View source for Nr. 658 Der Botschafter in Rom an den Reichskanzler, 2. August 1914

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<center>Nr. 658</center>

<center><font size=4>'''Der Botschafter in Rom an den Reichskanzler<sup>1</sup>'''</font></center><br>

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&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Die italienischeRegierung hat jetzt in drei Zeitungen, im »Popolo <br>
Romano«, in der »Tribuna« und im »Giornale d'Italia« ihren Stand- <br>
punkt zu den schwebenden Fragen darlegen lassen. Die offiziösen <br>
Äußerungen gipfeln in folgenden Sätzen: <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Die Lage Italiens ist in ihren Grundlinien klar und bestimmt <br>
festgelegt durch die internationalen Verträge, an welchen mit <br>
größter Gewissenhaftigkeit festgehalten werden wird. Die Richt- <br>
linie, die Italien in der Politik einzuhalten hat, kann nur bestimmt <br>
werden von den eigenen Interessen und von den im Hinblick auf <br>
diese übernommenen Verpflichtungen, welche beide in festem Zu- <br>
sammenhang miteinander stehen. An der Hand der Ereignisse und <br>
ihrer Folgen wird sich das Weitere entwickeln. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Hiesige deutsche Journalisten betrachten die Erklärung als <br>
günstig für die Dreibundinteressen. Sie werden dabei beeinflußt <br>
von der Tatsache, daß in der ersten Bekanntgabe des Entrefilets des <br>
»Giornale d'Italia« noch ein Satz enthalten war, der eine Spitze gegen <br>
Österreich hatte. In diesem hieß es, daß Italien nicht zulassen <br>
könne, daß eine andere Macht eine Vorherrschaft auf dem Balkan <br>
ausübe. Das Nichterscheinen dieses Satzes in der zweiten und den <br>
folgenden Ausgaben führen sie auf direktes Eingreifen der Regie- <br>
rung zurück. In ihrer optimistischen Auffassung werden sie noch <br>
bestärkt durch eine sehr dreibundfreundliche Rede des nationalisti- <br>
schen Führers Pantaleoni. Sie sagen, daß dieser nicht so aufge- <br>
treten wäre, wenn er nicht gewußt hätte, daß er im Sinne der Re- <br>
gierung spreche. <br>
&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Ich kann mich diesem Urteil nicht ohne weiteres anschließen. <br>
Die gewundene Sprache der offiziösen Communiques sowohl als das <br>
Fehlen eines klaren Wortes über die Stellungnahme der Regierung <br>
scheinen mir vielmehr darauf hinzudeuten, daß mit einer sophisti- <br>
schen Auslegung der Vertragsbestimmungen unter allen Umständen <br>
zu rechnen sein wird. <br>
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<sup>1</sup> Nach der Ausfertigung. <br>
<sup>2</sup> Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 2. August nachm.