofortige  
bereit erklärt, das telegraphisch dem Zaren mitgeteilt und sofortige <br>
Demarche in Wien gemacht<sup>4</sup>. Ohne das Ergebnis abzuwarten<sup>5</sup> hat  
Demarche in Wien gemacht<sup>4</sup>. Ohne das Ergebnis abzuwarten<sup>5</sup> hat <br>
Rußland gegen Österreich mobilisiert. S. M. hat den Zaren alsbald  
Rußland gegen Österreich mobilisiert. S. M. hat den Zaren alsbald <br>
telegraphisch darauf aufmerksam gemacht, daß dadurch die Ver-  
telegraphisch darauf aufmerksam gemacht, daß dadurch die Ver- <br>
mittelungsaktion nahezu illusorisch gemacht wird, und den Zaren  
mittelungsaktion nahezu illusorisch gemacht wird, und den Zaren <br>
gebeten, die militärischen Maßnahmen gegen Österreich einzustellen<sup>6</sup>.  
gebeten, die militärischen Maßnahmen gegen Österreich einzustellen<sup>6</sup>. <br>
Das ist nicht geschehen. Trotzdem haben wir die Vermittelungs-  
Das ist nicht geschehen. Trotzdem haben wir die Vermittelungs- <br>
aktion in Wien fortgesetzt, und zwar sind wir mit unsern sehr dring-  
aktion in Wien fortgesetzt, und zwar sind wir mit unsern sehr dring- <br>
lichen Vorschlägen bis an die äußerste Grenze dessen gegangen, was  
lichen Vorschlägen bis an die äußerste Grenze dessen gegangen, was <br>
wir einem souveränen Staate, der unser Bundesgenosse ist, zumuten  
wir einem souveränen Staate, der unser Bundesgenosse ist, zumuten <br>
konnten<sup>7</sup>. Unsere Vorschläge an Wien bewegten sich ganz im Sinne  
konnten<sup>7</sup>. Unsere Vorschläge an Wien bewegten sich ganz im Sinne <br>
der Vorschläge Englands, die wir Wien zur ernsten Erwägung an-  
der Vorschläge Englands, die wir Wien zur ernsten Erwägung an- <br>
empfohlen haben. Heute vormittag wurde darüber in Wien beraten.  
empfohlen haben. Heute vormittag wurde darüber in Wien beraten. <br>
Während der Beratung, und noch ehe diese abgeschlossen war, meldete  
Während der Beratung, und noch ehe diese abgeschlossen war, meldete <br>
Graf Pourtales offiziell die Mobilmachung der gesamten russischen  
Graf Pourtales offiziell die Mobilmachung der gesamten russischen <br>
Armee und Marine<sup>8</sup>. Dieser russische Akt hat Österreich die noch  
Armee und Marine<sup>8</sup>. Dieser russische Akt hat Österreich die noch <br>
ausstehende Antwort auf unseren Vermittelungs Vorschlag abgeschnitten.  
ausstehende Antwort auf unseren Vermittelungs Vorschlag abgeschnitten. <br>
Er<sup>9</sup> erstreckt sich auch gegen uns, also gegen die Macht, die der Zar  
Er<sup>9</sup> erstreckt sich auch gegen uns, also gegen die Macht, die der Zar <br>
persönlich um Vermittelung gebeten hatte. Diesen Akt, den wir  
persönlich um Vermittelung gebeten hatte. Diesen Akt, den wir <br>
nicht anders als feindselig ansehen konnten, mußten wir, wenn wir  
nicht anders als feindselig ansehen konnten, mußten wir, wenn wir <br>
die Sicherheit des Vaterlandes nicht absolut preisgeben wollten, mit  
die Sicherheit des Vaterlandes nicht absolut preisgeben wollten, mit <br>
ernsten Gegenmaßregeln beantworten. Wir können der russischen  
ernsten Gegenmaßregeln beantworten. Wir können der russischen <br>
Mobilmachung an unserer Grenze nicht untätig zusehen. Wir haben  
Mobilmachung an unserer Grenze nicht untätig zusehen. Wir haben <br>
Rußland gesagt, daß, wenn nicht binnen 12 Stunden die kriegerischen  
Rußland gesagt, daß, wenn nicht binnen 12 Stunden die kriegerischen <br>
Maßnahmen gegen uns und Österreich-Ungarn eingestellt würden,  
Maßnahmen gegen uns und Österreich-Ungarn eingestellt würden, <br>
wir mobilmachen müßten, was den Krieg bedeuten würde<sup>10</sup> Frank-  
wir mobilmachen müßten, was den Krieg bedeuten würde<sup>10</sup> Frank- <br>
reich haben wir gefragt, ob es in einem deutsch-russischen Kriege  
reich haben wir gefragt, ob es in einem deutsch-russischen Kriege <br>
neutral bleiben werde<sup>11</sup>. Bitte mit allen Mitteln dahin zu wirken,  
neutral bleiben werde<sup>11</sup>. Bitte mit allen Mitteln dahin zu wirken, <br>
daß dieser Hergang auch in der englischen Presse Beachtung findet.  
daß dieser Hergang auch in der englischen Presse Beachtung findet. <br>


Bethmann Hollweg  
Bethmann Hollweg <br>


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<sup>1</sup> Nach dem Konzept von der Hand des Reichskanzlers mit Zusätzen von  
<sup>1</sup> Nach dem Konzept von der Hand des Reichskanzlers mit Zusätzen von <br>
Stumms Hand.  
Stumms Hand. <br>
<sup>2</sup> 8<sup>30</sup> nachm. zum Haupttelegraphenamt.  
<sup>2</sup> 8<sup>30</sup> nachm. zum Haupttelegraphenamt. <br>
<sup>3</sup> Siehe Nr. 332.  
<sup>3</sup> Siehe Nr. 332. <br>
<sup>4</sup> Siehe Nr. 359.  
<sup>4</sup> Siehe Nr. 359. <br>
<sup>5</sup> »Ohne . . . . . . . . . . . abzuwarten« von Stumms Hand beigefügt. Kanzler  
<sup>5</sup> »Ohne . . . . . . . . . . . abzuwarten« von Stumms Hand beigefügt. Kanzler <br>
hatte geschrieben: »Am .. hat.«  
hatte geschrieben: »Am .. hat.« <br>
<sup>6</sup>Siehe Nr. 420.  
<sup>6</sup>Siehe Nr. 420. <br>
<sup>7</sup> Siehe Nr. 395 und 396.  
<sup>7</sup> Siehe Nr. 395 und 396.<br>
<sup>8</sup> Siehe Nr. 473.  
<sup>8</sup> Siehe Nr. 473. <br>
<sup>9</sup> »hat Österreich . . . . . . . . . . . abgeschnitten. Er« von Stumms Hand ein-  
<sup>9</sup> »hat Österreich . . . . . . . . . . . abgeschnitten. Er« von Stumms Hand ein- <br>
gefügt.  
gefügt. <br>
<sup>10</sup> Siehe Nr. 490.  
<sup>10</sup> Siehe Nr. 490. <br>
<sup>11</sup> Siehe Nr. 491.
<sup>11</sup> Siehe Nr. 491.

Revision as of 14:01, 15 July 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 513.


Nr. 513
Der Reichskanzler an den Botschafter in London1


Telegramm 199 Berlin, den 31. Juli 19142

Am 29. hat der Zar S. M. telegraphisch gebeten, zwischen Ruß-
land und Österreich zu vermitteln3 S. M. hat sich dazu sofort
bereit erklärt, das telegraphisch dem Zaren mitgeteilt und sofortige
Demarche in Wien gemacht4. Ohne das Ergebnis abzuwarten5 hat
Rußland gegen Österreich mobilisiert. S. M. hat den Zaren alsbald
telegraphisch darauf aufmerksam gemacht, daß dadurch die Ver-
mittelungsaktion nahezu illusorisch gemacht wird, und den Zaren
gebeten, die militärischen Maßnahmen gegen Österreich einzustellen6.
Das ist nicht geschehen. Trotzdem haben wir die Vermittelungs-
aktion in Wien fortgesetzt, und zwar sind wir mit unsern sehr dring-
lichen Vorschlägen bis an die äußerste Grenze dessen gegangen, was
wir einem souveränen Staate, der unser Bundesgenosse ist, zumuten
konnten7. Unsere Vorschläge an Wien bewegten sich ganz im Sinne
der Vorschläge Englands, die wir Wien zur ernsten Erwägung an-
empfohlen haben. Heute vormittag wurde darüber in Wien beraten.
Während der Beratung, und noch ehe diese abgeschlossen war, meldete
Graf Pourtales offiziell die Mobilmachung der gesamten russischen
Armee und Marine8. Dieser russische Akt hat Österreich die noch
ausstehende Antwort auf unseren Vermittelungs Vorschlag abgeschnitten.
Er9 erstreckt sich auch gegen uns, also gegen die Macht, die der Zar
persönlich um Vermittelung gebeten hatte. Diesen Akt, den wir
nicht anders als feindselig ansehen konnten, mußten wir, wenn wir
die Sicherheit des Vaterlandes nicht absolut preisgeben wollten, mit
ernsten Gegenmaßregeln beantworten. Wir können der russischen
Mobilmachung an unserer Grenze nicht untätig zusehen. Wir haben
Rußland gesagt, daß, wenn nicht binnen 12 Stunden die kriegerischen
Maßnahmen gegen uns und Österreich-Ungarn eingestellt würden,
wir mobilmachen müßten, was den Krieg bedeuten würde10 Frank-
reich haben wir gefragt, ob es in einem deutsch-russischen Kriege
neutral bleiben werde11. Bitte mit allen Mitteln dahin zu wirken,
daß dieser Hergang auch in der englischen Presse Beachtung findet.

Bethmann Hollweg


1 Nach dem Konzept von der Hand des Reichskanzlers mit Zusätzen von
Stumms Hand.
2 830 nachm. zum Haupttelegraphenamt.
3 Siehe Nr. 332.
4 Siehe Nr. 359.
5 »Ohne . . . . . . . . . . . abzuwarten« von Stumms Hand beigefügt. Kanzler
hatte geschrieben: »Am .. hat.« 
6Siehe Nr. 420.
7 Siehe Nr. 395 und 396.
8 Siehe Nr. 473.
9 »hat Österreich . . . . . . . . . . . abgeschnitten. Er« von Stumms Hand ein-
gefügt.
10 Siehe Nr. 490.
11 Siehe Nr. 491.