Nr. 536 Der Botschafter in Petersburg an das Auswärtige Amt, 1. August 1914

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Nr. 536
Der Botschafter in Petersburg an das Auswärtige Amt1


Telegramm 209                          Petersburg, den 1. August 19142

     Habe Auftrag soeben Mitternacht ausgeführt3. Herr Sasonow
verwies wieder auf technische Unmöglichkeit, Kriegsmaßnahmen
einzustellen, und versuchte mich von neuem4 davon zu überzeugen,
daß wir Bedeutung der russischen Mobilmachung, die mit der
unsrigen nicht zu vergleichen sei, überschätzten. Er bat mich
dringend, Ew. Exz. darauf hinzuweisen, daß die in heutigem Tele-
gramm Sr. M. des Kaisers Nikolaus5 an S. M. den Kaiser und König
auf Ehrenwort übernommene Verpflichtung des Zaren uns über die
Absichten Rußlands beruhigen müsse. Ich wies darauf hin, daß
der Zar sich keineswegs unter allen Umständen verpflichte, von
kriegerischer Aktion abzusehen, sondern nur solange, als noch Aus-
sicht bestehe, die russisch-österreichische Differenz wegen Serbiens
beizulegen. Ich legte dem Minister direkt die Frage vor, ob er mir
garantieren könne, daß Rußland, auch falls eine Einigung mit Öster-
reich nicht erfolge, gewillt sei, Frieden zu halten. Der Minister
vermochte mir auf diese Frage keine bejahende Antwort zu er-
teilen. In diesem Falle, entgegnete ich, könne man es uns nicht
verdenken, daß wir nicht gesonnen seien, Rußland weiteren Vor-
sprung in der Mobilmachung zu lassen.

                                                                      P o u r t a l è s


1 Nach der aus den Akten der Botschaft Petersburg im Auswärtigen Amt
wieder hergestellten Abschrift.
2 Aufgegeben in Petersburg 1. August 10 vorm., Zeit der Ankunft nicht ein-
getragen. Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 1. August. Entzifferung
lag dem Kaiser vor.
3 Siehe Nr. 490.
4 Siehe Nr. 343.
5 Siehe Nr. 487.