Nr. 524 Der Große Generalstab an das Auswärtige Amt, 31. Juli 1914

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Nr. 524

Der Große Generalstab an das Auswärtige Amt1

Streng geheim!

Durch Offizier geschrieben !                     Berlin, den 31. Juli 19142

5. Mitteilung3 Nachrichten bis 31. Juli 40 nachm.

     »Drohende Kriegsgefahr« ist heute ausgesprochen.

Österreich

     Die Mobilmachung verläuft normal. Die Stimmung des Volkes {alle Nationalitäten) vorzüglich. — Es werden die Armeefübrer und Chefs der Generalstäbe der Armeen gegen Serbien bekannt:

1. General d. Inf. Ritter v. Frank, Chef: General v. Csicserics,

2. General d. Kav. v. Böhm-Ermolli, Chef: General v. Mecenseeffi.

3. Feldzeugmeister Pitiorek, Chef: General v. Böltz. Bei Neusatz ist eine Fliegerstation eingerichtet.      Die Mobilmachung der ganzen österreichisch-un- garischen Armee ist heute (31. Juli) ausgesprochen.      Vom Kriegsschauplatz bekannt : Semliner Brücke noch für Fuß- gänger passierbar. Plänkeleien bei Gradischte, Semendria, Belgrad und Prhovo.

Serbien

     Die serbische Armee besteht anscheinend aus elf Divisionen, von diesen eine bei Posarevatz, eine hinter Linie Vk. Krschna-Lasarevatz, eine bei Valjevo, eine im Sandschak, Vortruppen südöstlich Foca, sieben bei Kragujevatz-Krusevatz. Als Armeeführer werden genannt die Generale Misitsch, Steph. Stephanowitsch,Bojanowitsch,Popowitsch. IV. österr. A.-K. bringt Nachricht, daß 60000 Russen durch Rumänien über Negotin den Serben zugeführt werden sollen (vielleicht sind serbische Wehrpflichtige gemeint). Gesandter meldet, daß Gewehr- mangel sich fühlbar mache.

Montenegro hat sich noch nicht entschieden.

Griechenland, Rumänien

     Nichts Neues.

Bulgarien

     Ein Blatt der Geschow-Partei fordert Bulgarien auf, sich die Neutralität von den Serben durch Forderung einer Kompensation bezahlen zu lassen. Gerüchte von einem Bündnis zwischen Bulgarien und Türkei werden hörbar.

Türkei

siehe Bulgarien.

Belgien

     Die Mobilmachung schreitet fort ; an der Armierung der Lütt icher Forts wird gearbeitet. Am Vesdre- Viadukt und Tunnel bei Dolhain werden Vorbereitungen zur Sprengung getroffen. Die belgische Kavallerie-Division ist auf keiner besonderen Höhe. Anscheinend Bündnisvertrag mit Frankreich.

Holland

     Nichts Neues

Frankreich

     Die Stimmung ist gehobener. In Nancy fand ein Sturm auf die Bank statt. Die Flotte bei Toulon hält sich mit Reserve- geschwader vollbemannt bereit. Die Mittelmehrschiffahrtsgesellschaften haben Anweisung bekommen, sich auf den Transport von Truppen von Algier nach Frankreich vorzubereiten. — An der Grenze nahm die Tätigkeit zu, ohne daß der Grenzschutz ausgestellt wurde. Über- wachung des Grenzverkehrs verschärft. Kraftwagen nicht mehr durchgelassen. Leermaterial wurde an allen Strecken bis zur Linie Paris-Rouen zurückgesammelt. — Auf der Ostfront von Verdun wird am armierungsmäßigen Ausbau einer vorgeschobenen Stellung am Fuße der Cotes de Meuse zwischen Bahn Verdun-Metz und der Chaussee Verdun-ManheuUes in Linie Eix-Moulainville-Chatillon s. 1. C. gearbeitet. Ouvrage de la Laufee (Ostfront) wird verstärkt. Am Grand Mont d'Amance nordöstlich Nancy wird mit Maurerarbeiten begon- nen. Briey Flugzeugpark, 8. Jäger stehen im Brückenschutz bei Audun und Villerupt. Grenz jägerbataillone scheinen Reservisten ein- gezogen zu haben, Kompagnien 250 bis 280 Mann stark, anscheinend unauffällige Vermehrung der Grenzschutztruppen.

England

pocht auf seine Verpflichtungen und Interessen (Sicherheit Indien, die Interessen der überseeischen Besitzungen). Überall werden um- fangreiche Vorbereitungen und Vorsichtsmaßregeln getroffen. Dampfer- dienst zwischen England und Hoek van Holland soll eingestellt sein, um die Maßnahmen der Admiralität nicht zu stören. Küstenwachen sollen einberufen werden. In Gibraltar sind Maßregeln zur Vertei- digung getroffen. In Malta lebhafte Rüstungen. In südafrikanischer Union sind Truppenmanöver abgesagt. Die i. Flotte hat sich schein- bar in Aufmarschstellung Hull-Grimsby gegen Deutschland gesetzt.

Italien

     Vom Generalstab werden Vorbereitungen für die Mobilmachung getroffen. Schulschiff geschwader von der englische» Küste zurück- beordert. Die gesamte Flotte (in completo armamento) versammelt sich bei Tarent. » Avant i« meldet, daß Mobilmachung unmittelbar bevorstehe. Die Börse weist keine erhebliche Schwankungen auf. »Tribuna« beteuert jedoch erneut, daß Italien seinen Bündnispflichten getreu sein werde.

Schweden      Stimmung gegen Rußland nimmt zu.

Dänemark

     Stimmen werden laut, daß Dänemark nach der ersten deutschen Niederlage mobilisieren werde.

Norwegen, Spanien

     Nichts Neues.

Rußland

     Entgegen den Zusicherungen der russischen Regierung ist Mo- bilmachung auch in den Grenzgebieten gegen Deutschland befohlen. Grenzwache überall mobilmachungsmäßig zusammengezogen. Rus- sische Kavalleriedivisionen können, da »Kriegsvorbereitungsperiode«  mehrere Tage gedauert, schon einbruchsbereit sein. Es wird auf Anlage i der »Anweisungen für die Deckung des Aufmarsches« hin- gewiesen. Versammlung der Kavalleriedivisionen scheinbar, wie »Ver- mutete erste Maßnahmen« ; Infanterieabteilungen als Rückhalt. Starke Infanterietruppen hinter Linie Lomza-Augustow- Wirballen. Nach- richten deuten auf geringe Besatzung und Belegung von Warschau, Nowo-Georgiewsk, Ostrolenka hin; Bahnschutz an den von Warschau nach Westen und Südwesten führenden Bahnen wohl nur noch zur Beendigung der Mobilmachung. — Garnison Kalisch (3. Schützen) in Richtung Lodz abtransportiert. 13. Kavalleriedivision anscheinend um Sieradz. — 14. Kavalleriedivision um Czenstochau-Myszkow in Versammlung. — Brücken östhch Myslowitz über Prezemza und bei Granica gesprengt. Rollendes Material südwestlich der Weichsel hinter die Weichsel gezogen. Nachrichten über Transport von Truppen aus Baku ins Innere laufen aus Türkei ein. — Flotte bei Helsingfors. Ein neuer Dreadnought vor Hangö auf Grund, an- scheinend stark beschädigt. Sämtliche Torpedo- und U-Boote sowie Flieger haben Libau verlassen.

                                                  v o n   B a r t e n w e r f f e r                                                   Major


1 Nach der vom Generalstab übersandten Vervielfältigung. 2 Eingangsvermerk: 31. Juli nachm. Hat Zimmermann, Jagow und dem Reichskanzler vorgelegen, von den beiden ersteren am 31. Juli, vom Reichs- kanzler am 1. August zurück. 3 3. Mitteilung (Bericht) über den 29. Juli siehe Nr. 372. Die 4. Mitteilung über den 30. Juli ist erst am 1. August zu den Akten des Auswärtigen Amts gekommen, daher als überholt nicht mehr aufgenommen.