Nr. 542 Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Botschafter in Petersburg, 1. August 1914

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Nr. 542
Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Botschafter in Petersburg1

Telegramm 159                               Berlin, den 1. August 19142
Dringend !
     Falls die russische Regierung auf unsere Forderung keine be-
friedigende Antwort erteilt, wollen Ew. Exz. ihr3 heute nachmittag
5 Uhr nach mitteleuropäischer Zeit folgende Erklärung überreichen:
     »Le Gouvernement Imperial s'est efforce des les d^buts de la
crise de la mener ä une Solution pacifique. Se rendant ä un desir qui
Lui en avait ete exprime par Sa Majeste l'Empereur de Russie,
Sa Majeste l'Empereur d'Allemagne, d'accord avec l'Angleterre.
S'etait applique ä accomplir un röle mediateur aupres des Cabinets
de Vienne et de St. Petersbourg, lorsque la Russie, sans en attendre
le resultat, proceda ä la mobilisation de la totalite de ses forces de
terre et de mer.
     A la suite de cette mesure menagante, motivee par aucun
preparatif4 militaire de la part de l'Allemagne, l'Empire Allemand
se trouva vis-ä-vis d'un danger grave et imminent. Si le Gouver-
nement Imperial eüt manque de parer ä ce peril, il aurait compromis
la securite et l'existence meme de l'Allemagne. Par consequent, le
Gouvernement Allemand se vit force de s'adresser au Gouvernement
de S. M. l'Empereur de toutes les Russies en insistant sur la
cessation des dits actes militaires. La Russie

ayant refusé de faire droit5
n'ayant pas cru devoir répondre

à cette demande

et ayant manifeste par.  
ce refus5
cette attitude

Que son action etait diricree

contre l'Allemagne, j'ai l'honneur, d'ordre de mon Gouvernement,
de faire savoir à Votre Excellence ce qui suit :
     S. M. l'Empereur, mon Auguste Souverain, au nom de l'Empire,
releve le defi et Se considere en etat de guerre avec la Russie.« 
     Bitte Eingang und Zeitpunkt der Ausführung dieser Instruktion
nach russischer Zeit dringend drahten6.
     Bitte Ihre Pässe fordern und Schutz und Geschäfte amerika-
nischer Botschaft übergeben.

                                                                           J a g o w

                                   Erster Entwurf von Nr. 5427.

     Pendant que l'Allemagne, appliquee des les debuts de la crise a
trouver une Solution pacifique, continuait encore, en execution des
ordres de Sa Majeste l'Empereur et Roi, mon Auguste Souverain,
son role de mediateur entre l'Autriche-Hongrie et la Russie, cette
derniere a procede ä la mobilisation de la totalite de ses forces de
terre et de mer. La securite de l'Empire Allemand se trouvant
menacee par cette mesure qui n'avait ete prccedee, en Allemagne,
d'aucune mesure analogue, le Gouvernement Allemand en a informe
le Gouvernement de Sa Majeste l'Empereur de toutes les Russies en
demandant la cessation de ces entreprises de caractere belliqueux.

La Russie  
ayant decline
n ayant pas cru devoir repondre a

cette demande et

documente par cette attitude que ses procedes se dirigaient contre
l'Allemagne, S. M. l'Empereur, mon Auguste Souverain, au nom
de l'Empire, declare accepter la guerre qui Lui est octroyee.

                              Zweiter Entwurf zu Nr. 5427.

     Le Gouvernement Imperial . . . . . . . . . . . [wie in der endgültigen
Fassung] . . . . . . . . . . . forces de terre et de mer. La securite de
l'Empire Allemand se trouvant menacee par cette mesure, motivee
par aucun preparatif militaire de la part de rAllemagne, le Gouverne-
ment Allemand s'adressa au Gouvernement de Sa Majesté
l'Empereur de toutes les Russies en insistant sur la cessation des dits
actes militaires. La Russie . . . . . . . . . . [bis zum Schluß wie end-
gültige Fassung].

               Ü b e r s e t z u n g  d e r  e n d g ü l t i g e n  F a s s u n g
     Die k. Regierung hat sich seit Beginn der Krise bemüht, sie einer fried-
lichen Lösung zuzuführen. Einem von Sr. M. dem Kaiser von Rußland aus-
gesprochenen Wunsche nachkommend, hat sich S. M. der Deutsche Kaiser
gemeinsam mit England bemüht, eine Vermittlerrolle bei den Kabinetten von
Wien und Petersburg durchzuführen, als Rußland, ohne die Ergebnisse da-
von abzuwarten, zur Mobilisierung seiner gesamten Land- und Seestreitkräfte
schritt.
     Infolge dieser bedrohlichen, durch keine militärische Vorbereitung von
deutscher Seile begründete Maßnahme sah sich das Deutsche Reich einer
ernsten und unmittelbaren Gefahr gegenüber. Wenn die k. Regierung es
unterlassen hätte, dieser Gefahr zu begegnen, hätte sie die Sicherheit und
sogar die Existenz Deutschlands aufs Spiel gesetzt. Die deutsche Regierung
sah sich daher gezwungen, sich an die Regierung Sr. M. des Kaisers aller
Reußen zu wenden und auf die Einstellung der erwähnten militärischen
Handlungen zu dringen. Da Rußland

dieser Forderung nicht nachgekommen ist
auf diese Forderung keine Antwort erteilen zu sollen geglaubt hat



und durch diese  
Weigerung
Haltung

 kundgetan hat, daß sein Vorgehen gegen

Deutschland gerichtet ist, beehre ich mich im Auftrage meiner Regierung
Ew. Exz mitzuteilen was folgt:
               S. M der Kaiser, mein erhabener Herrscher, nimmt im
     Namen des Reichs die Herausforderung an und betrachtet sich
     als im Kriegszustand mit Rußland befindlich.


1 Nach dem Konzept. Der deutsche Teil des Entwurfs von Rosenbergs Hand
vom 31. Juli, dazu Ergänzungen vom Kanzler und der letzte Absatz von
Jagows Hand.
2 Zum Haupttelegraphenamt am 1. August 1252 nachm. Vgl. deutsches
Weißbuch vom Mai 1915 S. 36 Nr. 25.
3 Zwischen: »ihr . . . . . . . . . . . folgende« stand ursprünglich folgender Text:
»nach Ablauf der Frist unverzüglich, spätestens aber heute nachmittag
5 Uhr«. Hiervon wurden die Worte: »nach . . . . . . . . . . aber« gestrichen;
die Worte »spätestens . . . . . . . . . . . Uhr« waren zuerst eingeklammert, doch
wurde die Klammer wieder gestrichen. Die Worte »nach mitteleuropäischer
Zeit sind vom Kanzler hinzugefügt. Über den Grund der zuerst be-
absichtigten Fortlassung der Fristbemessung vgl. die Randbemerkung zum
Entwürfe einer nicht abgesandten Kriegserklärung an Frankreich (siehe
Nr. 608).
4 An Stelle von »preparatit« wurde beim Dechiffrieren in der Petersburger
botschaft (Akten der deutschen Botschaft in Petersburg) »presage« auf-
genommen. So auch im russischen Orangebuch Nr. 76.
5 An diesen Stellen ist der Text in seiner doppelten Fassung sowohl nach
Petersburg telegraphiert, wie aus der Entzifferung in den Akten der
deutschen Botschaft in Petersburg ersichtlich ist, als auch von Pourtales
der russischen Regierung überreicht worden.; vgl. das russische Orange-
buch Nr. 76 Anm. Die durch technische Rücksichten des Drucks veran-
laßten Lücken sind im Original nicht vorhanden.
6 Siehe Nr. 588
7 Von der Hand des Grafen Mirbach am 31. Juli niedergeschrieben.
8 Entstanden aus dem ersten Entwurf, den Stumm mit Bleistiftzusätzen und
Veränderungen versehen hatte. Der zweite Entwurf lag Jagow sodann in
Schreibmaschinenschrift vor. Der Staatssekretär versah diesen noch mit
Zusätzen und Veränderungen und gab ihm dadurch die endgültige Fassung.