Nr. 52. Der Botschafter in London an das Auswärtigen Amt, 16. Juli 1914: Difference between revisions

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Telegramm 133 &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;London, den 15. Juli 1914<sup>2</sup><br>  
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Geheim ! <br>
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österreichisch -serbischen Streits sein mögüchstes tun, imi Rußland <br>
österreichisch -serbischen Streits sein mögüchstes tun, imi Rußland <br>
zurückzuhalten. Ich glaube aber nicht, daß er dort, wie etwa in <br>
zurückzuhalten. Ich glaube aber nicht, daß er dort, wie etwa in <br>
Paris, in der Lage ist, das entscheidende Wort zu sprechen*. <br>
Paris, in der Lage ist, das entscheidende Wort zu sprechen<sup>4</sup>. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Was aber die hiesige öffentliche Meinung betrifft, so bedauere <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Was aber die hiesige öffentliche Meinung betrifft, so bedauere <br>
ich, die Ausführungen meines Telegramms Nr. 129* voll aufrechter- <br>
ich, die Ausführungen meines Telegramms Nr. 129<sup>5</sup> voll aufrechter- <br>
halten und nachdrückhch vor Täuschungen warnen zu müssen. <br>
halten und nachdrückhch vor Täuschungen warnen zu müssen. <br>
Trotz der Bomben der Mazzinisten, die in der Verfolgung ihrer poli- <br>
Trotz der Bomben der Mazzinisten, die in der Verfolgung ihrer poli- <br>

Revision as of 11:16, 11 May 2015

WWI Document Archive > Official Papers > Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914 — Volume 1 > Nr. 51.


Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt1


Telegramm 133                               London, den 15. Juli 19142 3
Geheim !

     Ich habe bereits versucht, sowohl durch wiederholte Besprechungen
mit Sir E. Grey, über die ich berichtet, als auch durch vorsichtige
Fühlungnalime mit der hiesigen Presse für eine günstige Beurtei-
lung etwaiger sich als notwendig erweisender ernsterer Maßnahmen
Österreichs gegen Serbien vorzuarbeiten. Sir E. Grey sagte, alles käme
darauf an, welcher Art etwaige Eingriffe sein würden, keinenfalls
dürfe eine Schmälerung des serbischen Gebiets in Frage kommen.
Er hat auch, wie berichtet, sich daraufhin bemüht, in Petersburg
zugunsten der österreichischen Ansprüche zu wirken. Sollte aber
in Rußland infolge militärischer Maßnahmen Österreichs eine gewaltig
erregte Bewegung entstehen, so würde er gar nicht in der Lage sein,
die russische Politik in der Hand zu behalten und wird schon mit
Rücksicht auf die Mißstimmung, die gegen England augenblicldich
in Rußland herrscht, und von der Graf Pourtales zu berichten weiß,
auf russische Empfindlichkeiten Rücksicht nehmen müssen. Der
Minister wird jedenfalls, dessen bin ich gewiß, bei Ausbruch eines
österreichisch -serbischen Streits sein mögüchstes tun, imi Rußland
zurückzuhalten. Ich glaube aber nicht, daß er dort, wie etwa in
Paris, in der Lage ist, das entscheidende Wort zu sprechen4.
     Was aber die hiesige öffentliche Meinung betrifft, so bedauere
ich, die Ausführungen meines Telegramms Nr. 1295 voll aufrechter-
halten und nachdrückhch vor Täuschungen warnen zu müssen.
Trotz der Bomben der Mazzinisten, die in der Verfolgung ihrer poli-
tischen Zwecke kaum zartfühlender waren als die Mitgheder der
Ochrana und bekannthch auch vor Attentaten auf Allerhöchste und
Höchste Häupter nicht zurückschreckten, wandte sich die hiesige
öffentliche Meinung der itahenischen Einheitsbewegung zu, feierte
Garibaldi hier in überschwenglicher Form. Es gelang damals Öster-
reich ebensowenig, der itahenischen Bewegung den Todesstoß zu ver-
setzen wie sich hier Sympathie zu erwerben, und ich bezweifle, daß
das Serbentum zum Verzicht auf Betätigung seiner nationalen Ideale
und Hoffnung außerhalb seiner amtlichen Grenzen durch Aufwerfung
der Machtfrage zu bewegen sein wird.

                                                       L i c h n o w s k y


1 Nach der Entzifferung.
2 Aufgegeben in London 15. Juli 920 nachm., angekommen im Auswärtigen
Amt 16. Juli 155 vorm. Eingangsvermerk: 16. Juli vorm.
3 Siehe Nr. 48.
4 Am Rande die Bemerkung Zimmermanns: »Ich bin vom Gegenteil über-
zeugt.« 
5 Am Rande die Bemerkung Jagows: »Das ist leider alles richtig.«