Nr. 73. Der Botschafter in Rom an den Reichskanzler, 19. Juli 1914

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Nr. 73.
Der Botschafter in Rom an den Reichskanzler1


Fiuggi, den 16. Juli 19142

     Der gegen Serbien geplanten diplomatischen Aktion Österreichs
steht der Marquis di San Giuliano skeptisch gegenüber. Die Aktion
kann nach der Ansicht des Ministers in keinem Falle zum Ziele führen.
Auch wenn Serbien sich den österreichischen Ansprüchen füge, d. h.
wenn es die großserbischen Gesellschaften verbiete und auflöse usw.,
so würde die Agitation eben aus einer öffentlichen eine geheime
werden. Das werde sogar der Fall sein, wenn Österreich Belgrad
besetze. Nationale Aspirationen von solcher Kraft können heutzu-
tage nicht mehr mit Gewalt unterdrückt werden. Es sei der alte
österreichische Irrtum, an die Allgewalt und Wirksamkeit der Pohzei
in solchen nationalen Fragen zu glauben. Die itahenische Geschichte
des vorigen Jahrhunderts liefere dafür ein Beispiel. Die Analogie
der Lage sei eine so frappante, daß man schon aus diesem Grvmde
den Italienern keine Sympathie für das österreichische Vorgehen zu-
muten dürfe. Wenn die serbische Frage überhaupt innerhalb des
heutigen Bestandes Österreichs gelöst werden könne, so sei es nur
auf dem Wege möghch, daß den österreichischen Serben ein Interesse
geschaffen würde, innerhalb Österreichs und bei Österreich zu verbleiben .

                                                                      F l o t o w


1 Nach der Ausfertigung.
2 Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 19. Juli vorm.