Nr. 534 Der Botschafter in Rom an das Auswärtige Amt, 1. August 1914

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Nr. 534

Der Botschafter in Rom an das Auswärtige Amt1

Telegramm 161                               Rom, den 31. Juli 19142

     Die hiesige Regierung hatte sich in heute stattgehabtem Mi- nisterrat bereits über Italiens Stellung zum Krieg ausgesprochen. Marquis San Giuliano sagte mir, die italienische Regierung habe die Frage von Grund aus geprüft und sei von neuem3 zu dem Ent- schluß gekommen, daß das österreichische Vorgehen gegen Serbien als ein aggressives betrachtet werden müsse, und daß daher der casus foederis nach Maßgabe des Dreibundvertrags nicht vorliege. Sie werde sich daher als neutral erklären müssen. Auf meine heftigen Bekämpfungen dieses Standpunkts erklärte der Minister weiter, Italien sei von dem Vorgehen Österreichs gegen Serbien nicht vorher benachrichtigt worden, es könne ihm daher um so weniger zugemutet werden, am Kriege teilzunehmen, als direkt italienische Interessen durch das österreichische Vorgehen geschädigt würden. Alles, was er mir jetzt sagen könne, sei, daß die hiesige Regierung sich vor- behalte zu prüfen, ob es ihr später möglich sein würde, zugunsten der Alliierten in dem Krieg zu intervenieren, wenn die italienischen Interessen dabei ausreichend gewahrt würden. Der Minister, der sich in heftiger Erregung befand, fügte erläuternd hinzu, der gesamte Ministerrat mit Ausnahme seiner selbst habe scharfe Abneigung gegen Österreich gezeigt. Es sei ihm um so weniger möglich gewesen, dagegen anzukämpfen, als Österreich, wie ich ja wisse, bei einer bewußten Schädigung der italienischen Interessen insofern beharre, als es den Artikel 7 des Dreibundvertrags verletze und als es sich weigere, die Integrität und Unabhängigkeit Serbiens zu verbürgen. Er bedaure, daß die k. Regierung sich in dieser Beziehung nicht mehr ins Mittel gelegt habe, um Österreich zu einem recht- zeitigen Entgegenkommen zu bewegen. Ich habe den Eindruck, daß alle Hoffnung auf die Zukunft hier noch nicht aufgegeben zu werden braucht, wenn den Italienern in ihrem obigen Postulat ent- gegengekommen wird, beziehungsweise wenn ihnen Kompensationen geboten werden. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß die englische Stellungnahme die Aussichten für eine aktive italienische Teilnahme hier zu unseren Gunsten entschieden vermindert hat.      Inzwischen habe ich den Minister in schärfster Weise auf den überaus bedauerlichen Eindruck hingewiesen, den diese Stellung- nahme bei uns hervorrufen würde und sodann auf die Folgen auf- merksam gemacht, die sich für die Zukunft Italiens daraus ergeben könnten.                                                                            F I o t o w


1 Nach der Entzifferung. 2 Aufgegeben in Rom 31. Juli 1145 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt I. August 355 vorm. Eingangsvermerk: 1. August vorm. Durch Rand- erlaß verfügte Zimmermann, daß Flotows Telegramm dem Generalstab, Kriegsministerium, Admiralstab und Reichsmarineamt schnellstens »citissime« mitgeteilt werde; das geschah am 1. August 1025 vorm. Flotows Telegramm wurde von Jagow nach Vornahme kleiner Änderungen, unter Fortlassung des Abschnittes »Es ist jedoch nicht . . . . . . . . . . . . daraus ergeben könnten«, am 1. August dringend dem Botschafter in Wien mitgeteilt. Jagow, der das Konzept niederschrieb, fügte hinzu: »Halte schleunige Beschlüsse Österreichs für dringend notwendig;« Telegramm Jagows am 1. August 110 nachm. zum Haupttelegraphenamt. 3 Siehe Nr. 419.