Nr. 829 Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Botschafter in London, 4. August 1914

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Nr. 829
Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Botschafter in London1


Telegramm 229 Berlin, den 4. August 19142

Declarations Bethmann Reichstag to-day

We are in selfdefence and needs must. Our troops have occupied Luxemburg and perhaps already have entered Belgian territory. This is an infraction to international law. Though the French Government have declared in Brüssels to be willing to respect Belgiums neutrality as long as the adversary would respect it, we knew that France was ready for invasion. France was able to wait, we were not. A French aggression into our flank on the lower Rhine would have been disastrous. We were therefore com- pelled to overrule the legitimate protest of the Luxemburg and Belgian Governments.

We shall repair the wrong which we are doing, as soon as our military aims have been reached. Anybody threatened as we are and fighting for his most sacred goods must only think of pulling through.

As to the attitude of England, the statement made by Sir Edward Grey in the House of Commons has clearly laid down the point of view taken by the British Government3 that as long as England will keep neutral our fleet would4 not attack the northern coast of France and that we would not touch the territorial integrity and the independence of Belgium. I herewith repeat this declaration publicly before the whole world and I may add that as long as England keeps neutral we would be Willing, in case of reciprocity, not to undertake any hostile Operations against the French commercial navigation.

J a g o w


Übersetzung

(Möglichst nach dem stenographischen Bericht über die Reichstags- verhandlungen, Bd. 306 S. 6/7.)

Erklärungen Bethmanns in der heutigen Reichstagssitzung

Wir sind in der Notwehr, und Not kennt kein Gebot! Unsere Truppen haben Luxemburg besetzt, vielleicht schon belgisches Gebiet betreten. Das widerspricht den Geboten des Völkerrechts. Die französische Regierung hat zwar in Brüssel erklärt, Belgiens Neutralität respektieren zu wollen, solange der Gegner sie respektiere. Wir wußten aber, daß Frankreich zum Einfall bereit stand. Frankreich konnte warten; wir aber nicht! Ein französischer Einfall in unsere Flanke am unteren Rhein hätte verhängnisvoll werden können. So waren wir gezwungen, uns über den berechtigten Protest der luxemburgischen und der belgischen Regierung hinwegzusetzen.

Das Unrecht, das wir damit tun, werden wir wieder gut machen, sobald unser militärisches Ziel erreicht ist. Wer so bedroht ist wie wir und um sein Höchstes kämpft, der darf nur daran denken, wie er sich durchhaut!

Was die Haltung Englands betrifft, so haben die Erklärungen, die Sir Edward Grey gestern im Unterhause abgegeben hat, den Standpunkt klar- gestellt, den die englische Regierung einnimmt. Wir haben der englischen Regierung die Erklärung abgegeben, daß, solange sich England neutral ver- hält, unsere Flotte die Nordküste Frankreichs nicht angreifen wird, und daß wir die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit Belgiens nicht antasten werden. Diese Erklärung wiederhole ich hiermit öffentlich vor aller Welt und ich kann hinzusetzen, daß, solange England neutral bleibt, wir auch bereit wären, im Falle der Gegenseitigkeit keine feindlichen Handlungen gegen die französische Handelsschiffahrt vorzunehmen.

J a g o w

1 Nach dem in Schreibmaschinenschrift vorliegenden, mit den Akten der deutschen Botschaft in London verglichenen Entwurf. Überschrift »Declara- tions . . . . . . . . . . to-day« von der Hand des Legationsrats Heilbron bei- gefügt. 2 45 nachm. zum Haupttelegraphenamt. Telegramm wurde offen abgesandt. 3 Durch neues offenes Telegramm (230) Jagows (Entwurf von Radowitz' Hand), am 4. August 70 nachm. zum Haupttelegraphenamt, wurde entsprechend der tatsächlichen Rede des Reichskanzlers zwischen »British Government«  und »that« als neuer Satz eingeschaltet: »We have declared to the British Government«. 4 »would« am Rande in Blaustift »will«.