Nr. 596 Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt, 1. August 1914

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Nr. 596

Der Botschafter in London an das Auswärtige Amt1

Telegramm 212 London, den 1. August 19142

London.

Das Gefasel von Grey zeigt daß er absolut nicht weiß was er machen soll. Wir werden nunmehr Eng- lands Entschluß abwarten. Er- fahre soeben, daß England bereits das Cabel von Emden unter- brochen hat. Also Kriegsmaß- regel ! Während es noch unter- handelt.

falscher Hallunke also !

Flausen ! sie hat sie ja gar nicht einge- nommen bisher

ohne daß Engl. Gegenleistung genannt wird !

Der Kerl ist toll oder Idiot! Außer- dem haben durch ihre Bomben schmeißen- den Flieger die Franzosen den Krieg und den Völkerrechtsbruch begonnen.


Sir E. Grey liest mir soeben die nachstehende Erklärung vor, die vom Kabinett einstimmig gefaßt worden war: The reply of the German Government. with regard to the neutrality of Belgium is a matter of very great regret, because the neutrality of Belgium does affect feeling in this country. If Germany could see her way to give the same positive reply as that which has been given by France3, it would materially contribute to relieve anxiety and tension here, while on the other hand, if there were a violation of the neutrality of

^^fei^m by one combatant while the other respected it, it would be extremely dif heult restrain public feehng in this country.

^ Frage, ob er unter

der Bedingung, daß wir die belgische Neutrahtät wahrten, mir eine bestimmte Erklärung über die Neutralität Groß- britanniens abgeben könne, erwiderte der Minister, das sei ihm nicht möglich, doch würde diese Frage eine große Rolle bei der hiesigen öffenthchen Meinung spielen. Verletzten wir die belgische Neutralität in einem Kriege mit Frank- reich, so würde sicherlich ein Umschwung in der Stimmung eintreten, die es der


Botschaft befindlichen Konzept ist zu lesen: »Auf meinea.

hiesigen Regierung erschweren würde, eine freundliche Neutralität einzunehmen.

Vorläufig bestände nicht die geringste Ab- sieht, gegenuns feindlich vorzugehen. Man würde dies, wenn irgend möglich, zu ver- meiden wünschen. Es ließe sich aber schwerlich eine Linie ziehen, bis wohin wir ^e/?^« iifwr/Ye«, ohne daß man diesseits ein- schreite. Er kam immer wieder auf die bel- gisch e Neu tr ah tät zurück undmeinte, diese Frage würde jedenfalls eine große Rolle spielen. Er habe sich auch schon gedacht, ob es denn nicht möglich wäre, daß wir ^O'^ schon

j r- ; • ; • r- 1 1 • • Angebot von

Frankreich uns im Falle eines russi- ^^,tem nachmittag,

sehen Krieges bewaffnet gegenüberstehen vA\eher\ nhnp un^ nniufyrpifpti & Trh fragte ^""^ '^'^'^'^■^

oiieDeu, ofme uns an^ugrei/en . icn iragie Mißver-

ihn, ob er in der Lage wäre, mir zu er- ständnis erklärt!

rr:„ ""^f^, ^ klären, daß Frankreich auf einen der-

• -r^ , • i .. , -r-. 

artigen Pakt eingehen wurde. Da wir

weder Frankreich zerstören, noch Gebiets- teile erobern wollten, könnte ich mir denken, daß wir uns auf ein derartiges Abkommen einlassen würden, das uns die Neutralität Großbritanniens sichere.

Der Minister sagte, er wolle sich er- kundigen^, verkannte auch nicht die Schwierigkeiten, beiderseits das Militär in Untätigkeit zurückzuhalten.

Mein Gesamteindruck ist der, daß man hier, wenn irgend möglich, aus dem Kriege herausbleiben möchte, daß aber die vom Herrn Staatssekretär dem Sir E. Goschen erteilte Antwort über die Neutralität Belgiens einen ungünstigen Eindruck gemacht haf.

Lichnowsky

Mein Eindruck ist der, daß Herr Grey ein falscher Hund ist der Angst vor seinem eigenen Gemeinheit und falschen Politik hat, aber nicht offen Stellung gegen uns nehmen will, sondern durch uns daju gezwungen werden will

Ü b e r s e t z u n g   d e s   e n g l i s c h e n   T e i l s Die Antwort der deutschen Regierung bezüglich der Neutralität Belgiens ist ungemein bedauerlich, weil die Neutralität Belgiens von Einfluß auf die Stimmung in England ist. Wenn Deutschland eine Möglichkeit sehen könnte, dieselbe bestimmte Antwort zu geben, wie Frankreich sie gegeben hat, so würde das wesentlich dazu beitragen, die Besorgnis und Spannung hier zu beheben, während es andererseits außerordentlich schwierig sein würde, die öffentliche Stimmung in England zu beschwichtigen, wenn eine Verletzung der Neutralität Belgiens durch einen der Kriegführenden stattfände, während der andere sie beachtet.

gelogen ! Er hat es ja selbst vor 4 Tagen Lichnowsky gesagt !

Er hat ja schon mein Angebot von gestern nachmittag, das ist ganz klar ! Und darauf ist vom König das Mißver- ständnis erklärt !

Blech !


1 Nach der Entzifferung. — Vgl. deutsches Weißbuch vom Mai 1915 S. 48.
2 Aufgegeben in London 547 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt
102 nachm. Eingangsvermerk: 1. August nachm. Dem Generalstab, Kriegs-
ministerium, Admiralstab und Reichsmarineamt mitgeteilt. Dem Kaiser
laut dessen eigenhändiger Randnotiz (2. VII [I] 14. 430 N. M. 530 N. M.) am
2. August nachm. vorgelegt und von ihm am gleichen Tage ins Amt zu-
rückgegeben.
3 Siehe Nr. 584.
4 . . . . . . . . . Textverstümmelung. Nach dem bei den Akten der Londoner
5 Am Rand rechts Ausrufungszeichen des Kaisers.
6 Am Rand links Ausrufungszeichen des Kaisers.
7 Siehe Nr. 562, 570, 603, 630 und 631.